Antfeld. In Antfeld ist ab sofort Tempo 30 durch den gesamten Ort. Pendler fahren nun laut hupend durch das Dorf. Dahinter steckt ein Shitstorm im Netz.

Sie sind da. Die Tempo 30-Schilder sind in Antfeld aufgestellt worden und sorgen im Olsberger Ortsteil für mehr Langsamkeit und Lärmschutz. So jedenfalls die Idee der Stadtverwaltung dahinter. Die ersten Reaktionen sind allerdings alles andere als langsam, denn mit lautem Hupen fahren wütende Pendler durch den Ort - eine Ordnungswidrigkeit, die mit einem Bußgeld geahndet wird, wenn man erwischt wird. Wieso ein Internet-Shitstorm dahinter steckt und was die Anwohner von der Geschwindigkeitsbegrenzung halten.

Stadtverwaltung von Olsberg beschließt nach Beschwerden Tempo 30 in Antfeld

Ein kurzer Blick zurück: „Das ist unerträglich, die Anwohner sind mit ihren Nerven am Ende“ hatte eine Antfelderin in einer Bürgeranfrage von der Empore des Ratssaals aus im Sommer 2024 deklariert. Sie und weitere Anwohner setzten sich für mehr Lärmschutz in dem Olsberger Ortsteil ein. Im Rahmen der Öffentlichkeitsbeteiligung hatten Bürgerinnen und Bürger zuvor zwecks Gutachten Stellung bezogen, wie sehr der Krach von PKW, Lastzügen und mitunter auch Baustellenfahrzeuge ihre Lebensqualität und Gesundheit beeinträchtigt. Nach einer groben Schätzung waren täglich zwischen der Auffahrt zum Autobahnzubringer bzw. in Richtung Ortsumgehung Olsberg rund 10.000 Fahrzeuge unterwegs. Folglich bleibe da die Lärmbelästigung nicht aus und liege mit 72,2 Dezibel tagsüber und 62.2 Dezibel nachts erheblich über den Orientierungswerten nach dem Bundesimmissionsschutzgesetz. Die Folge: Der Rat der Stadt Olsberg beschloss ein Tempolimit für die B7 für die gesamte Ortsdurchfahrt.

Sauerland: In Antfeld drosseln nun alle auf Tempo 30

Nachdem sich die Lieferung der Schilder lange verzögerte, sind sie nun seit dieser Woche montiert. Am Donnerstagmorgen kurz nach Schulbeginn um 8 Uhr fahren dann auch zahlreiche LKW und Autos durch den Ort, allerdings halten sich fast alle in der langen Schlange an das neue Tempolimit. Nur vereinzelte Fahrer, die kein Korrektiv vor sich haben, düsen noch mit 50 km/h durch den Ort. Die Blitzerankündigungen aus der Vergangenheit zeigen, dass der Hochsauerlandkreis gerne und viel in Antfeld blitzt, bald könnte es hier viele unaufmerksame Autofahrer treffen, denn das Auto innerorts auf Tempo 30 zu drosseln, ist ungewohnt. Und sorgt für Unmut.

Antfeld Ortsvorsteher
Martin Aleff ist Ortsvorsteher in Antfeld und kämpft für eine Verkehrsentlastung.  © WP | Jana Naima Schopper

Eine Anwohnerin berichtet gegenüber der WP, lautes Hupen am Morgen gehört zu haben. Die Vermutung: Ein LKW, der das Temposchild nicht gesehen habe. Der Ortsvorsteher von Antfeld, Martin Aleff, hat eine andere Erklärung dafür. „Im Netz gibt es in den Sozialen Netzwerken, Whatsapp-Gruppen zum Beispiel, einen regelrechten Shitstorm gegen das Tempolimit.“ Nachrichten wie „Wie kann man sowas machen?“ werden herumgeschickt. Die Wut-Maschinerie ist heißgelaufen. Martin Aleff sagt: „Im Netz haben sich die Autofahrer dann auch verabredet, man werde hupend durch den Ort fahren um die Anwohner wissen zu lassen, dass man sich an Tempo 30 halte. Tja, und das haben wohl einige auch getan.“

Shitstorm im Netz bei Whatsapp: Anwohner mit Hupen nerven

Aleff betont, dass nicht alle Anwohner hinter der neuen Geschwindigkeitsregelung stehen, man habe eine Beruhigung ausschließlich am Ortseingang befürwortet. Dass es nun den gesamten Ort getroffen habe, sehen viele Antfelder kritisch. „Der Verkehr wird nicht weniger“, sagt Aleff. Dennoch hoffe er, dass der Lärm sich reduziere - und das Hupen einfach irgendwann aufhört. „Das wird sich relativieren, da braucht man ein dickes Fell und über die Nachrichten muss man drüberstehen.“ Er fürchtet nun nur, dass der Blitzer allzu viele unaufmerksame Autofahrer erwischen wird. „Gerade, wenn man allein auf der durchgehenden Straße unterwegs ist, muss man darauf achten, sich zu zügeln.“

WP-Facebook-Community sieht Tempolimit in Antfeld negativ

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Auf eine WP-Umfrage im Netz äußern sich die meisten kritisch. Matthias Thoene befürchtet mehr Verkehr, wenn alles langsamer abfließen kann. Klaus Dehnert hätte sich das Tempolimit ab 22 Uhr gewünscht, für eine durchgängige Regelung hat er kein Verständnis. Julian Pachutzki schreibt ironisch: „Wurde aber auch Zeit. Endlich mit 30 kmh durch das schöne Antfeld, wo man gefühlt nie eine Person über die Bürgersteige laufen sieht. Wird bestimmt toll gefühlt 10 Minuten länger durchs Dorf zu fahren. Richtig stark.“ Er freue sich aber für die Anwohner, sofern sie einen Vorteil davon hätten und tatsächlich äußern Eltern, dass sie sich nun weniger Sorgen um die Kinder machen, die zu Fuß unterwegs sind. Außerdem könne man sicherer aus dem Ort auf die B7 abbiegen. Stefan und Sandra Jonassohn beobachten allerdings: „Also heute Mittag hätte man sich da eine goldene Nase verdient... Da ist definitiv niemand 30 gefahren. Wenn es für die Anwohner gut ist, gibt es für mich keinen Grund mich drüber zu ärgern.“ Vorteile können aber nur überwiegen, wenn sich denn dann auch an Tempo 30 gehalten wird.

Sascha Kannen wirft denn auch einen weiteren düsteren Blick in die Zukunft: „Warten wir mal ab, was im Sommer dann los ist, wenn die Hüttenstr. und der Langerberg wieder gesperrt sind.“ Schon während der ersten Sperrung erstickte das Dorf förmlich im Verkehr, mit Tempo 30 könnte Antfeld noch mehr verstopfen.

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