Winterberg. Familie Mielke macht einen Ausflug nach Winterberg. Die Suche nach dem Parkplatz ist schwierig. Am Ende gibt es eine dicke Rechnung - zunächst.

Familie Mielke fährt an einem schönen Winterwochenende von Sundern nach Winterberg. Oliver Mielke und seine Frau möchten mit ihren vier und acht Jahre Töchtern einen Familientag im Schnee verbringen. Die Kinder freuen sich aufs Rodeln an diesem Samstag. Doch der Tag endet mit einer bösen Überraschung. Oliver Mielke spricht von Abzocke und schaltet einen Anwalt ein. Satte 65 Euro soll er zahlen für vier Minuten parken. Dabei hat er sein Auto noch nicht einmal eine Minute abgestellt.

„Wir haben den Parkplatz wieder verlassen, um unser Glück woanders zu versuchen. Wir haben dann nach weiteren zirka zehn Minuten einen Parkplatz gefunden. Alles gut. Dachten wir.“

Oliver Mielke
Familienvater

Es ist ein wunderschöner Samstag in Winterberg, der letzte Samstag im Dezember 2024. Die Familie fährt mit dem Auto nach Winterberg. Auf den Straßen ist es sehr voll und es ist entsprechend schwer einen freien Parkplatz zu finden. „Wir sind dann in Richtung Skisprungschanze gefahren und auf einen Parkplatz  abgebogen um einen freien Parkplatz zu finden“, erzählt der Familienvater der WP. Es handelt sich um einem Parkplatz, bei dem die Zahlung automatisiert wurde und der Betreiber mit einer Kennzeichenerkennung arbeitet. Nach zwei bis drei Runden über den Parkplatz habe sich keine freie Parklücke aufgetan. Etwa vier Minuten seien sie über den Parkplatz gefahren. „Wir haben den Parkplatz wieder verlassen, um unser Glück woanders zu versuchen. Wir haben dann nach weiteren zirka zehn Minuten einen Parkplatz gefunden. Alles gut. Dachten wir.“

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Hinweis zur Kennzeichenerkennung auf dem Parplatz. © Bastian Honekamp | Bastian Honekamp

Die Rechnung für vier Minuten auf dem Parkplatz in Winterberg: 65 Euro

Denn am 13. Januar bekommt Familie Mielke Post von der Mobility Hub Parkservice GmbH mit einer Zahlungsaufforderung über 65 Euro - der Tagestarif. „Hintergrund ist, wir wären ja vier Minuten auf dem Parkplatz gewesen und hatten keinen Parkzettel gezogen“, erzählt Oliver Mielke und ärgert sich: „Es wurde aber überhaupt keine Leistung erbracht, da ich überhaupt keinen freien Parkplatz gefunden habe.“ Und weiter: „Meine Schwiegereltern, die uns in ihrem Auto begleitet haben, haben das gleiche Anschreiben erhalten und sollen für eine Stunde und 40 Minuten auch 65 Euro bezahlen.“

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Der Parkplatz in Winterberg. Die Familie aus Sundern sollte 65 Euro zahlen. Der Betreiber spricht nun von einem Irrtum.  © Bastian Honekamp | Bastian Honekamp

Oliver Mielke schaltet einen Anwalt ein und erhebt Einspruch gegen die Zahlungsaufforderung. Ihm gehe es jetzt darum, andere Leute zu informieren und zu warnen, „dass dort auf dem Parkplatz in Winterberg ,Abzocke‘ mit Urlaubern betrieben wird. In dem Schreiben wird direkt mit Mahngebühren gedroht, wenn die Zahlung nicht pünktlich erfolgt“, sagt der Sauerländer Familienvater. Er fürchtet, dass andere Urlauber eine solches Bußgeld zähneknirschend zahlen.

Betreiber der Parkplatzes in Winterberg äußert sich zur Vertragsstrafe

Die Westfalenpost konfrontiert den Betreiber der Parkfläche mit den Vorwürfen. „Auf der Parkfläche Pavillon in Winterberg haben Parkende während der Betriebszeiten 15 Minuten Zeit, die Fläche zu verlassen, wenn sie keinen Parkplatz finden, bevor der Aufenthalt zahlungspflichtig wird“, heißt es in der Antwort auf die Anfrage. Aufgrund eines Fehlers bei einer Umstellung der Tarifstruktur sei es „zu einem Irrtum gekommen, wodurch diese 15 Minuten nicht zur Anwendung kamen und Vertragsstrafen verschickt worden sind“. Diese Vertragsstrafen habe die Mobility Hub Parkservice GmbH bereits storniert und – sofern die Beträge bereits bezahlt worden sind – zurück überwiesen.

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Eine Vertragsstrafe in Höhe von 65 Euro hält die Firma grundsätzlich für angemessen: „Die Vertragsstrafe setzt sich aus verschiedenen Kostenbausteinen zusammen, unter anderem aus den Kosten für die Bearbeitung des Vorgangs, den Postversand, die Halterabfrage beim Kraftfahrtbundesamt und der Mehrwertsteuer“, schreibt die Mobility Hub Parkservice GmbH. Der Tagestarif von acht Euro seit ähnlich zu den Tarifen auf anderen Parkflächen in der Umgebung. Lediglich bei Parkverstößen falle eine Vertragsstrafe in Höhe von 65 Euro an. „Um alle Parkenden über die Funktionsweise des Systems und geltende Regelungen zu informieren, erläutern zahlreiche Schilder an Ein- und Ausfahrt und direkt auf der Fläche die Parkbedingungen und den Bezahlvorgang“, so das Unternehmen.

ADAC rät dazu, Zahlungsaufforderung immer ernst zu nehmen

Der ADAC rät dazu, solche Zahlungsaufforderung grundsätzlich ernst zu nehmen und im ersten Schritt Kontakt mit dem Parkplatzbetreiber bzw. Parkraumbewirtschafter aufzunehmen und deutlich zu machen, dass kein Parkvorgang vorliege, die Parkplatzsuche erfolglos verlaufen sei und man den Parkplatz umgehend wieder verlassen habe. „Unter Umständen kann so ein Rechtsverfahren vermieden und eine Abkehr von der Zahlungsaufforderung erreicht werden“, schreibt der Automobilclub. Wenn die Zahlungsaufforderung dennoch aufrechterhalten werde, sollten sich Verbraucher einen Rechtsbeistand holen.

Für einen Fall, wie ihn Oliver Mielke erlebt hat - also Einfahren, erfolglose Stellplatzsuche und direktes Verlassen des Parkplatzes - gebe es bisher noch keine Rechtsprechung. „Ob die Zahlungsforderung wegen vertragswidrigem Verhalten durch bloße Parkplatzsuche also vor Gericht Bestand hätte, ist unklar beziehungsweise fraglich. Aus Sicht des ADAC in NRW wäre eine eindeutige Rechtsprechung mit klarer rechtlicher Auslegung im Sinne der Verbraucher hilfreich“, so der ADAC auf WP-Anfrage.