Hochsauerlandkreis. Die Bundestagsabgeordneten Dirk Wiese (SPD) und Carlo Cronenberg (FDP) über den möglichen Koalitionsbruch und die Folgen fürs Sauerland.
Die Spannungen in der Ampelkoalition in Berlin nehmen zu, und die Debatten um die wirtschaftliche Zukunft des Landes erreichen auch das Hochsauerland. Vor dem Hintergrund der Diskussionen um eine mögliche Neuausrichtung in der Wirtschafts- und Finanzpolitik sowie wachsender Rufe nach einem Koalitionsbruch stehen die heimischen Bundestagsabgeordneten Dirk Wiese (SPD) und Carlo Cronenberg (FDP) unter Druck. Beide Politiker haben in einer Stellungnahme für unsere Zeitung ihre Positionen dargelegt – und dabei persönliche „rote Linien“ aufgezeigt.
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„Verantwortung übernehmen – gerade in schwierigen Zeiten“
Dirk Wiese, stellvertretender Vorsitzender der SPD-Bundestagsfraktion, zeigt sich unzufrieden mit den derzeitigen Spannungen innerhalb der Regierung und betont die Bedeutung der Verantwortung, die ein Koalitionsvertrag mit sich bringe: „Denn mit der Unterzeichnung eines Koalitionsvertrags entscheidet man sich ohne Wenn und Aber dafür, Verantwortung fürs Land zu übernehmen und steht zu seiner Verpflichtung. Gerade in schwierigen Zeiten.“
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Wiese verweist dabei auf die geopolitischen Unsicherheiten, die die derzeitige politische Lage zusätzlich belasten. Neben den Spannungen in der Ukraine und der Eskalation durch die Anwesenheit von rund 10.000 nordkoreanischen Soldaten auf russischer Seite sieht er vor allem die bevorstehende US-Wahl als möglichen Risikofaktor. „Jetzt gilt es deshalb umso mehr, die Verantwortung, die die Regierungskoalition gegenüber den Menschen und unserem Land hat, sehr ernst zu nehmen,“ so der Abgeordnete.
Besonders besorgt ist Wiese über die wirtschaftliche Lage im Sauerland, insbesondere bei energieintensiven Unternehmen in der Region. Die Stabilität des Wirtschaftsstandorts Deutschland müsse aus seiner Sicht höchste Priorität haben. Daher sei es ein wichtiges Zeichen, dass Bundeskanzler Olaf Scholz das Thema zur Chefsache gemacht habe. „Eine Erlaubnis der Koalitionspartner ist dafür nun wirklich nicht notwendig. Unterstützung und Zusammenarbeit sind vielmehr gefragt,“ betont Wiese.
„Eine grundlegende Revision politischer Leitentscheidungen ist nötig“
Carlo Cronenberg, Bundestagsabgeordneter und wirtschaftspolitischer Sprecher der FDP-Fraktion, geht noch einen Schritt weiter. Für ihn sei eine grundlegende Revision der wirtschafts-, arbeitsmarkt- und finanzpolitischen Entscheidungen der Regierung unabdingbar. „Unser Land braucht eine grundlegende Revision politischer Leitentscheidungen,“ so Cronenberg. Die derzeitige wirtschaftliche Lage lasse keinen Zweifel daran, dass Veränderungen dringend notwendig seien, und eine zögerliche Haltung, wie er sie von den Koalitionspartnern SPD und Grünen wahrnimmt, sei angesichts der drängenden Probleme keine Option.
Cronenberg zeigt sich überzeugt, dass die Ampelkoalition nur dann tragbar ist, wenn die wirtschafts- und finanzpolitischen Herausforderungen sowie der Haushalt für das Jahr 2025 im Einklang angegangen werden. „Unsere im Kern starke Wirtschaft wird durch schlechte Rahmenbedingungen ausgebremst,“ erklärt der FDP-Politiker und verweist auf die ernsten Konsequenzen: „Die Arbeitslosigkeit steigt, Investitionen bleiben aus, und unser soziales Sicherungssystem gerät in Gefahr.“ Diesen alarmierenden Entwicklungen könne man nicht durch punktuelle Korrekturen begegnen. Vielmehr sieht Cronenberg die Notwendigkeit für eine „Staatsreform“.
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In seinem Forderungskatalog spricht sich Cronenberg insbesondere für einen Abbau der Bürokratie und eine Senkung der Steuerlast aus, um Investitionen und Leistungsbereitschaft wieder anzuregen. Diese Reformen würden wehtun, so Cronenberg, seien aber notwendig, um Deutschland langfristig als wettbewerbsfähigen Standort zu erhalten. „Wir müssen insbesondere die überbordende Bürokratie abbauen, die Steuerlast senken und Leistung wieder wertschätzen,“ stellt er klar.
Der Schatten eines Koalitionsbruchs: Erwartungen und politische Konsequenzen
Auf die Frage nach einem möglichen Koalitionsbruch und den daraus resultierenden politischen Konsequenzen blieben Wiese und Cronenberg vorsichtig, machten aber ihre Erwartungen deutlich. Wiese betont, dass ein Bruch der Koalition derzeit das „Letzte“ sei, das die Bürgerinnen und Bürger bräuchten, insbesondere vor dem Hintergrund der internationalen Instabilität.
Cronenberg hingegen deutet an, dass er durchaus offen für eine politische Neuausrichtung ist, falls die Ampelkoalition die notwendigen wirtschafts- und finanzpolitischen Korrekturen nicht umsetze. Seiner Meinung nach sei eine Koalition mit liberaler Beteiligung notwendig, um den notwendigen Reformkurs zu garantieren, die wirtschaftlichen Strukturen des Landes zu erneuern und so auch dem Hochsauerlandkreis eine zukunftsfähige Perspektive zu bieten. „Deshalb plädiere ich für eine breite Koalition mit liberaler Beteiligung,“ so Cronenberg.
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Wenn sich zwei streiten, könnte am Ende der Dritte profitieren: Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier lädt am Donnerstag Friedrich Merz, den CDU-Chef aus dem Sauerland, zum vertraulichen Gespräch. Was ursprünglich ein formelles Treffen zwischen Staatsoberhaupt und Oppositionsführer sein sollte, gewinnt nun eine unerwartete Dringlichkeit. Die Krise der Ampel-Koalition eskaliert, und plötzlich rückt die Frage in den Fokus, ob und wie die Union zur Lösung der Regierungskrise beitragen könnte.