Hüsten. Lucas Karich leidet seit seiner Geburt an spastischer Lähmung. Die Familie aus Hüsten braucht ein neues behindertengerechtes Fahrzeug.
Draußen mit anderen Kindern Fußball spielen, zur Eisdiele laufen und sich ein Eis bestellen - das alles und noch viel mehr hat Lucas Karich nie erleben können. Der heute 22-Jährige leidet seit seiner Geburt unter spastischen Lähmungen. Für seine Eltern Katharina und Andreas Karich ist die Nachricht ein Schock.
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In den 90er-Jahren sind die beiden als Spätaussiedler mit deutschen Wurzeln aus Russland ins Sauerland gekommen. „Während der Geburt von Lukas ist es zu Sauerstoffmangel gekommen. Wir wussten zuerst nicht, was uns erwarten würde“, berichtet Mutter Katharina. Und Vater Andreas Karich ergänzt: „Lucas hatte schon als Kleinkind ein sehr schwaches Immunsystem. Er war ständig erkältet. Das kam zu den Lähmungen hinzu.“
Was ist eine spastische Lähmung?
Der Begriff Spastik lässt sich vom griechischen Wort „spasmós“ ableiten und bedeutet in etwa Krampf. Oftmals gehen die Störungen auf eine Erkrankung von Gehirn und zentralem Nervensystem zurück. Aus medizinischer Sicht wird die Spannung in den Muskeln krankhaft erhöht. Die überaktive Muskulatur führt zu dauerhaften Fehlstellungen von Bewegungsabschnitten, somit Bewegungseinschränkungen – sogenannten spastischen Lähmungen.
Ursachen für eine Spastik können ein Schädel-Hirn-Trauma oder sogar ein Schlaganfall sein. Auch chronische neurologische Störungen sind mögliche Auslöser. Offiziell handelt es sich übrigens auch nicht um eine Krankheit im eigentlichen Sinne, sondern um Krankheitsanzeichen. Jede spastische Lähmung ist individuell zu betrachten, da die Betroffenen auch unterschiedliche Körperfehlstellungen haben können. Schweregrad und Ausmaß der Schädigung sind unterschiedlich. Eine spastische Lähmung ist nicht heilbar.
Die Eltern lassen nichts unversucht
In den ersten Jahren setzten die Eltern Himmel und Hölle in Bewegung. „Wir waren bei unzähligen Therapeuten. Physiotherapie, Ergotherapie, Logopädie, Heilpraktiker und vieles mehr haben wir ausprobiert. Unsere Familienurlaube haben wir jahrelang in der Ukraine in einem Sanatorium verbracht. In den zwei bis drei Wochen dort an der Schwarzmeerküste ging es Lucas immer etwas besser. Aber zu Hause in Deutschland verschlechterte sich die Lage dann wieder umso schneller. Irgendwann waren wir nur noch verzweifelt“, sagt Andreas Karich. „Von den Ärzten wurde uns geraten, möglichst früh mit solchen Therapien zu starten, umso größer seien die Chancen, dass Lucas Dinge lernt“, berichtet Katharina Karich.
Lucas versteht fast alles, was um ihn herum in der Umgebung passiert, aber er kann sich aufgrund seiner Behinderung nur mit Hilfe seines speziellen Handys äußern. Dieses kann er mit dem Kopf steuern. Nachdem er sich anfangs noch mit Hilfsmitteln für eine halbe Stunde pro Tag auf den Beinen halten konnte, sitzt er mittlerweile in einem Rollstuhl, ohne den er sich nicht mehr fortbewegen kann. Essen ohne Hilfe ist für ihn nicht möglich. „Wir hatten große Unterstützung von der Krankenkassen und dem Landschaftsverband Westfalen-Lippe, sodass uns ein elektrischer Rollstuhl zur Verfügung gestellt wurde. Die vielen Reisen in die Ukraine und zu den Therapeuten und Ärzten verschlangen ein Vermögen. Meine Frau konnte in den ersten Jahren nur in Teilzeit arbeiten, weil sie sich den Rest des Tages um Lucas gekümmert hat“, erklärt Vater Andreas. Irgendwann waren die finanziellen Ressourcen der Familie erschöpft.
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Um mobil zu sein, um Lucas transportieren zu können, hatte sich die Familie 2009 einen VW Caddy angeschafft und behindertengerecht umbauen lassen. „Weil wir so auf das Fahrzeug angewiesen sind, mussten wir schon einmal den Motor für das Fahrzeug komplett austauschen lassen. Wir konnten es uns nicht leisten, ein komplett neues Fahrzeug zu kaufen. Doch mittlerweile ist das Auto in solch einem Zustand, dass wir nicht mehr lange damit fahren können. Durch die ganzen Kosten,fehlt uns allerdings das nötige Geld, um uns ein neues behindertengerechtes Fahrzeug zulegen zu können“, gesteht Andreas Karich. Erschwerend komme hinzu, dass er derzeit arbeitslos sei und dringend nach einer neuen Beschäftigung suche. Er ist gelernter Industriemechaniker.
Wie abhängig man von dem behindertengerechten Fahrzeug ist, habe die Familie aus Hüsten vor einiger Zeit erlebt. Lucas hat einige Zeit in einer Behinderteneinrichtung in Olsberg gelebt und gearbeitet. „Es war sein Wunsch, trotz der Behinderung so etwas wie Unabhängigkeit zu erlangen“, sagt Katharina Karich, die als Rettungssanitäterin arbeitet. „Weil wir ihn nicht ständig mit dem Wagen transportieren können, fährt Lucas viel mit der Bahn.“ Dabei sei es zu der Situation gekommen, dass er in Holzwickede auf dem Bahnhof stand und nicht das andere Gleis erreichen konnte, weil der Aufzug gesperrt war. Verzweifelt musste Lucas dann den nächsten Zug bis nach Fröndenberg nehmen, wo er später abgeholt werden konnte.
So kann man Lucas helfen
Die Eltern von Lucas Karich wollen in Kürze eine GoFundMe-Kampagne starten, um Spenden für ein neues behindertengerechtes Fahrzeug zu sammeln. Wer die Familie jetzt schon finanziell unterstützen möchte oder ein Fahrzeug zum behindertengerechten Umbau zur Verfügung stellen kann, hat die Möglichkeit per E-Mail an lucaskarich2910@gmail.com Kontakt mit Lukas und seinen Eltern aufzunehmen.
Der 22-jährige Lucas Karich, leidenschaftlicher Anhänger von Borussia Dortmund, will sich von all dem nicht unterkriegen lassen. Doch die Situation um das behindertengerechte Fahrzeug belastet die Familie schwer. „Wir wissen momentan nicht, wie wir die Anschaffung eines neuen Fahrzeugs schultern sollen. Uns würde auch ein gebrauchtes Fahrzeug helfen, das man dann umbauen lassen kann“, sagt Katharina Karich.
In der Vergangenheit, das betont die Familie Karich ausdrücklich, sei man immer wieder von der Krankenkasse und dem Landschaftsverband Westfalen-Lippe in vielfältiger Form unterstützt worden. „Wir sind dafür sehr dankbar und wissen auch, dass beide Einrichtungen nicht alles finanzieren und unterstützen können“, sagt Andreas Karich. Die Eltern würden gerne mit Lukas häufiger Ausflüge unternehmen. „Er ist gerne in der Natur und an der frischen Luft. Dazu müssen wir mobil sein“, erklärt Mutter Katharina.