Winterberg. Winterberg rüstet sich mit interdisziplinären Teams und technischen Upgrades gegen Starkregen und Hochwasser. Das müssen die Bürger jetzt wissen

Die Wetterextreme der vergangenen Jahre haben nicht nur die Natur, sondern auch die Infrastruktur und die Bevölkerung vor große Herausforderungen gestellt. Angesichts dieser Bedrohungen habe die Stadt Winterberg zahlreiche Maßnahmen auf den Weg gebracht, um den Hochwasserschutz systematisch zu verbessern und die Bürgerinnen und Bürger besser auf solche Ereignisse vorzubereiten, heißt es auf WP-Anfrage. „Die Starkregenereignisse in den letzten beiden Jahren haben uns gezeigt, dass auch wir uns sehr intensiv mit dieser Thematik und den Folgen für unsere Bürgerinnen und Bürger auseinandersetzen müssen. Unser Motto lautet: Auf das Beste hoffen, auf das Schlimmste vorbereitet sein“, erklärte Bürgermeister Michael Beckmann.

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Gründung einer Arbeitsgruppe und Erstellung eines Starkregenkonzepts

Nach den Starkregenereignissen im Juni 2023 reagierte die Stadt Winterberg und richtete eine interdisziplinäre Arbeitsgruppe ein. Diese besteht aus Vertretern des Bauhofs, der Stadtwerke und der Feuerwehr und beschäftigt sich damit, wie sich die Stadt noch besser auf extreme Wetterlagen vorbereiten kann. Zu den geplanten Maßnahmen gehört unter anderem die Bevorratung von Sandsäcken und die verbesserte Kontrolle von Durchlässen, um potenzielle Wasserabflüsse effizienter zu lenken und Überschwemmungen vorzubeugen.

Im kommenden Jahr soll ein umfassendes Starkregenkonzept entwickelt werden. Dieses wird durch Fördermittel des Landes NRW finanziert und soll als Grundlage für langfristige Präventions- und Schutzmaßnahmen dienen. Ziel des Konzepts ist es, Hochwassergefährdungen systematisch zu analysieren und Maßnahmen zu erarbeiten, die die Sicherheit der Stadt langfristig gewährleisten.

Michael Beckmann

„Unser Motto lautet: Auf das Beste hoffen, auf das Schlimmste vorbereitet sein“

Michael Beckmann
Bürgermeister

Technische Ausstattung der Feuerwehr und aktuelle Baumaßnahmen

Obwohl bislang keine groß angelegten baulichen Maßnahmen wie Schutzmauern oder Rückhaltebecken umgesetzt wurden, hat die Stadt Winterberg in die technische Ausstattung ihrer Feuerwehr investiert. Es wurden drei spezielle Hochwasserpumpen sowie eine Sandsackfüllmaschine angeschafft. Diese ermöglichen es den Einsatzkräften, bei steigenden Pegelständen schnell und effektiv zu reagieren. Die herkömmlichen Pumpen auf den Löschfahrzeugen waren für den dauerhaften Umgang mit Schmutzwasser nicht geeignet.

Mobile Hochwasserschutzsysteme wie Schutzwände kommen in Winterberg aufgrund der topographischen Gegebenheiten nicht zum Einsatz. Die starken Gefälleverhältnisse im Stadtgebiet machen den Einsatz solcher Systeme ineffizient.

Anpassung der Kanalisation und Verantwortung der Bürger

Die öffentliche Kanalisation in Winterberg ist, wie in den meisten Städten, auf sogenannte Bemessungsregen ausgelegt. Dies bedeutet, dass das Kanalsystem bei normalen Regenereignissen eine ausreichende Kapazität bietet. Starkregenereignisse und extreme Wetterlagen führen jedoch zu einer Überlastung des Systems. Das überschüssige Wasser kann nicht vollständig aufgenommen werden, was zu Rückstau und Überflutungen führen kann.

In diesem Zusammenhang spielt der Schutz des privaten Eigentums eine zentrale Rolle. Die Stadtwerke Winterberg weisen darauf hin, dass Hausbesitzer verpflichtet sind, Rückstauklappen einzubauen, um sich vor zurückfließendem Wasser aus der Kanalisation zu schützen. Henrik Weiß, erster Vorstand der Stadtwerke, erklärt: „Die Starkregenereignisse in letzter Zeit haben gezeigt, wie wichtig es ist, dass alle Häuser mit Keller Rückstauklappen haben. Das ist ein fachgerechter und sicherer Schutz vor zurückdrückendem Wasser aus der Kanalisation. Die Pflicht, eine solche Klappe einzubauen, liegt beim Eigentümer.“

Ein Rückstau-Handbuch mit detaillierten Informationen zu diesem Thema steht auf der Webseite der Stadtwerke Winterberg zur Verfügung.

Am 23. Dezember traten abends in Züschen zwei Bäche über die Ufer und überfluteten mehrere Grundstücke und Brücken. Feuerwehr und Anwohner waren bis tief in die Nacht im Einsatz und warten nun gespannt, was die bis einschließlich zum ersten Feiertag gemeldeten starken Regenfälle bringen.
Am 23. Dezember traten abends in Züschen zwei Bäche über die Ufer und überfluteten mehrere Grundstücke und Brücken. Feuerwehr und Anwohner waren bis tief in die Nacht im Einsatz und warten nun gespannt, was die bis einschließlich zum ersten Feiertag gemeldeten starken Regenfälle bringen. © Rita Maurer | Rita Maurer

Besonders gefährdete Gebiete und Objekte

Ein Blick auf die Gefahrenzonen zeigt, dass bestimmte Bereiche Winterbergs besonders anfällig für Hochwasser sind. Dazu gehören:

Grundstücke in der Nähe von Bächen und Flüssen
Senken und tiefliegende Flächen
Stadtviertel mit hoher Bodenversiegelung
Hanglagen, wo wild abfließendes Wasser hohe Geschwindigkeiten erreichen kann

Gefährdete Objekte umfassen vor allem Keller, Tiefgaragen und Souterrainwohnungen. Diese Räume sind ohne Rückstausicherung besonders anfällig, selbst bei weniger starken Niederschlägen. Die Stadt weist darauf hin, dass Rückstausicherungen laut technischer Regelwerke und der Entwässerungssatzung verpflichtend sind.

Frühwarnsysteme und Informationswege

Die Stadt Winterberg setzt auf verschiedene Warn- und Informationssysteme, um die Bevölkerung frühzeitig vor Hochwasser zu schützen. So nutzt die Stadt die NINA-App des Bundesamts für Bevölkerungsschutz und Katastrophenhilfe. Diese App stellt Warnungen in Echtzeit zur Verfügung und ist eine wichtige Informationsquelle für die Bürger.

Zudem gibt es zwei Pegelstationen im Stadtgebiet: eine an der Neger bei Siedlinghausen, betrieben vom Ruhrverband, und eine weitere am Hillebachsee, die im Eigentum der Stadt steht. Letztere dient primär der Zulaufbilanzierung und überträgt die Daten bislang nicht in Echtzeit. Die Stadt plant jedoch, die Pegelmessungen in Zukunft nutzerfreundlicher zu gestalten.

Bei akuten Gefahren kommen soziale Medien und Lautsprecherdurchsagen durch Feuerwehrfahrzeuge zum Einsatz. Diese Kommunikationswege hätten sich, laut Stadt, in der Vergangenheit als effektiv erwiesen.

Tipps zur Vorsorge und Verhalten bei Hochwasser

Neben den technischen und baulichen Maßnahmen liegt ein starker Fokus auf der Sensibilisierung der Bürgerinnen und Bürger. Eigentümer sollten prüfen, ob ihre Immobilien in Hochwassergefährdungszonen liegen. Dies kann durch Einsicht in die Hochwassergefahrenkarten des Hochsauerlandkreises erfolgen.

Wenn ein Keller vollläuft, ist es wichtig, zuerst den Strom abzuschalten und Schäden für die Versicherung zu dokumentieren. Für kleinere Wassermengen im Keller ist die Feuerwehr nicht zuständig – diese sollte erst gerufen werden, wenn das Wasser mit eigenen Mitteln nicht mehr entfernt werden kann.

Zusammenfassung: Fünf zentrale Maßnahmen zum Hochwasserschutz

Rückstauklappen installieren: Ein Muss für alle Gebäude mit Keller, um Rückfluten aus der Kanalisation zu verhindern.
Hochwassergefahrenkarten prüfen: Lage des eigenen Grundstücks in gefährdeten Bereichen überprüfen.
Notfallpläne kennen: Evakuierungsrouten und Sammelplätze wie Feuerwehrhäuser identifizieren.
NINA-App nutzen: Frühwarnungen des Bundesamtes für Katastrophenschutz in Echtzeit empfangen.
Dokumentation bei Schäden: Fotos und Berichte anfertigen, um Versicherungsansprüche geltend zu machen.