Bergheim. Ist ein Alltag ohne Plastik möglich? Diese Familie versucht es - und scheitert. Wie sie auf Plastikspartipps von Umweltschützern reagieren.

Seit nun fast drei Jahren sind Plastiktrinkhalme verboten. Das sogenannte „EU-Plastikverbot“ verbietet die Herstellung und auch den Verkauf solcher Strohhalme. „Die Strohhalme sind nun aus Pappe, das ist gut“, sagt Annabell Esser, „dann aber in Plastik verpackt.“ Unlogisch für die zweifache Mutter. Den Grundgedanken versteht sie. Gerne würde sie auch selber etwas gegen das hohe Plastikaufkommen tun - aber das ist in ihrer Situation gar nicht so einfach.

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Der Inhalt eines halben gelben Sacks Plastikmüll liegt verteilt auf dem Esszimmertisch. Brotfolie, Käseverpackung, Obstschälchen oder auch Eiscremebehälter, Tetra-Pak und mehr - alles Verpackungen, die sie an nur einem Tag weggeworfen hat. „Ich habe gestern gebacken“, rechtfertigt sie sich, „daher ist es jetzt etwas mehr als sonst.“

Zutatenliste steht ausschließlich auf der Plastikverpackung

Annabell Esser backt viel. Brot, Brötchen, Kuchen. Denn ihr Sohn leidet unter Zöliakie. Heißt, er darf kein Glutenzu sich nehmen. Und genau das kommt in vielen Getreidesorten vor. „Wenn er Gluten isst, bekommt er Bauchschmerzen, Durchfall und Blähungen.“

Um dies zu vermeiden, hält sich die ganze Familie strikt daran, glutenfrei zu essen. Genau das sei der Knackpunkt. Denn welche Lebensmittel glutenfrei sind und welche der kleine Junge eher nicht zu sich nehmen sollte, das steht auf der Verpackung. Und diese sei aus Plastik. „Wenn ich einkaufen gehe, muss ich mir die Zutatenliste ganz genau ansehen - und das immer wieder aufs Neue, da die Hersteller ja auch mal etwas austauschen können“, sagt Annabell Esser.

An der Frischetheke sieht es für Annabell Esser auch schwierig aus. „Ich muss nach den einzelnen Zutaten fragen“, sagt sie, „manchmal ist das schon unangenehm. Und: Auch dort wird das Fleisch in eine Plastiktüte verpackt.“

Plastik-Einspartipps: Unverpackte Lebensmittel kaufen

Sebastian Witte, Referat für nachhaltige Entwicklung, gibt auf Nachfrage dieser Redaktion Tipps zur Vermeidung von Plastikmüll. „Kaufen Sie Lebensmittel in Läden, die das Auffüllen mitgebrachter Behälter ermöglichen. Oder nutzen Sie sogenannte Zero-Waste-Online-Shops“, so der städtische Experte. Außerdem könne Obst und Gemüse auch lose gekauft werden bzw. unter Verwendung entsprechender Einkaufsnetze.

Annabell Esser bestätigt das. „Gurken, Paprika und Tomaten kann man lose kaufen. Aber bei Cherry-Tomaten hört es schon auf. Diese gibt es nur verpackt in den Geschäften“, sagt sie. Auch Beeren verschiedenster Art gebe es nur in kleinen Plastikschälchen, die oftmals zusätzlich noch in Plastik verpackt seien. Ein „Unverpackt“-Laden kommt für die Familie Esser nur bedingt in Frage, erklärt sie. Denn sie müsse genau wissen, was in den Lebensmitteln enthalten sei. Glutenfrei sei es oft nicht. Ebenso wenig gibt es einen Laden mit unverpackten Lebensmitteln in Arnsberg. Dazu müsse sie nach Werl fahren.

Gurken, Paprika und Tomaten kann man lose kaufen. Aber bei Cherry-Tomaten hört es schon auf. Diese gibt es nur verpackt in den Geschäften.
Annabell Esser - Familienmutter

Bei Lebensmitteln kennt die Familie kein Pardon - um die Gesundheit ihres Sohnes nicht zu verschlechtern, achten sie besonders auf das, was sie einkaufen. Und damit weniger darauf, dass Plastik eingespart wird.

Keine Trinkpäckchen, mehrfach verwendbare Tagetaschen

Aber dennoch: Die Familie gibt sich Mühe. „Wir versuchen zu sparen, wo wir können“, so die beruflich aktive Altenpflegerin. Sie nutze Tagetaschen (Jutebeutel, alte Plastiktüten) immer mehrmals. „Ich habe die Taschen oder Tüten immer dabei.“

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Das empfiehlt auch Sebastian Witte: „Nehmen Sie Ihren eigenen Rucksack oder Einkaufsbeutel zum Einkaufen mit, um Einweg-Tragetaschen zu vermeiden.“ Rucksack, Korb und Stofftaschen sind schließlich wieder verwendbar. Und auch wieder verwendbares Geschirr und Besteck, beispielsweise beim Picknick, sei plastiksparend.

„Wir kaufen keine Trinkpäckchen mehr“, erklärt Annabell Esser, „Die Kinder trinken Wasser - mit Sirup abgeschmeckt - aus ihren eigenen Plastikflaschen. Die können sie immer wieder nehmen.“ Auch Brotdosen würden genutzt, so dass die Familie in dieser Hinsicht schon einmal viel Plastik vermeide. Auch auf Ausflügen.

Lebensmittelverschwendung bekämpfen

Familie Esser versucht, auch Lebensmittelverschwendung zu vermeiden. „Ich backe jeden Donnerstag Brötchen für meinen Sohn, weil freitags immer Brötchentag in der Kita ist.“ Außerdem beteilige sie sich immer wieder gerne an der Aktion „Too good to go“. Mit der entsprechenden App könne sie immer schauen, welche Läden und Restaurants in der Nähe die „Überraschungstüten“ mit überschüssigen Lebensmitteln zu einem günstigen Preis anbieten. „Da bekomme ich dann zum Beispiel für 4 Euro Lebensmittel im dreifachen Wert.“ Aber: Nicht immer seien das Dinge, die auch ihr Sohn zu sich nehmen darf. Glutenfreie Lebensmittel seien rar.