Sundern. Stadtplaner Lars Ohlig gibt Einblicke in die Änderungen zum Regionalplan und mögliche Auswirkungen auf den Bau von Windrädern in Sundern.

Es gibt wohl kein Thema, welches in Sundern derzeit so intensiv unter den Menschen diskutiert wird, wie die Windenergie. Kaum eine Ortschaft dürfte nicht von den Auswirkungen der Planungen indirekt wie direkt betroffen sein. Viele Bürgerinnen und Bürger beklagen vor allem die Unverständlichkeit der Planungsverfahren. Nicht selten wird in Gesprächen auch das Wort Intransparenz verwendet.

Stadtplaner Lars Ohlig versteht die Bedenken der Menschen größtenteils. „Ich kann nachvollziehen, dass die Bürger diese Verfahren nicht mehr verstehen. Ehrlicherweise muss ich gestehen, dass selbst wir in der Verwaltung manche Vorgänge aufgrund ihrer Vielschichtigkeit und Komplexität nicht mehr vollständig verstehen. Es sind so viele unterschiedliche Beteiligte involviert. Viele Verfahren - und damit meine ich nicht nur die Windenergie, sondern auch andere Bereiche - sind schlichtweg maximal überbürokratisiert“, findet Ohlig.

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Der Stadtplaner, der sich über Jahre hinweg tief in die Thematik eingelesen und eingearbeitet hat, kennt die Erwartungen der Menschen in Sundern. „Ich weiß, dass die Bürgerinnen und Bürger gerne wissen würden, wie viele Windräder konkret in ein paar Jahren auf Sunderner Gebiet stehen. Diese Frage kann ich aber nicht mit einer belastbaren Zahl untermauern. Das wäre nach derzeitigem Planungsstand unseriös. Ich weiß aber, dass sich das Landschaftsbild Sunderns in den kommenden Jahren massiv verändern wird.“

Nicht zuletzt der Druck von Bund und Land, Flächenziele zu erreichen und daher im Vorfeld sogenannte Flächenbeitragswerte planerisch festzuhalten, verschärfen die Situation. Der Hochsauerlandkreis ist für die Genehmigungen zuständig, die Bezirksregierung Arnsberg für die Planungsbereiche. Aktuell läuft der Prozess zur 19. Änderung des Regionalplanes Arnsberg für die Teilabschnitte Soest und Hochsauerlandkreis zum „Ausbau der Erneuerbaren Energien“. Der Regionalrat als Träger der Regionalplanung hatte in seiner Sitzung vom 15. Juni 2023 die Regionalplanungsbehörde damit beauftragt, mit den erforderlichen Arbeiten zu beginnen.

Sunderns Stadtplaner Lars Ohlig.
Sunderns Stadtplaner Lars Ohlig. © Wolfgang Becker/WP | Wolfgang Becker

Bis zum 12. Juli hatten Kommunen, Privatleute und Institutionen die Möglichkeiten, Stellungnahmen zu den Planungsänderungen einzureichen. Für den gesamten Bereich Soest und HSK sind rund 550 solcher Stellungnahmen eingereicht worden. Derzeit erfolgt nach Aussagen der Bezirksregierung Arnsberg eine Auswertung dieser Stellungnahmen. Die Stadt Sundern hat nach einem mehrheitlichen Votum der Ratsmitglieder darauf verzichtet. Es gibt vonseiten der Stadt lediglich drei Hinweise zu Windenergiebereichen.

Im Bereich Baukloh schätzt man einen zu geringen Abstand zu einer Wohnbebauung in Klosterbrunnen ein. „Das möchten wir überprüfen lassen“, so Lars Ohlig. Beim Bereich Klarenberg weist die Stadt Sundern darauf hin, dass dort - anders als Flächensteckbrief des Umweltberichts behauptet - durchaus Laub- und Mischwälder vorhanden sind. Im Steckbrief ist dagegen ausschließlich die Rede von Nadelwäldern.

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Deutlich umfangreicher ist dagegen der Hinweis zur Situation im Windenergiebereich an der Grenze zum Mescheder Gebiet. Dort befindet sich die Brauerei Veltins, die perspektivisch die Erweiterung ihres Standortes auf Sunderner Gebiet beabsichtigt. „Veltins ist aufgrund der Quelle standortgebunden und kann sich nicht einfach an anderer Stelle vergrößern. Auf Mescheder Gebiet ist man an der Grenze der Erweiterungsmöglichkeit angelangt. Aus Immissionsschutzgründen könnte es problematisch sein, wenn dort Anlagen im Drei-Schicht-Betrieb und zusätzlich noch Windräder installiert würden. Betroffen hiervon sind zwei Aussiedlerhöfe mit Wohnbebauung in der Nähe von Altenhellefeld“, erklärt Ohlig. Würden etwaige Windkraftanlagen in diesem Bereich eher bewilligt als die Gebäude von Veltins, was nach derzeitigem Stand nicht unrealistisch ist, könnte es möglicherweise zu Überschreitungen der Lärmgrenzwerte kommen.

Die im Regionalplan derzeit vorgesehenen Flächen für den potenziellen Windradbau sind lila gekennzeichnet.
Die im Regionalplan derzeit vorgesehenen Flächen für den potenziellen Windradbau sind lila gekennzeichnet.

Dies würde eine perspektivische Erweiterung der Brauerei Veltins unmöglich machen. Es handele sich daher um einen Nutzungskonflikt auf Ebene des Regionalplanes. „Hervorzuheben ist in diesem Zusammenhang auch, dass die Brauerei Veltins auf die unternehmensnahen Erweiterungen angewiesen ist, während für die Windenergienutzung – und damit verbunden die Zielerreichung der 19. Änderung des Regionalplanes – bezogen auf das Gesamtplanungsgebiet Alternativflächen vorliegen“, unterstreicht Ohlig. 

Aus Sicht der Sunderner Stadtplaners gebe es für sämtliche Flächen sowohl Befürworter als auch Gegner in der Stadt. „Wir haben eine sehr diffuse Stimmungslage.“ Persönlich rechnet er mit Klagen, sobald der neue Regionalplan wirksam ist. „Das ist auch erst dann möglich, vorher nicht. Bei der Gesamtgemengelage würde es mich jedenfalls nicht wundern, wenn dann zeitnah Klagen eingereicht würden“, meint Lars Ohlig.

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Ob es so kommen wird, ist derzeit noch nicht absehbar. Im Herbst soll es zunächst einmal eine Anhörung der Kommunen durch die Bezirksregierung Arnsberg geben. „Das Landesplanungsgesetz sieht die Möglichkeit der Erörterung der Stellungnahmen mit den ‚Trägern öffentlicher Belange‘, das sind u.a. die Kommunen, vor“, erklärt Anja Gladisch, Sprecherin der Bezirksregierung Arnsberg. Es handele sich allerdings um nichtöffentliche Sitzungen. Gegenstand der Erörterung sei die jeweilige Stellungnahme. „Ziel der Erörterung ist einen Ausgleich der Meinungen mit dem jeweiligen Verfahrensbeteiligten zu erzielen. Sollte dieser nicht gelingen, so entscheidet abschließend der Regionalrat als Träger der Regionalplanung“, erklärt Gladisch.

Die Bezirksregierung Arnsberg wertet aktuell die Stellungnahmen zur Änderung des Regionalplans aus.
Die Bezirksregierung Arnsberg wertet aktuell die Stellungnahmen zur Änderung des Regionalplans aus. © WR | KRISCHER, Heinz

Wie viele Windräder letztlich auf Sunderner Gebiet stehen werden, kann auch die Bezirksregierung Arnsberg derzeit nicht präzisieren. Sprecherin Anja Gladisch sagt: „Der Regionalplan legt mit den Windenergiebereichen lediglich eine Flächenkulisse fest. Die konkrete Umsetzung bzw. Genehmigung von Windenergieanlagen (WEA) erfolgt über ein immissionsschutzrechtliches Zulassungsverfahren bei den Kreisen. Erst in diesem Schritt ist absehbar, welche Anzahl von WEA errichtet werden sollen. Es können sowohl Windparks als auch Einzelanlagen beantragt werden.“ 

Die Ermittlung bzw. Abschätzung, wie viele WEA im Stadtgebiet Sundern innerhalb der WEB-Kulisse errichtet werden könnten, sei laut Bezirksregierung nicht möglich, da dieses von vielen Faktoren abhänge. „Im Mittelgebirgsraum spielt die Topographie und Erschließung der Standorte für das Windpark-Layout eine entscheidende Rolle, die eine Betrachtung oder Ermittlung von Zahlen nach einem idealtypischen Aufstellraster ausschließt“, so Sprecherin Anja Gladisch.

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Die Bezirksregierung Arnsberg rechne nach aktuellem Stand mit der Beschlussfassung der Änderungen im Regionalplan im ersten Quartal 2025, um die Vorgaben des Landesentwicklungsplanes NRW einzuhalten. Allle weiteren Informationen findet online auf der Internetseite der Bezirksregierung Arnsberg.