Olsberg. Dachdecker Daniel Jedamzik findet keine Lehrlinge im HSK. Dann erhält er plötzlich Bewerbungen aus dem 6000 Kilometer entfernten Tadschikistan.
Es ist eine Erfolgsgeschichte, wie sie das Handwerk selten schreibt: Der Dachdecker-Fachbetrieb Jedamzik aus Olsberg ist von der Handwerkskammer Südwestfalen mit dem Preis für soziale Verantwortung und gesellschaftliches Engagement ausgezeichnet worden. Hinter dieser Ehrung steht nicht nur die handwerkliche Spitzenleistung, sondern auch eine bemerkenswerte Offenheit und Entschlossenheit, kulturelle Grenzen zu überwinden. Es geht um Integration, um Chancen, die weit über den Betrieb hinaus Strahlkraft entwickeln.
Das Erfolgsmodell Integration: Zwei Tadschiken im Sauerland
1988 von Daniel Jedamziks Vater gegründet, steht der Betrieb für Handwerkstradition und Fortschritt zugleich. Seit der Übernahme durch Daniel Jedamzik vor einem Jahr hat der Betrieb, der sich auf Schieferarbeiten spezialisiert hat, nicht nur neue Herausforderungen angenommen, sondern auch bewiesen, wie man dem Fachkräftemangel kreativ begegnen kann: durch gezielte internationale Integration.
„Wir hatten keine Auszubildenden gefunden, und plötzlich war da diese Bewerbung. Da musste ich erst einmal schauen, wie das alles funktioniert.“
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So begann die Geschichte von Shohin Bobojonov und Bahrillo Subhonqulov – zwei jungen Männern aus Tadschikistan. Tadschikistan (auch Tadschikistan geschrieben) liegt in Zentralasien. Es grenzt im Westen an Usbekistan, im Norden an Kirgisistan, im Osten an China und im Süden an Afghanistan. Wenn man die Strecke von Tadschikistan (z. B. der Hauptstadt Duschanbe) nach Nordrhein-Westfalen über Land zurücklegen möchte, beträgt die Entfernung je nach gewählter Route und Grenzübergängen ungefähr 6.000 bis 6.500 Kilometer. Was für andere ein kaum zu überwindender Bürokratiedschungel gewesen wäre, wurde bei Jedamzik mit Willen und der Unterstützung der Handwerkskammer zur Erfolgsgeschichte. „Wir wussten, dass es eine Herausforderung wird, aber mit der Unterstützung der Handwerkskammer haben wir es geschafft, beiden eine neue berufliche Heimat zu geben“, erzählt Daniel Jedamzik. Mitte Juli 2024 haben Bobojonov und Subhonqulov ihre Prüfung zum Dachdeckergesellen bestanden und sind direkt übernommen worden. Auch der WDR berichtete bereits über die beiden Dachdecker aus Tadschikistan.
Vom Visumantrag zur beruflichen Heimat
Doch die Reise war lang. Daniel Jedamzik erinnert sich an den Moment, als die Bewerbung von Shohin Bobojonov im E-Mail-Postfach landete: „Wir hatten keine Auszubildenden gefunden, und plötzlich war da diese Bewerbung. Da musste ich erst einmal schauen, wie das alles funktioniert“, sagt er am Telefon. Er ist gerade auf einer Baustelle des Fünfsternehotels Brenners Park-Hotel & Spa in Baden-Baden, wo er mit seinem Team Schieferarbeiten durchführt – so wie zuvor schon am alten Rathaus in Köln.
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Mit Unterstützung der Handwerkskammer organisierte Jedamzik ein Visum – eine Mammutaufgabe, die von der vorherigen Anmietung einer Wohnung bis zum Abschluss eines Arbeitsvertrags reichte. Doch es hat sich gelohnt: „Da Shohin sich so gut bewährte, habe ich nach einem Jahr auch Bahrillo nachgeholt. Da wusste ich ja schon, wie es geht, aber es hat trotzdem etwas länger gedauert“, sagt Jedamzik. Ein dritter Versuch für einen weiteren Auszubildenden scheiterte dann am fehlenden Goethe-Sprachzertifikat: „Da musste ich die Wohnung wieder kündigen“, erinnert er sich und kann seine Ärger über die Bürokratie nicht verbergen.
Integration lebt von Begegnung – auf der Baustelle und abends im Team
Dass Integration mehr als Arbeit bedeutet, zeigen die beiden Tadschiken auf beeindruckende Weise: „Wenn wir auf Montage sind, kommen die beiden abends immer mit. So haben sie ganz schnell Deutsch gelernt“, berichtet Jedamzik. Ein Lernen, das nicht nur die Sprache betrifft, sondern auch das Handwerk selbst: Beide erwiesen sich als so lernfähig und engagiert, dass sie nun als Gesellen weiterbeschäftigt werden. „Wir haben sie deswegen direkt übernommen“, sagt der Dachdeckermeister, der die gezielte Einwanderung in Zeiten des Fachkräftemangels als wichtige Chance sieht. Im Jahr 2023 gewann der Betrieb für sein Engagement auch den renommierten Brachenpreis Dachkrone für die erfolgreiche Integration der beiden Tadschiken.