Brilon/Olsberg. Vier-Tage-Woche: Zwei Betriebe im Sauerland wagen den Schritt. Handwerksmeister Steinrücken und Gastwirt Ulli Schröder sagen ehrlich, wie es läuft
Sabrina Schilling und Ulli Schröder sehen sich an. „Also wir sind sehr zufrieden mit der Regelung, das ist wie Luxus“, sagt Schröder. Sie nicken. Die beiden probieren seit Beginn des Jahres die Vier-Tage-Woche im Huberta Grill Brilon aus - mit Erfolg. Ihr Modell funktioniert gut, wie die beiden im WP-Gespräch erzählen. Und auch Ludger Steinrücken, Handwerksmeister aus Olsberg, hat die Vier-Tage-Woche erfolgreich mit einem eigenen Modell in seinem Betrieb eingeführt. Die Vier-Tage-Woche ist also im Sauerland angekommen, das bestätigt auch Helmut Kreutzmann von der IG Metall in Olsberg. Allerdings ruckelt es manchmal und nicht für jede Branche ist das neue Arbeitsmodell geeignet.
Vier-Tage-Woche beim Briloner Huberta Grill: „Wie Luxus“
Sie wechseln sich ab, Ulli Schröder und Sabrina Schilling. Arbeitsbeginn: Mittwoch, gearbeitet wird dann bis Donnerstag, der Sonntag dazwischen ist frei. Vier Tage arbeiten, ein Tag frei, vier Tage arbeiten, fünf Tage frei. „Das hat viele Vorteile“, sagt Uli Schröder. „Man kann sich Arzttermine oder Friseurtermine auf die freien Tage legen.“ „Das passt wirklich gut, man kann sogar mal ein langes Wochenende wegfahren, Freunde treffen“, ergänzt Sabrina Schilling. Das Modell ist sehr individuell, wie Schröder betont. „Und das klappt auch nur wegen unserer speziellen Situation und weil unsere Öffnungszeiten sind, wie sie sind. Für Mitarbeiter, die schulpflichtige Kinder haben, wäre das schon wieder nichts.“ Die Arbeitstage wären zu lang. „Mit uns beiden klappt das aber sehr gut. Nachteil ist nur, dass man irgendwie vergisst, seine Urlaubstage abzuarbeiten“, sagt Schröder und lacht. Sabrina Schilling ist mit der Vier-Tage-Woche ebenfalls glücklicher als zuvor: „Mein Privatleben ist viel besser, ich bin sehr froh, hier so arbeiten zu können.“
Handwerksbetrieb aus Olsberg: Ludger Steinrücken probiert Vier-Tage-Woche
Ludger Steinrücken hat für seinen Handwerksbetrieb ebenfalls eine gute Lösung gefunden. Seit etwa einem Jahr hat er die Vier-Tage-Woche eingeführt, größtenteils in den Sommermonaten. „Das liegt an der Witterung, die ist sehr entscheidend“, erklärt er gegenüber der WP. Sein Team beginnt um 6 Uhr und arbeitet pro Tag 9,5 Stunden. Bei 40 Stunden pro Woche würden dann - bei einem freien Tag - vier Stunden fehlen, die legt Steinrücken aber oben drauf. Rein rechnerisch macht das dann zwölf Tage Urlaub im Jahr mehr. Im Winter, wenn die Witterung nicht so gut ist, gibt es einen halben Freitag frei. „Das klappt ganz gut. Die Jungs sind länger auf der Baustelle und schaffen mehr. Auch die Fahrtkosten minimieren sich.“ Steinrücken sucht noch immer Mitarbeiter für seinen Betrieb und wirbt mit der Vier-Tage-Woche. Er erhofft sich dadurch mehr Mitarbeiter, aber der Fachkräfte-Mangel ist auch im Sauerland spürbar - schlussendlich insbesondere für die Kunden, wie Steinrücken sagt. „Da wartet man leider etwas länger auf Termine.“
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Helmut Kreutzmann von der IG Metall in Olsberg ist ein Befürworter der Vier-Tage-Woche
Helmut Kreutzmann, 1. Bevollmächtigter der IG Metall in Olsberg ist ein Befürworter der Vier-Tage-Woche, sieht aber auch Probleme bei der Einführung. „Dass dieses Modell funktioniert, kommt sehr auf die Struktur und Arbeitsweise der Betriebe an“ erklärt er im WP-Gespräch. „Früher haben viele gesagt, dass geht nicht. Dabei hat die Vier-Tage-Woche viele Chancen.“ Vor allem sei sie ein Werbeargument. „Wenn die Vier-Tage-Woche in einem Bereich eingeführt wird, in dem Büro-Arbeit und somit Homeoffice möglich ist, dann ist das ein guter Schalthebel zu mehr Work-Life-Balance. Für Mitarbeiter ist das ein riesiger Vorteil mit Blick auf Familienfreundlichkeit und Vereinbarkeit“, betont Kreutzmann. Mittlerweile seien zwei Einkommen oft nötig für junge Familien, wenn der Partner dann einen Tag mehr frei hat, könne der andere Partner oft flexibler seinen Job ausüben. Win-Win also? „Wir müssen versuchen, Frauen in den Arbeitsmarkt zu integrieren und das neue Modell ist eine tolle Chance.“
Einige Unternehmen im Sauerland würden die Vier-Tage-Woche schon einführen
Allerdings ist die Vier-Tage-Woche nicht in allen Branchen möglich, insbesondere in der Produktion sei das schwierig. „Das muss man als Betrieb immer individuell lösen“, so Kreutzmann. „Man kann ja nicht einen Tag die Produktion einfach herunterfahren, da braucht es oft eine Woche bis die Maschinen überhaupt wieder laufen.“ Sei auf beiden Seiten aber der gute Wille vorhanden, seien Möglichkeiten da. Und den guten Willen, den gibt es laut Kreutzmann: „Die Personalleiter im Sauerland wissen ganz genau, dass sie dieses Arbeitszeitmodell anbieten müssen, um weiter wettbewerbsfähig zu sein. Die Forderung danach ist da und aktuell haben wir einen Arbeitnehmermarkt sowohl bei Azubis als auch bei Fachkräften.“ Einige Unternehmen im Sauerland würden diese Modelle schon einführen, so Kreutzmann. „Und wenn man das intelligent macht, steigert das auch die Produktion und auch die Motivation der Mitarbeiter. Das nach vier Tagen der Hammer fällt, kann die psychische Motivation stärken.“
Doch es gibt Einschränkungen: „In der Schwerindustrie ist es für Mitarbeiter einfach nicht möglich, 9,5 Stunden am Tag in der Gießerei zu stehen. Das wird nicht durchzuhalten sein und da ist es wichtig, den Gesundheitsschutz zu beachten.“
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