Winterberg. Das Boutiquehotel Liebesglück in Winterberg blickt auf eine 100-jährige Vergangenheit zurück. Auch ein großer Star besuchte einst die Herberge:
100 Jahre später heißt das Hotel im Herzen von Winterberg „Boutiquehotel Liebesglück“ - eine lange Zeit. Grund genug für Besitzer Dirk Engemann eine Party am vergangenen Sonntag zu schmeißen (10. Juli) und einen Blick in die Geschichte zu wagen. „Wir hatten eine wirklich schöne Feier. Mehr als 150 Gäste sind gekommen“, berichtet Engemann stolz. Bei Jazz und Heavy-Metal genossen die Gäste Delikatessen wie Austern und Trüffeln und stießen auf die bewegte Geschichte des Hotels an.
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Zuerst war da das Grandhotel
Dirk Engemann beschäftigt sich schon lange mit der Historie seines Hauses. Er besitze noch alte Fotos und habe mit vielen Zeitzeugen gesprochen, berichtet er. Im Jahr 1905 erwarb der Kaufmann Wilhelm Engemann das Gebäude und ließ es im Jugendstil umbauen und als Grandhotel Winterberger Hof mit Autogarage neu eröffnen. Ein Geschäftshaus mit Gesindezimmern und landwirtschaftlichem Betrieb baute er ebenfalls auf dem weitläufigen Grundstück, das damals noch draußen vor der Stadt lag. Ebendort, wo heute der Parkplatz ist.
Wilhelm Engemann leistete sich sogar einen Chauffeur mit Automobil für seine Gäste, wie er es auf einer Reise nach Berlin im berühmten Hotel Adlon gesehen hatte. Der geschäftliche Erfolg versiegte 1914. Um nicht in die Pleite zu rutschen, verkaufte Engemann das Hotel im gleichen Jahr. Er bewohnte nun das Gesindehaus hinter seinem ehemaligen Grandhotel und betrieb Landwirtschaft und einen Landhandel.
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Gustav Gründgens
Im August 1921 heiratete Wilhelm Engemann Else Müller aus Listernohl bei Attendorn. Sie hatte nicht nur in Hagen im Hotel Lünenschloß Köchin gelernt, als Tochter eines Händlers kannte sie sich auch prima in der Buchhaltung aus. Sie sah, dass das Geschäft nicht gut lief. Zudem lag ihr der Beruf der Köchin mehr als die Buchhalterei. Sie wollte als Köchin arbeiten. Doch der Vorschlag, eine Fremdenpension aus dem Haus zu machen, stieß auf Gegenwehr: „Fremde unter meinem Dach? Niemals!“, soll Wilhelm zu seiner Else gesagt haben.
Als der Gatte auf Geschäftsreise war, fasste die junge Frau Mut, machte ihre Mitgift zu Geld und baute das Haus zur Fremdenpension „Haus Astenblick“ um. Schließlich kamen im Sommer 1922 die ersten Gäste: die Familien Prenzel und Scherer aus Düsseldorf. Die Geburtsstunde der Pension Haus Astenblick. Die Gästeschar war bunt gemischt. Else Engemann verstand es, alte Bekannte aus der Künstlerszene in Hagen für ihr Haus Astenblick zu interessieren. So verbrachten Schauspieler und Musiker ihre Sommerfrische bei den Engemanns in Winterberg. Auch Gustaf Gründgens mit seinem Impresario waren Gäste in der spielfreien Sommerzeit.
SS und Army bekämpfen sich vor Hotel
Die Wirren des 2. Weltkriegs und der Besatzung habe das Haus gut überstanden, obwohl SS und US Army direkt vor der Haustür kämpften, hat Dirk Engemann recherchiert. In den letzten Kriegstagen diente das Astenblick als Lazarett für Verwundete beider Seiten. Nach Kriegsende wurde das Hotel stetig erweitert und modernisiert. 1974 flatterte aber eine Hiobsbotschaft ins Haus: Das Gebäude müsse abgerissen werden, da ein Tunnel durch Winterberg geplant sei und vier Häuser im Weg stehen würden. Nach langer Planungszeit und vielen Verhandlungen wurde im Oktober 1989 die alte Pension Haus Astenblick abgerissen.
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Zur gleichen Zeit wurde das neue Astenblick 30 Meter vom ursprünglichen Standort fertiggestellt. Nach einer Ausbildung als Koch und Betriebswirt und beruflichen Stationen in der Schweiz, Hongkong und Kolumbien übernahm 1997 Dirk Engemann das Haus Astenblick von seinen Eltern. Der junge Mann hatte große Pläne: Das Haus sollte vergrößert und verschönert werden - ein À la carte-Restaurant sollte eröffnet werden. Und so entstand das Hotel Astenblick mit feiner Küche. Der Restaurantname Pascha´s rührt von einem althergebrachten Spitznamen für die Engemanns, der unter den Winterbergern sehr geläufig sei, sagt Engemann. 1998 wurde das Pascha´s in die etablierten Gourmetführer aufgenommen.
Das Only-Adult-Konzept
2002 erweiterte Dirk Engemann die Wellnessabteilung des Hotels mit Massage- und Kosmetikräume. 2005 kam eine neue Seele ins Astenblick. Bettina Brambring, heute Ehefrau von Dirk Engemann, kümmerte sich um die Gestaltung der Wellness-Räume. Beide entschlossen sich mit der Zeit das Konzept des Hotels zu ändern, und das erste Only-Adult-Hotel in Westfalen zu eröffnen. Nach und nach passten sie ihr Hotelkonzept ganz auf Paare an. Die Veränderung bedeutete, dass Geschäftsreisende,Tagungsgäste und Kinder als Kunden ausgeschlossen wurden.
Mit einem neuen Hotelnamen wurde 2015 das neue Konzept nach außen dann sichtbar gemacht. Da der Name Astenblick auch von anderen Betrieben in der Umgebung geführt wurde, sei es zu Verwechselungen gekommen berichtet Engemann: Das „Boutiquehotel Liebesglück – Genießen zu zweit“ war geboren. Den Namen „Astenblick“ trägt heute nur noch das Gourmetrestaurant.
Blick in die Zukunft
Ein anderer Teil des Hotels ist seit 2015 das Steakhaus Ochsenwirt mit 70 Plätzen. Im Winterberger Steakhaus geht es zünftig zu. Vorspeisen werden es aus dem Bauchladen an den Tisch gebracht. Währenddessen bereiten die Köche das Steak so zu, wie es der Gast wünscht. „Zubereitet werden unsere Steaks in drei Schritten“, erklärt Dirk Engemann. „Nachdem das Steak gegrillt wurde ruht es einige Minuten, es reift nach. Um sein Aroma zu unterstützen, braten wir es zum Finish in frischer Butter nach.“ Dabei wird nur hochwertiges Grainfed-oder Biofleisch verwendet.
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Das neue Hotelkonzept habe sich als „Glücksfall“ erwiesen, sagt Engemann. Er schwärmt von den „atmosphärisch gestalteten 24 Doppelzimmer, in denen auch sanfte Erotik unaufdringlich präsent“ sei. Außerdem biete er „aphrodisierende Menüs an.
Im Jahr 2019 seien weitere Umbaumaßnahmen in Angriff genommen worden,die während des Lockdowns 2020 zügig vorangeschritten seien. Und auch für die Zukunft des traditionsreichen Familienbetriebs ist Dirk Engemann zuversichtlich gestimmt. „Unsere Tochter Roxana lernt Hotelkauffrau und ist mit einem Koch liiert. Gute Voraussetzungen für eine Generation V“, sagt Engemann.