Olsberg. Personalmangel in Kitas: Neue Regeln in NRW sollen helfen, doch die Olsberger Kita-Chefin Ina Prior fühlt sich von Politikern im Stich gelassen.
Es ist wieder Erkältungssaison, und viele Eltern bangen: Wird die Kita wieder ausfallen? Sind erneut zu viele Erzieher krank? Gerade in Kitas schlagen Erkältungswellen im Winter besonders stark zu. Kurzfristig müssen Eltern eine Alternative finden, wenn die Kita aufgrund der gesetzlichen Vorgaben zur Personalausstattung nicht öffnen darf. Es handelt sich um ein Problem, das im Sauerland bald der Vergangenheit angehören könnte. Die Kinder- und Familienministerin Josefine Paul (Grüne) plante nämlich eine Änderung der Personalverordnung für Kitas. Davon sind auch die 91 Kindertageseinrichtungen im Hochsauerlandkreis betroffen. Mittlerweile ist sie in Kraft getreten.
Neue Personalverordnung in NRW für Kitas
In Einrichtungen mit bis zu 60 Kindern soll bei akutem Personalmangel künftig nur mindestens eine sozialpädagogische Fachkraft anwesend sein müssen – für bis zu sechs Wochen. Dabei kann es sich um Erzieher, Heilpädagogen oder Sozialpädagogen handeln. In solchen Fällen soll zudem verstärkt auf sogenannte Ergänzungskräfte zurückgegriffen werden – etwa Kinderpfleger, Sozialassistenten oder Heilerziehungspfleger. Es soll sich um eine Ausnahmeregelung handeln, die Kitas in Ausfallsituationen mehr Flexibilität ermöglichten soll. Doch wie werden die Pläne in den Kitas aufgefasst?
„Wir gehen jeden Morgen hin und möchten gute Arbeit leisten, aber es wird uns immer schwieriger gemacht.“
„Es ist ein großes Thema, auch hier in der Kita“, sagt Ina Prior, die Leiterin des St.-Nikolaus-Kindergartens in Olsberg. Die Lage sei bereits jetzt schwierig wegen der bestehenden Kürzungen. Die Kita gehört zu einem Verbund katholischer Kindergärten mit Sitz in Meschede. „Es gab da einen Flexpool, gegenseitige Unterstützung, um Krankheitsfälle aufzufangen“, erklärt Prior. Doch wenn es Krankheitsfälle gebe, seien keine zusätzlichen Fachkräfte mehr da, um die Stunden in den Kitas aufzufangen. Gerade jetzt sei die Zeit, in der viele Krankheitsfälle auftreten.
„Wir arbeiten an der absoluten Grenze – der KiBiz-Grenze“, fährt Prior fort. Es sei nichts mehr da, womit man Ausfälle auffangen könne. Dadurch rücke der Punkt näher, an dem die Vorgaben im Bereich der Bildung nicht mehr erfüllt werden könnten. Die Vorschulzeit sei eine wichtige Vorbereitung. Durch die neue Personalverordnung bestehe jedoch die Gefahr, dass Kitas zu reinen Verwahrstationen werden.
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Kitas im Sauerland sind nicht nur eine Verwahrstelle
„Und alle schreien oben: ‚Es kommen keine Fachkräfte nach!‘“, sagt die Kita-Leiterin. Verwundern tue sie das nicht: „Weil gespart wird, wo Bildung anfängt. Bei uns, wo es beginnt, da wird eingespart und nicht hingeschaut.“ Die Bildung drohe komplett unterzugehen. Im Umfeld von Kitas sei Bildung durch Bindung bestimmt, und dafür brauche es Personal. „Das, was das Land erwartet, können wir nicht leisten, weil das Land uns nicht dafür ausstattet“, kritisiert die Kita-Leiterin.
„Wir gehen jeden Morgen hin und möchten gute Arbeit leisten, aber es wird uns immer schwieriger gemacht“, so Prior weiter. Die Bildung beginne in der Kita. Wenn die Kinder nur verwahrt würden, werde ihnen Bildung verwehrt. „Es wird uns immer weiter erschwert. Das ist im Moment nicht schön“, sagt Prior abschließend. „Wir kämpfen uns da durch, und die Kinder kämpfen sich auch da durch.“
Personalmangel wird durch neue Regeln nicht angegangen
Wer Ina Prior zuhört, dem wird schnell klar, wie die neuen Pläne des Familienministeriums in Kitas aufgefasst werden: Man fühlt sich dort im Stich gelassen. Die neuen Maßnahmen, so die Sicht vor Ort, gehen die eigentlichen Probleme wie den Personalmangel nicht an. Lediglich der Weiterbetrieb wird sichergestellt – zum Preis der frühkindlichen Entwicklung.
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