Brilon/Schliersee. Dass Torsten Wiedemeier beim Fernsehen landen würde, war nicht geplant: Heute ist er Produktionsleiter für die TV-Serie „Die Landarztpraxis“.

Arztserien stehen beim Fernsehpublikum schon immer hoch im Kurs. Egal, ob Professor Klaus Brinkmann in der „Schwarzwaldklinik“ praktizierte, ob sich Mediziner Martin Gruber als „Der Bergdoktor“ vor idyllischer Alpenkulisse rührend um jeden einzelnen Patienten kümmert oder ob in der Sachsenklinik „In aller Freundschaft“ operiert und kuriert wird. Ärzte gehen immer. Vergleichsweise neu, aber nicht minder erfolgreich ist Doktor Sarah König im Geschäft. Sie wird gespielt von Caroline Frier und hat ihre Fernseh-Zulassung seit Herbst 2023. Aktuell ist sie montags bis freitags um 19 Uhr auf SAT.1 in der Telenovela „Die Landarztpraxis“ zu sehen. Mehr als zwei Millionen Zuschauer/innen pro Folge sind im Schnitt dabei, wenn es im fiktiven Örtchen Wiesenkirchen am realen Drehort Schliersee so richtig menschelt. Dass der Produktionsleiter für die beliebte Serie, die in Bayern spielt, ein Sauerländer ist, wissen wohl die wenigsten…

Landarztpraxis - Frier
Caroline Frier spielt eine der Hauptrollen in der TV-Serie „Die Landarztpraxis“ . © Seven.One/Marc Rehbeck | Seven.One/Marc Rehbeck

Torsten Wiedemeier stammt aus Nehden. Der Weg zur TV-Karriere hinter den Kulissen war für den heute 47-Jährigen nach dem Abitur am Gymnasium Petrinum und nach seiner Ausbildung zum Mediengestalter für Digital- und Printmedien bei Weyers Druck in Brilon nicht wirklich vorgezeichnet. In Köln studierte der Sohn des langjährigen Briloner Kulturamtsleiters Günter Wiedemeier Diplom-Mediendesign und spezialisierte sich zum Ende hin auf die Bereiche Film und Fernsehen. Wie so oft im Leben kam irgendwann der Zufall ins Spiel. In Köln, in einer Kneipe, bei einem Bier. Vor 16 Jahren knüpfte Torsten Kontakt zur Film- und Fernsehproduktionsgesellschaft „filmpool entertainment GmbH“, die Serien wie „Barbara Salesch“ oder „Berlin - Tag & Nacht“ oder „SOS -Retter im Einsatz“ herstellt. Und vom kleinen Mitarbeiter arbeitete sich der sympathische Nehdener zum Produktionsleiter hoch, der mit Frau Sarah und Tochter Emma im Rheinland lebt. „Ja, inzwischen habe ich komplett von der gestalterischen Seite auf die Produktionsebene gewechselt“, sagt Wiedemeier. Wobei auch die Seite viel Raum für Kreativität verlangt.

Lesen Sie auch

„Die Landarztpraxis“ ist das 16. Format, an dem der Sauerländer mitwirkt. „Zuletzt war ich vorher für die Daily Soap ,Köln 50667`verantwortlich. Dann kam die ,Landarztpraxis‘. Und ich finde, dass diese Serie vor malerischer Kulisse sehr schön erzählt ist.“ Bevor eine Geschichte beim Fernsehen in Serie geht, wird in der Regel ein Pilotfilm produziert. „Der muss gar nicht unbedingt im Fernsehen landen. Viele Piloten wandern in die Marktforschung, wo das Erfolgspotenzial genau analysiert wird.“

Foto
Torsten Wiedemeier aus Brilon-Nehden ist Produktionsleiter bei der filmpool entertainment GmbH in Köln. U.a. verantwortet er die beliebte TV-Serie "Die Landarztpraxis", die täglich auf SAT.1 läuft. © WP | Privat

„Im November 2022 haben wir den Piloten gedreht. Im März 2023 kam der Auftrag für die Serie und im Juni war Drehbeginn. Bis zu 100 Personen - ohne Externe und Caterer - stecken hinter so einer Produktion. Die Serie kommt beim Publikum so gut an, dass wir aktuell an der dritten Staffel mit 120 Folgen arbeiten. Damit wären es insgesamt 260 Folgen der ,Landarztpraxis‘, die bis Mai 2025 produziert werden“, erklärt Wiedemeier.

„Zuletzt war ich vorher für die Daily Soap ,Köln 50667`verantwortlich. Dann kam die ,Landarztpraxis‘. Und ich finde, dass diese Serie vor malerischer Kulisse sehr schön erzählt ist.“

Torsten Wiedemeier
Produktionsleiter beim Fernsehen

Acht bis zehn Regisseure, die voll im Stoff der Geschichte sind und jeden Charakter kennen, wechseln sich ab, kommen und gehen. Aber fast immer dabei ist Torsten Wiedemeier, der geschätzt 50 Prozent seiner Zeit als Problemlöser im Büro und die andere Hälfte als kritischer Beobachter und Organisations-Allrounder am Set und in der Umgebung verbringt. „Kurze Wege sind hier sehr wichtig und führen zu schnellen Lösungen. Am Drehort herrscht eine sehr freundschaftliche Atmosphäre. Wir sind eine große Familie. Jeder kennt jeden, jeder ist gleich wichtig. Wir achten schon bei der Einstellung darauf, dass alle charakterlich gut zueinander passen. Es gibt keinen Stinkstiefel, an jeden Geburtstag wird gedacht, vor Weihnachten gab es einen gemeinsamen Adventskalender und man setzt sich auch schon mal abends zusammen“, sagt Wiedemeier, den vor Ort alle nur „Toto“ nennen. Die Stamm-Schauspieler in der Serie haben für die Dauer des Drehs feste Verträge. Auch das sorgt für eine sehr enge Gemeinschaft.

Pressetermin am Set:DIE LANDARZTPRAXIS.
Dreharbeiten am Schliersee: Alexander Koll, Caroline Frier, Oliver Franck (von links) am Set. © picture alliance / SvenSimon | Frank Hoermann/SVEN SIMON

Die richtigen Motive vor Ort finden, mit so genannten Location-Scouts und Szenenbildnern unterwegs sein, um das fiktive Dörfchen „Wiesenkirchen“ gedanklich zu bauen, mit Schauspielern deren Verträge aushandeln und dabei immer das Budget im Auge behalten - das sind die Aufgaben des Produktionsleiters, der in der Phase des Serien-Aufbaus an 20 Stellen zeitgleich arbeiten muss. „Da müssen zum Beispiel die Hotels für den ganzen Produktionsstab lange im Voraus gebucht werden. Wir haben schon jetzt feste Optionen für eine mögliche nächste Staffel, die noch gar nicht bestellt ist. Ansonsten wäre in den touristisch beliebten Orten kein Quartier mehr zu bekommen. Und wir haben am Set eine 180 Quadratmeter große Küche aufgebaut, um das ganze Team professionell und gut zu verpflegen.“

Gedreht wird nicht chronologisch

Gedreht wird übrigens nicht chronologisch. Die Aufnahmeleitung legt fest, an welchem Tag, welcher Akteur vor Ort sein muss, um möglichst effektiv arbeiten zu können. Es gibt die berühmte Klappe, die vor jeder Szene fällt und die neben computergesteuerten Programmen dafür sorgt, dass hinterher alle Szenen sinnvoll und chronologisch aneinander geschnitten werden können. . „Nicht selten wird auch vor Ort noch umgeschrieben oder umdisponiert.“

Worum geht es in der Serie?

Mit im Schnitt 2,01 Millionen Zuschauern (Nettoreichweite, Zuschauer ab 3 Jahren) lief die Ausstrahlung für SAT.1 sehr erfolgreich. Der Marktanteil bei den Zuschauern von 14 bis 59 Jahren lag bei 5 Prozent.

Zur Handlung: Gibt es einen besseren Ort für einen kompletten Neuanfang als das beschauliche Wiesenkirchen am Ufer des Schliersees? Ärztin Dr. Sarah König möchte mit ihrer Teenagertochter Leo nach ihrer Zeit in Berlin einen Neuanfang wagen. Mit Kompetenz und Empathie gewinnt Sarah schnell das Vertrauen der Menschen im bayerischen Idyll. Nach dem dramatischen Finale der ersten Staffel kämpft nun Fabian (Oliver Franck) in einer Spezialklinik um sein Leben, doch seine große Liebe Sarah (Caroline Frier) unterstützt ihn bei jedem Schritt. In ihrer Abwesenheit schlagen zwei Rückkehrer im idyllischen Wiesenkirchen auf und geraten direkt aneinander: Fabians Schwester, Dr. Isa Kroiß (Diane Willems), möchte sich nach 20 Jahren mit ihrem Vater aussöhnen. Bergretter Lukas Seidl (Michael Raphael Klein) hat nach dem Tod seiner geliebten Frau, für den er sich Schuld gibt, zwei Jahre die Welt bereist. Als das ungleiche Paar gezwungen wird, sich eine Wohnung zu teilen, kommen sie sich näher und schnell wird den Wiesenkirchner Bewohnern klar, dass es eine besondere Verbindung zwischen den beiden Neuankömmlingen gibt…

Film- und Fernsehaufnahmen sind teuer, weil sehr aufwändig: Im Jahr 2023 wurden durchschnittlich 21.500 Euro (brutto) pro Sendeminute für die Kult-Krimireihe „Tatort“ ausgegeben. Im öffentlich-rechtlichen Fernsehen rechnet man bei Daily-Soaps mit Kosten von rund 10.000 Euro pro Sendeminute. Ein Star Wars-Film gilt als die teuerste Produktion der Welt: Die Produktionskosten von „Star Wars: Das Erwachen der Macht“ aus dem Jahr 2015 beliefen sich laut Quelle auf rund 533 Millionen US-Dollar. Wiedemeier: „Im Privatfernsehen liegen wir deutlich unter den Minutenpreisen, die das öffentlich-rechtliche zahlt. Aber es gilt: Film und Fernsehen kostet viel Geld.“

Fast alle Außenaufnahmen werden im Großraum Schliersee realisiert; einige Innendrehs finden im Rheinland statt. „Unsere Serie ist inzwischen sehr bekannt und beliebt. Viele Gäste besuchen die Drehorte zu Fuß oder mit dem Fahrrad. Manchmal müssen einige Bereiche für die Dreharbeiten abgesperrt werde. Aber unsere Schauspieler wie Caroline Frier, Kai Schumann, Oliver Franck oder Alexander Koll sind sehr offen. Generell freuen wir uns über positives Feedback.“

Viele Menschen glücklich machen

Torsten Wiedemeier ist stolz und froh, dass er mit „Die Landarztpraxis“ jeden Tag so viele Menschen erreicht und glücklich macht. Außerdem sind die Drehs vor idyllischer Kulisse in Bayern weniger gefährlich als z.B. ein Dreh vor einigen Jahren am Kölner Flughafen. „Ich hatte vorher eigens gefragt, ob ich den gesperrten Zollbereich betreten dürfe. Eine Mitarbeiterin hatte mir vermeintlich das Okay gegeben. Als ich dann drin war, bekam ich plötzlich einen Tritt in die Kniekehle und wurde verhaftet. Die Dame hatte nicht richtig zugehört und auf meine Frage einfach gedankenlos ,Ja!‘ gesagt.“ Der Tritt ins Knie wäre auf jeden Fall ein Fall für die Landarztpraxis…