Brilon. Danny Wells aus Marsberg macht eine Ausbildung bei Centrotherm in Brilon. Er erklärt, wieso er dort Nützliches nicht nur für seine Arbeit lernt.

Durch die Coronaschutzverordnung gilt im Alltag vor allem viel Sicherheitsabstand zu den Mitmenschen. 1,5 Meter sollten es mindestens sein. Das klingt nicht nach einer guten Voraussetzung für Teamwork oder idealen Bedingungen, um etwas zu lernen. Danny Wells erlebt in seiner Ausbildung bei Centrotherm in Brilon allerdings das Gegenteil. Er schafft es, nicht nur Fachwissen für seine berufliche Zukunft zu erlangen, sondern kann einiges auch im Privatleben anwenden. Beinahe wäre es dazu aber gar nicht gekommen, denn der heute 23-Jährige aus Marsberg hatte ganz andere Pläne.

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„Als ich ein Kind war, wollte ich Schauspieler werden oder Arzt. Die typischen Träume. Die Schauspielerei war auch lange interessant, aber ich habe mich nie richtig damit auseinandergesetzt“, sagt der gebürtige Engländer. Nachdem er die Hauptschule in Marsberg erfolgreich abgeschlossen hatte, wollte er mehr. Den Realschulabschluss erarbeitete er sich in Olsberg und wählte dort den Fachbereich Sozial- und Gesundheitswesen. Er wollte mit Menschen arbeiten, machte ein Jahrespraktikum in einem Kindergarten. Eine schöne Zeit, wie er sagt, aber nicht das, was er sich hauptberuflich vorstellen konnte. Also fing er das Fachabitur 2018 an. Doch die Richtung lag ihm nicht.

Nervosität beim Vorstellungsgespräch in Brilon

Zwei Jahre lang jobbte er in einer Firma, rüstete Pressen um, packte an, genoss die Zeit mit den Kollegen. Wells gefiel die Atmosphäre so gut, dass er sich auf einer Jobbörse nach Ausbildungsplätzen umsah. Centrotherm war eine Firma, die seinen Interessen entsprach und zufällig kannte der Marsberger sogar einen Freund, der für das Briloner Unternehmen arbeitet.

„Ich hatte ihn dann gefragt, wie er es dort findet und er sagte nur Gutes und ich fühlte mich immer wohler mit dem Gedanken, mich zu bewerben.“ Die Nervosität im Bewerbungsgespräch legte sich schnell und dann begann im August vergangenen Jahres auch schon die Ausbildung zum Verfahrensmechaniker für Kunststoff- und Kautschuktechnik.

Das macht Centrotherm

Centrotherm stellt unter anderem Kunststoffrohre in diversen Größen und Formen her. Die Maschinen müssen dafür entsprechend angepasst bzw. im Fachjargon umgerüstet werden. Was nach wenigen Minuten Arbeit klingt, ist tatsächlich ein Aufwand von mehreren Stunden.

Azubis sollen Werke im Ausland kennenlernen können

Die Centrotherm Systemtechnik GmbH wurde 1994 gegründet und hat ihren Stammsitz in Brilon.Das Unternehmen hat eigene Tochtergesellschaften in allen EU-Kernländern sowie in den USA und China.Circa 200 Beschäftigte arbeiten in Brilon.Über ein Austauschprogramm sollen in Zukunft Auszubildende die Möglichkeit haben, die Werke im Ausland für eine bestimmte Zeit kennenzulernen.Das Programm befindet sich derzeit für Azubis noch im Aufbau und steht bisher nur ausgelernten Mitarbeitern bei Centrotherm zur Verfügung.

Der 23-Jährige ist begeistert vom Abwechslungsreichtum seiner Ausbildung: „Ich weiß nie im Vorfeld, was der Tag bereithält. Ich habe viele Aufgaben und muss mich reinfuchsen in die Abläufe. Die Zusammenarbeit mit den Kollegen aber auch das selbstständige Arbeiten macht sehr viel Spaß.“ Reinfuchsen muss er sich auch in die zahlreichen Kunststoffmaterialien, die nicht leicht von der Zunge gehen. Polyphenylensulfid, Polyethylen oder Polypropylen sind mögliche Beispiele, die im Arbeitsalltag einfachheitshalber abgekürzt werden. In der Firma ist also Konzentration gefragt, um nicht durcheinanderzukommen.

Grundvoraussetzungen für die Ausbildung

Einen kühlen Kopf muss der Azubi auch in stressigen Situationen wahren können. „Aber eine technische Affinität ist als Grundvoraussetzung auch nützlich und ein gutes Organisationsvermögen. Zwei linke Hände machen es den Auszubildenden hier schwer“, sagt Danica Martin, Ausbildungsleiterin bei Centrotherm.

Schwer machen es auch die Auswirkungen von Corona, denn dadurch findet der Unterricht der Azubis meist nicht vor Ort in der Berufsschule in Meschede statt, sondern digital. Danny Wells bedauert diesen Umstand. Das erste halbe Jahr konnte er noch im Präsenzunterricht sitzen. Dort hat er mehr Informationen aufnehmen können im Vergleich zu den Stunden vor dem Laptop.

Auszubildende lernen sich kaum kennen

Aber er vermisst auch das Miteinander unter den Lehrlingen. Ein Austausch findet kaum statt, es herrscht viel Stille im digitalen Klassenzimmer und ein richtiges Kennenlernen gibt es nicht. „So stellt man sich Schule nicht vor. Es sollte viel mehr Spaß machen.“ Wenigstens auf der Arbeit kann er sich mit den Azubi-Kollegen austauschen und Spaß haben. Die Integration ins Team klappt dort seiner Ansicht nach um einiges besser. Sowohl bei gleichaltrigen Kollegen als auch bei den Erfahrenen unter ihnen.

Die Erfahrung seiner bisherigen Ausbildung kann der 23-Jährige nicht nur auf der Arbeit nutzen, sondern auch privat. Schon als Jugendlicher tüftelte er gerne, reparierte unter anderem Fahrräder von Freunden. Jetzt nutzt er seine Werkzeugfähigkeiten, um seine eigene Wohnung in Brilon einzurichten. „Da hilft mir auch die Selbstständigkeit, die bei Centrotherm gefördert wird. Das ist meine erste eigene Wohnung und das klappt alles wunderbar“, sagt Wells. Er hofft, dass Corona bald vorbei ist, damit er seine Ausbildung so genießen kann, wie sie sein sollte.