Sundern. Wildwuchs und Gesetzes-Wirrwarr: Experte Thomas Grosche diskutiert mit Bürgern über mögliche Regelungen für die genehmigten Windräder in Sundern.
Die Schocknachricht sitzt tief und wird zum Diskussionsthema Nummer 1: Denn durch die neuen gesetzlichen Änderungen und das Gerichtsurteil würden Windräder wieder auf allen Flächen möglich. Von „Wildwuchs“ ist die Rede. Doch die Stadt Sundern will die Bürger weiterhin aktiv mitgestalten lassen. Wie das laufen soll, erfahren Interessierte bei einer Infoveranstaltung in der Aula der Realschule. „Durch den Ausbau der Windenergie soll Sundern dem Ziel der Klimaneutralität näherkommen. Mit der Veranstaltung möchten wir gemeinsam in einen konstruktiven Dialog kommen, um die Akzeptanz von Windenergieprojekten in der Region zu fördern“, sagt Bürgermeister Klaus-Rainer Willeke.
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Dazu hatte die Stadt Thomas Grosche, den Vorsitzenden der Planungskommission des Regionalrates Arnsberg, als Gastredner eingeladen, der mit seiner Expertise wertvolle Einblick in die Thematik gab. „Die Regionalplanung verfolgt einen Steuerungsansatz, tatsächlich findet dieser allerdings erst mit Abschluss der laufenden Verfahren statt“, so Grosche. „Für unsere Kommunen ist diese Steuerung wichtig. Doch durch die Novellierung könnte Wildwuchs entstehen.“
Von einem Tag auf den anderen sei die „Windkraft-Welt“ plötzlich eine andere geworden, meint er. Die aktuellen planungsrechtlichen Rahmenbedingungen für die Errichtung von Windenergieanlagen passten nicht mehr ins Konzept. Der Vorsitzende der Planungskommission verwies in diesem Zusammenhang auf die aktuelle Zahl an Anträgen für Windräder, die derzeit bei den Genehmigungsbehörden zur Entscheidung vorlägen. Es müsse damit gerechnet werden, dass Investoren die nun „planungslose Zeit“ für weitere Anträge nutzten.
466 Windenergie-Anlagen sind insgesamt für den Hochsauerlandkreis geplant. Davon seien bis dato 147 bereits gebaut, 104 beantragt und 93 genehmigt und für 122 sei ein Vorbescheid erteilt worden. In Sundern sind 43 WEA geplant. Dafür wird eine Stadtfläche von 6,4 Prozent benötigt. Zwei stehen bereits, 23 seien genehmigt, 13 beantragt und für fünf gebe es einen Vorbescheid. Sundern sieht sich damit als Verlierer in der Verteilung. „Sie können die aktualisierten Zahlen jeden Tag auf der Seite des HSK nachschauen“, so Grosche.
„Laut dem Wind-an-Land-Gesetz sollen zwei Prozent der Gesamtfläche Deutschlands für Windkraftanlagen bereitstehen“, führt er weiter aus. Das Land NRW wurde in diesem Zusammenhang verpflichtet, 1,8 Prozent seiner Fläche für Windenergie auszuweisen. Dazu habe das Land eng mit den Bezirksregierungen zusammengearbeitet. In der Planungsregion Arnsberg seien es 2,13 Prozent und in Sundern eben 6,4. Auf die kritische Nachfrage aus der Bürgerschaft dazu antwortete Grosche: „Sie haben Recht. Dieser Ort ist deutlich überproportional vertreten.“ 15 Prozent pro Stadt wären übrigens die Grenze.
Stadtkämmerer Michael Stratmann holte zur Veranschaulichung die entsprechenden Windenergiebereiche in Erinnerung: Auf der Hellefelder Höhe sind 337,52 Hektar vorgesehen, in Altenhellefeld-Visbeck sind es 27,75, in Amecke sind es 8,14, in Allendorf-West 127,38, auf dem Klarenberg in Stockum 57,25, auf der Hohen Liete (Endorf) 45,10, auf dem Eggenberg 113,8, auf dem Sorpeberg in Wildewiese 71,38, auf der Waldeshöhe in Hagen 181,68, auf dem Druberg (ebenfalls in Endorf) 109,84, in Baukloh 78,92 und in Meinkenbracht-Süd 117,55 Hektar.
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„Für uns muss es jetzt darum gehen, den Kopf nicht in den Sand zu stecken“, sagt Thomas Grosche. „Wir müssen versuchen zu retten, was noch zu retten ist.“ Sonst sei am Ende die Akzeptanz bei den Bürgern gänzlich verspielt. Das Publikum applaudiert. Es gebe bei den riesigen Winderädern, die für die Region geplant seien, zudem noch unendlich viele Fragen, die sich an einem Abend gar nicht klären ließen. „Wie steht es zum Beispiel um die Nachhaltigkeit der großen Rotorblätter?“, lautet eine Frage aus dem Publikum. Man könne sich nur schwer vorstellen, dass die Produktion, Beschaffung, Lagerung und Aufstellung dieser riesigen „Monster“ der Umwelt gerecht werden.