Hochsauerlandkreis. Bisher waren es im HSK mehr als 40.000 Coronabürgertests pro Woche. Und jetzt? Fachleute befürchten dadurch Gefahren, die kaum beherrschbar sind.
Die Zahl der Bürgertests ist mit Einführung der neuen NRW-Corona-Schutzverordnung auch im Hochsauerlandkreis rapide zurückgegangen. In der 25. Kalenderwoche (20. bis 26. Juni) wurden kreisweit noch 42.260 Bürgertests durchgeführt; davon fielen 17,8 Prozent positiv aus. In der 27. Woche (4. bis 10. Juli) sank die Zahl der Tests auf 20.881 – das sind weniger als die Hälfte. Davon waren 21,4 Prozent positiv. Einige Testzentren haben bereits die Segel gestrichen: Statt 136 waren es vergangene Woche noch 130 im HSK.
Zahlenmäßig nicht mehr darstellbar
Das Pandemie-Geschehen zahlenmäßig abzubilden, ist kaum noch möglich: Daher verzichtet der Kreis schon seit Wochen auf die Veröffentlichung der Corona-Inzidenzen. Beim Robert-Koch-Institut kann man sie noch jeden Tag nachlesen. Aktuell liegt sie demnach für den HSK bei 751,7, im Landkreis Waldeck-Frankenberg bei 1197,2. Aber: Für die Statistik zählen nur positive PCR-Tests. Weil allerdings „all zu oft“ auf einen positiven Antigentest gar kein PCR-Test folgt, kann das Infektionsgeschehen „schon seit Langem nicht mehr angemessen erfasst“ werden, sagte der Vorsitzende des Berufsverbandes Deutscher Laborärzte, Andreas Bobrowski, neulich in der Tagesschau.
Mit Inkrafttreten der neuen Schutzverordnung müssen viele Tests komplett selbst bezahlt werden oder mit drei Euro Selbstbeteiligung. Lediglich Bürger, die zu bestimmten Risikogruppen zählen oder eine/n Angehörige/n im Seniorenheim bzw. in einem Krankenhaus besuchen möchten, sind befreit. Sie müssen aber nachweisen, dass sie „eine vulnerable Personengruppe“ besuchen möchten. Mehr Aufwand als sonst. Manche Senioren-Einrichtungen hatten im Vorfeld Sorgen geäußert, dass durch die Neuregelungen die Zahl der Besucher zurückgehen könnte. Das scheint nicht der Fall zu sein.
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Mehr Tests im Seniorenheim
„Die Besucheranzahl ist gleich geblieben. Allerdings kommen jetzt mehr zum Testen ins Seniorenzentrum. Die Testungen dort sind sprunghaft angestiegen“, sagt Sandra Wamers, Sprecherin des Caritasverbandes in Brilon. Der Verband betreibt neben dem St.-Engelbertheim in Brilon auch das St.-Josef-Haus in Hallenberg: Vom 20. bis 26. Juni hatten dort 44 Bewohner Besuche bekommen (beim Besuch können auch mehrere Personen einen Bewohner besucht haben), wofür 39 Testungen im St. Josef durchgeführt wurden. Zwischen den 27. Juni und dem 3. Juli - also nach Inkrafttreten der neuen Verordnungen - hatten 47 Bewohner Besuche bekommen, dafür wurden aber 63 Testungen in St. Josef gemacht.
Noch kein Verfahren abgeschlossen
Seit dem 16. März gilt in medizinischen und pflegerischen Einrichtungen die einrichtungsbezogene Impfpflicht. Wer in Krankenhäusern oder Senioreneinrichtungen arbeitet, muss eine vollständige Impfung nachweisen. 151 Einrichtungen haben dadurch 556 impfpflichtige Mitarbeiter/innen beim HSK gemeldet. Hans-Georg Eirund (Caritas): „Es ist zum heutigen Tag kein Verfahren abgeschlossen. Wir haben vor dem 15. März entsprechend der rechtlichen Verordnungen gemeldet. Bislang ist noch kein Betretungsverbot durch das Gesundheitsamt ausgesprochen. Das Betretungsverbot hat dann eine Freistellung durch den Arbeitgeber zur Folge. Kündigungen sind derzeit nicht vorgesehen, da das Gesetz bis zum 31.12.2022 befristet ist.“ Man habe das sehr emotionale Thema sehr früh (Anfang Januar) thematisiert und im Unternehmen mit den betroffenen Mitarbeiteden in Einzelgesprächen besprochen. Eirund: „Es bleibt eine echte Hängepartie für alle Beteiligten. Das ist für die betroffenen Mitarbeiter aber auch für die Arbeitgeber nicht gut.“
Einrichtungsleiterin Beate Heimbach-Schäfer: „Die Besucher könnten sich zwar mit dem Selbstauskunftsbogen in einem Testzentrum kostenfrei testen lassen. Aber nach diesem Formular wurde hier vor Ort noch nicht einmal gefragt.“ Das Formular kann übrigens unter www.caritas-brilon.de heruntergeladen werden. Für die Mitarbeiter/innen der Einrichtungen bedeutet das Testen eine zusätzliche Arbeit. Und oft wird der Service als selbstverständlich hingenommen.
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Tests haben an Bedeutung verloren
Haben Tests durch die Neuregelung an Bedeutung verloren? Hans-Georg Eirund hält Tests generell für richtig und wichtig: „PoC Testungen sind - richtig durchgeführt - neben den FFP2-Masken ein sehr bedeutsames Instrument, unsere Mitarbeiterschaft und die Menschen insbesondere in unseren Diensten und Einrichtungen zu schützen und vor Krankheiten zu bewahren.“ In sehr vielen Situationen habe man frühzeitig Infektionen erkannt und Schlimmeres verhindern können. „Der Wegfall der kostenlosen Bürgertestungen wird dazu führen, dass sich wesentlich weniger Menschen vorsorglich testen lassen. Damit entstehen Gefahren die nicht beherrschbar sind.“
Für alle Mitarbeitenden in den Einrichtungen hat sich trotz Impfstatus an den Tests übrigens nichts geändert. Dadurch kommt die Caritas Brilon allein pro Woche auf 7.500 Testungen.
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Wer einen Besuch im Krankenhaus machen möchte, muss ebenfalls einen aktuellen Test vorweisen; für Angehörige gilt die Befreiung von den 3 Euro. „Wer eine solche Bescheinigung braucht, kann sich an der Pforte melden. Darüber hinaus testen wir die Besucher hier selbst im Haus“, sagt der Geschäftsführer des Winterberger St.-Franziskus-Hospitals, Dennis Figlus. Maskenpflicht besteht ohnehin und in einigen Häusern gelten nach wie vor - oder schon wieder - Einschränkungen bei den Besuchszeiten. In Marsberg z.B. dürfen Patienten während der Besuchszeiten von 14 bis 18 Uhr nur maximal einen Besuch pro Tag für eine Stunde empfangen. Das gilt auch für Winterberg, wo von 9 bis 11 und von 15 bis 17 Uhr Besuchszeit ist. Es empfiehlt sich daher, auf die Internetseiten der Häuser und auf deren Besuchsregelungen zu schauen.
Anspruch auf PCR-Test
Der Berufsverband Deutscher Laborärzte (BDL) hat darauf hingewiesen, dass Menschen mit einem positiven Corona-Schnelltest laut der Corona-Testverordnung Anspruch auf einen bestätigenden PCR-Test haben - auch nach einem Selbsttest. In Teilen der Bevölkerung sei dies nicht bekannt, sodass die Corona-Statistik das wahre Ausmaß der Pandemie nicht abbilden könne.
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Erlebnis am Rande: Beim Schnelltest im benachbarten Hessen eine Bescheinigung zur Befreiung vorgelegt. Die brauche man jetzt nicht mehr. Neue Anordnung des Gesundheitsamtes. Wer soll da noch durchsteigen?