Brilon/Medebach. Vater und Sohn sind wegen Einbruchs, Brandstiftung und Schmierereien in Dreislar und Medebach angeklagt. Der Richter findet deutliche Worte

Einbruch, Brandstiftung und Schmierereien in Medebach und in Dreislar: Vor dem Amtsgericht Brilon hat der Prozess gegen einen 20-Jährigen und seinen 51-jährigen Vater begonnen. Bereits zu Beginn wird deutlich, wie komplex die Taten sind, die sich zwischen Februar und Mai im vergangenen Jahres erstreckten. Besonders die Ereignisse rund um den Einbruch in ein Geschäftsgebäude in Medebach, wo der Sohn gemeinsam mit einem Freund aus der sogenannten „Lost Places“-Szene ein Feuer gelegt haben soll, stehen im Fokus des ersten Prozesstages. Die Schäden belaufen sich auf rund 210.000 Euro. Daneben stehen weitere Anklagepunkte im Raum: das Anzünden von Fahrzeugen und Heuballen und das Besprühen der St.-Franziskus-Pfarrkirche in Dreislar und weitere Gebäude mit polizeifeindlichen Parolen wie „ACAB“, Hakenkreuzen und rassistischen Sprüchen sowie das Besprühen eines Baggers in Hallenberg. Insgesamt geht es um 15 Taten. Davon sollen die beiden elf gemeinschaftlich begangen habe. Doch es stellt sich heraus, dass lediglich vier Straftat n auch dem Vater zur Last gelegt werden können. Für die anderen übernimmt sein Sohn die Verantwortung.

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Tatort Medebach: Einbruch und Brandstiftung

Gleich zu Beginn der Verhandlung gibt der junge Angeklagte mit dem bubihaften Aussehen den Einbruch in ein Gebäude in der Medebacher Innenstadt zu. „Es war leicht, in das Gebäude hereinzukommen“, sagt er ruhig. Er beschreibt, dass er mit einem Freund unterwegs war, dessen Namen er zunächst nicht nennen will. Dass man zunächst versucht habe, in die Räume der Polizeidienststelle einzubrechen, sei die Idee seines Kumpanen gewesen, schildert er. „Der hat so eine Affinität zur Polizei. So wie jeder halt mag“, sagt der junge Angeklagte achselzuckend, so als habe er ein Kavaliersdelikt begangen. „Ich wollte eigentlich kein Feuer legen. Das war die Idee meines Kumpels“, sagt er und zuckt mit den Schultern.

Hans-Werner Schwens
Hans-Werner Schwens führt den Vorsitz beim Brandstifter-Prozess im Amtsgericht in Brilon.   © WP | Benedikt Schülter

Erst als sein Verteidiger Thorsten Reimer und Staatsanwalt Thomas Poggel ihn mehrfach auffordern, den Namen des Mittäters zu nennen, bricht der 20-Jährige unter dem Druck zusammen. Schließlich geht es auch um die Zukunft des jungen Mannes, der gerade kurz vor einer Ausbildung als IT-Techniker steht. Nennt er den Namen seines Kompagnons, kann sich das strafmildernd auswirken. Mit Tränen in den Augen berichtet er, dass er und sein mutmaßlicher Mittäter der „Lost Places“-Szene angehören. Diese Szene ist bekannt für das Erkunden verlassener Gebäude. Stockend und mit zitternder Stimme packt der Angeklagte aus. Zufrieden notiert Poggel den Namen und die Adresse des mutmaßlichen Mittäters. Sollte sich der Verdacht weiter erhärten, wird gegen den Sauerländer ein Ermittlungsverfahren eingeleitet.

Vater gegen Sohn

Im weiteren Verlauf der Verhandlung zeigt sich schnell: Zwischen Vater und Sohn herrscht ein tiefes Zerwürfnis. Der Sohn beschuldigt seinen Vater, in mehreren Fällen selbst Brandstiftungen begangen zu haben, unter anderem an einem VW-Caddy. Der Vater, der aufgeregt wirkt und eine Energydrink-Dose vor sich stehen hat, weist dies entschieden zurück. „Ich war es nicht“, sagt er.

Richter Hans-Werner Schwens hakt mehrfach bei dem Mann mit dem langen Vorstrafenregister nach. „Ich habe selbst als Vater gelernt, dass man Verantwortung übernehmen soll. Eigentlich sollten Sie Ihrem Sohn ein Vorbild sein.“ Doch der Vater bleibt dabei: Alles sei die Idee des Sohnes gewesen. Er habe lediglich bei einigen Taten dabei gestanden, aber nichts selbst getan. Auch nach einem beratenden Gespräch mit seinem Verteidiger Oliver Brock aus Brilon bleibt er dabei.

Der Sohn wirft seinem Vater zudem vor, ihn in einer Tatnacht bedroht zu haben. Der Vater habe Alkohol und Drogen konsumiert und gedroht, das Auto seiner Mutter anzuzünden. Er habe Angst gehabt, geschlagen zu werden, sagt er. Diese Vorwürfe weist der Vater ebenfalls zurück. Außerdem sei er bei der Brandstiftung mehrere Heuballen am 28. April zwar dabei gewesen, doch nur sein Sohn habe gezündelt.

Weitere Anklagepunkte: Schmierereien und Brände

Neben diversen anderen Vorfällen rund um Medebach geht es um eine Reihe von weiteren Taten. Der Sohn gibt zu, einen Ford Fusion mit Grillanzündern in Brand gesetzt zu haben. „Wie das geht, hat mir ein Kumpel erklärt“, sagt er so, als sei es das Normalste auf der Welt. Zudem gibt er zu, mit seinem Vater gemeinsam einen Bagger für eine Ausfahrt in einem Industriegebiet in Medebach gestohlen zu haben. Der Diebstahl sei einfach gewesen, weil ein weiterer Bekannter des angeklagten Duos einen Universalschlüssel für die Fahrzeuge besaß. Das ist dann selbst für Staatsanwalt Poggel neu, da dieser Fall gar nicht in der Anklageschrift vermerkt ist. Bekannt ist dagegen eine Fahrt mit einem illegalen Bagger in Hallenberg. Hier geben die beiden Angeklagten zunächst zu, dass sie zumindest gemeinsam vor Ort waren, als der Bekannte erneut mit dem Universalschlüssel das Gefährt stahl. Doch keiner von beiden habe die Scheibe des Baggers besprüht, beteuern sie.

Auch die Schmierereien an Kirchen und öffentlichen Gebäuden in Hesborn und Dreislar sind Gegenstand der Verhandlung. Der Sohn bestreitet nicht, daran beteiligt gewesen zu sein, weist aber darauf hin, dass sein Vater mitgewirkt habe. Der Vater hingegen streitet diese Vorwürfe ab und behauptet, die Parolen nicht gesprüht zu haben. Selbst Fotos auf dem Handy seines Sohnes, die ihn belasten könnten, erkennt er nicht an.

Nach einem langen Verhandlungstag bleibt vieles ungeklärt. Während der Sohn Teile der Taten zugibt, schiebt der Vater die Schuld immer wieder zurück. Die Aussagen stehen sich diametral gegenüber. Richter Schwens macht klar, dass er noch mehr Klarheit erwartet. Der nächste Verhandlungstag ist für diesen Montag, 13. Januar, angesetzt.