Winterberg. Nach Aus für zwei Ärztehaus-Projekte: Wie steht es um die Zukunft der medizinische Versorgung in Winterberg? Das sagt die Sprecherin der Stadt .

Zehn Monate nach dem Scheitern zweier ambitionierter Ärztehaus-Projekte stellt sich die Frage, wie es um die Qualität und Zukunft der Gesundheitsversorgung in Winterberg aussieht. Die Pressesprecherin der Stadt Winterberg, Rabea Kappen, berichtet im Interview mit der WP über die die neuesten Strategien zur Sicherung der medizinischen Infrastruktur und gibt Einblicke in die Bemühungen, das örtliche St. Franziskus-Hospital als zentrale Säule der Gesundheitsversorgung zu erhalten.

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Wie hat sich die Situation bezüglich der medizinischen Versorgung in Winterberg seit dem Scheitern der beiden Ärztehaus-Projekte vor etwa einem Jahr entwickelt?

Rabea Kappen: Die Gesundheitsversorgung in Nordrhein-Westfalen steht vor großen Herausforderungen, und sowohl auf Landes- als auch auf Bundesebene laufen derzeit verschiedene Reformprozesse zur Krankenhausstruktur. Erfreulich ist, dass unser St. Franziskus-Hospital in Winterberg auch weiterhin eine wichtige Rolle in der Akut- und Grundversorgung spielt und die Leistungsgruppen Chirurgie, Innere Medizin und Geriatrie, einschließlich der zentralen Notaufnahme, zugewiesen bekommen hat. Leider wurde unserem Krankenhaus im ersten Schritt die Abteilung Neurologie abgewendet. Gemeinsam mit den Städten Hallenberg und Medebach setzen wir uns derzeit dafür ein, die Leistungsgruppe Neurologie zu erhalten. Denn bei neurologischen Erkrankungen kommt es auf Sekunden an, daher ist es wichtig, dass in unserem Krankenhaus eine Erstversorgung stattfinden kann und die Patienten dann weiterverlegt werden können. Ansonsten sind wir weiterhin für unsere Einwohnergröße im hausärztlichen- und fachärztlichen Bereich, bei den ambulanten und stationären Pflegeinrichtungen und Pflegediensten gut aufgestellt.

Rabea Kappen, Pressesprecherin und Projektkoordinatorin der Stadt Winterberg
Rabea Kappen, Pressesprecherin und Projektkoordinatorin der Stadt Winterberg © Jutta Klute | Jutta Klute

Gibt es inzwischen neue Investoren oder konkrete Pläne für ein Ärztehaus oder andere medizinische Einrichtungen in Winterberg?

Das Thema Ärztehaus greifen wir in verschiedenen Prozessen immer wieder auf. Wir bleiben dabei, ein Ärztehaus oder besser eine zentrale Anlaufstelle für medizinische Dienstleistungen mit Ärzten, Apotheke und Therapeuten, ist grundsätzlich ein vielversprechendes und zukunftsfähiges Projekt, um die medizinische Versorgung in unserer Stadt auf Jahre zu sichern. Daher greifen wir das Thema auch in verschiedensten Prozessen immer wieder auf. So wird der Ansatz auch bei der Fortschreibung unseres Integrierten Stadtentwicklungskonzeptes „Unser Winterberg 2035“ aufgegriffen und verfolgt.

Wie hat sich die Versorgungsquote im hausärztlichen und fachärztlichen Bereich in den letzten 10 Monaten verändert? Ist sie weiterhin bei über hundert Prozent?

Die Versorgungsquote der Kassenärztlichen Vereinigung Westfalen Lippe beträgt für den sogenannten Mittelbereich Hallenberg, Medebach und Winterberg 110,8 Prozent (Stand: 27.05.2024).

Wurden seit dem vergangenen Jahr alternative Konzepte zur Verbesserung der medizinischen Versorgung entwickelt oder umgesetzt, wie z.B. Telemedizin oder mobile Arztpraxen?

Aufgrund der aktuellen Situation im Bereich der niedergelassenen Ärzte wurden keine alternativen Konzepte umgesetzt. Beim Ärztestammtisch, der auf Initiative von Bürgermeister Michael Beckmann gegründet wurde und von der Stadt koordiniert wird, werden immer auch unterschiedliche Ansätze diskutiert, wenn es um die medizinische Versorgung in der Stadt geht. 

„ Die medizinische Versorgung in Winterberg ist nach wie vor solide aufgestellt.“

Rabea Kappen
Pressesprecherin Stadt Winterberg

Wie hat sich die Zusammenarbeit mit den umliegenden Gemeinden und dem Landkreis in Bezug auf die medizinische Infrastruktur in den vergangenen Monaten gestaltet?

Mit den Städten Hallenberg und Medebach sind wir bezüglich unseres Krankenhauses im engen Austausch. Unser Krankenhaus ist ein Krankenhaus der Region und die erste Anlaufstelle für rund 25.000 Bürgerinnen und Bürger aus unseren drei Städten sowie von jährlich 2,5 Millionen Übernachtungsgästen und unzähligen Tagesbesuchern. Das Krankenhaus strebt darüber hinaus immer wieder Kooperationen mit anderen Häusern an, um die medizinische Versorgung der Patientinnen und Patienten der Region zu stabilisieren. 

Wurden neue Anreize oder Unterstützungsmaßnahmen für Ärzte geschaffen, um sie für eine Niederlassung in Winterberg zu gewinnen?

Stabile und zukunftsorientierte medizinische Versorgungsstrukturen im Bereich der Hausärzte, Apotheken, der ambulanten und stationären Pflegeeinrichtungen oder dem Krankenhaus in Winterberg – das ist das Ziel und war der Beweggrund für Bürgermeister Michael Beckmann, das Netzwerk „Gesundes Winterberg“ ins Leben zu rufen, welches zweimal im Jahr stattfindet. Im Netzwerk „Gesundes Winterberg“ möchte die Stadt Winterberg gemeinsam mit allen Akteuren Impulse für die zukünftige Gesundheitsversorgung im Stadtgebiet Winterberg setzen und so einen Beitrag dazu leisten, dass auch zukünftig die bedarfsgerechte Versorgung der Winterberger Bevölkerung sichergestellt ist. In diesen Runden besprechen wir auch immer, welche Unterstützungsbedarfe zum Beispiel die Ärzte haben. So haben wir zum Beispiel Dr. Marco Timmermann im Jahr 2023 auf dem Weg in seine Selbstständigkeit eng begleitet. 

Wie hat die Stadt die Bürger in den Prozess der Verbesserung der medizinischen Versorgung einbezogen?

In den letzten Monaten hat die Stadt Winterberg die Bürgerinnen und Bürger aktiv in den Prozess der Verbesserung der medizinischen Versorgung einbezogen. Wir haben dabei auf eine transparente Kommunikation gesetzt und verschiedene Kanäle genutzt, um die Bevölkerung umfassend zu informieren und einzubinden. Über die Fortschritte, wie die Einrichtung der Notdienstpraxis im Krankenhaus, haben wir in den sozialen Medien, auf der städtischen Webseite, sowie in lokalen Pressemitteilungen berichtet. Zusätzlich werden über öffentliche Sitzungen die Protokolle im städtischen Mitteilungsblatt veröffentlicht, um den Bürgerinnen und Bürgern detaillierte Einblicke in die Entscheidungsprozesse zu geben. Ein weiterer wichtiger Bestandteil ist der direkte Dialog mit den Bürgerinnen und Bürgern. Dazu veranstalten wir zum Beispiel die Bürgerdialoge oder die Markttage des Bürgermeisters, bei denen die Menschen ihre Anliegen, Fragen und Vorschläge einbringen konnten.

Wie bewertet die Stadt die aktuelle Situation der medizinischen Versorgung im Vergleich zu vor einem Jahr? Sieht man Fortschritte oder neue Herausforderungen?

Die Stadt Winterberg legt großen Wert darauf, die medizinische Versorgung unserer Bürgerinnen und Bürger langfristig zu sichern und weiter zu verbessern. Dazu steht Bürgermeister Michael Beckmann in einem engen Austausch mit der Kassenärztlichen Vereinigung Westfalen-Lippe sowie den niedergelassenen Ärzten, um Strategien zur Nachwuchsgewinnung und zur Sicherung der haus- und fachärztlichen Versorgung zu entwickeln. Ein weiterer Fokus liegt auf der Unterstützung von Ausbildungs- und Weiterbildungsinitiativen im Pflegebereich, um den steigenden Bedarf an qualifiziertem Personal zu decken. Die medizinische Versorgung in Winterberg ist nach wie vor solide aufgestellt. Im hausärztlichen und fachärztlichen Bereich sowie bei ambulanten und stationären Pflegeeinrichtungen und Pflegediensten sehen wir uns aktuell gut versorgt. Dennoch stehen wir vor neuen Herausforderungen, insbesondere im Hinblick auf den demografischen Wandel und die Altersstruktur der Ärzteschaft. Daher bleibt es unser Ziel, frühzeitig gemeinsam Lösungen zu entwickeln, um die medizinische Versorgung auch in Zukunft sicherzustellen.