Berlin. Als Arbeitnehmer mehr Geld zu bekommen, ist nicht einfach. Eine Job-Expertin verrät, wie Sie im Gespräch am klügsten vorgehen.
Sie übernehmen seit Monaten mehr Verantwortung, als Sie eigentlich müssten. Die Kollegen kommen zu Ihnen, um sich Rat zu holen. Und ganz ehrlich: Dafür verdienen Sie doch eine saftige Gehaltserhöhung.
Doch die Verhandlung für einen höheren Verdienst will gut geplant sein. Der perfekte Zeitpunkt, das richtige Auftreten und der Umgang mit anfänglicher Ablehnung seitens des Chefs oder Personalers sind nur einige der Stolpersteine, die es zu beachten gilt. Im Gespräch mit dieser Redaktion verrät Lara Kieninger, Recruiting-Managerin bei der Job-Plattform Stepstone, was man bei der Gehaltsverhandlung beachten sollte und auf welche Fauxpas man dringend verzichten sollte.
Wann ist die beste Zeit, um so eine Gehaltsverhandlung zu führen?
Laura Kieninger: Ein gutes Timing kann entscheidend sein. Die Führungskraft auf dem Weg in die Kantine um mehr Geld zu bitten, ist keine gute Ausgangslage für eine Gehaltsverhandlung. Arbeitnehmer sollten daher immer einen offiziellen Rahmen wählen, wie zum Beispiel Jahres- oder Halbjahresgespräche. Auch kann es hilfreich sein, das Thema bereits vor einem Treffen bei der Führungskraft zu platzieren, sodass diese sich gedanklich darauf einstimmen kann.
Große Job-Erfolge, wie beispielsweise ein wichtiger Projektabschluss, können außerdem ein guter Zeitpunkt sein, um das Thema auf die Agenda zu bringen. Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter sollten hier auch stets die wirtschaftliche Lage des Arbeitgebers im Blick haben. Macht das Unternehmen gerade schwierige Zeiten durch, lässt sich eine Gehaltserhöhung oft schwer durchbringen.
Wie frage ich nach so einem Gespräch, muss ich mich besonders vorbereiten?
Kieninger: Ohne Vorbereitung kann das Gehaltsgespräch schnell nach hinten losgehen. Mitarbeiter sollten daher ausreichend Zeit in die Vorbereitung investieren: Die Leistungen der letzten Monate zusammentragen, den eigenen Marktwert ermitteln, Informationen zu den Gehaltsbändern des eigenen Unternehmens einholen und einen fixen Termin für das Gespräch planen. Dann steht der erfolgreichen Gehaltsverhandlung im Grunde nichts mehr im Weg.
Selbstbewusstsein ist der Schlüssel
Wie gehe ich am besten auf meinen Chef zu, offensiv oder zurückhaltend?
Kieninger: Selbstbewusst, reflektiert und gut vorbereitet – so lautet die Zauberformel beim Gehaltsgespräch. Mitarbeiter sollten sich nicht scheuen, das Gehaltsgespräch zu suchen – schließlich darf die Gehaltsfrage kein Tabu-Thema sein. Mein Tipp: die vorbereiteten Argumente selbstbewusst, aber nicht aggressiv formulieren, und auf Rückfragen gekonnt und reflektiert reagieren.
Welche Argumente ziehen bei der Verhandlung besonders gut?
Kieninger: Bei dem Gehaltsgespräch gilt: Meine Verhandlung, meine Leistung. Arbeitnehmer sollten sich daher ganz klar auf ihre individuellen Erfolge konzentrieren: Der erfolgreiche Abschluss eines großen Projektes oder die Übernahme von zusätzlicher Verantwortung sind gewichtige Gründe für mehr Gehalt.
Sie haben zudem viel positives Feedback von Stakeholdern, Kollegen und/oder Kunden erhalten? Auch dies kann Ihnen bei der Gehaltsverhandlung in die Karten spielen. Ein weiterer wichtiger Punkt: die aktuelle Bezahlung liegt weit unter dem eigenen Marktwert. (Vergleichswerte können Sie über verschiedene Online-Job-Plattformen ermitteln, Anm. d. Red.)
Weitere Artikel von Finanztip
- Staatliche Leistung:So holen Sie das meiste aus dem Elterngeld heraus
- Kartenzahlung:Girocard oder Kreditkarte für Kinder – Tipps für Eltern
- Rente:Wie sich ETF-Sparen auch im Alter noch lohnen kann
- Ausgaben reduzieren:Haushaltsbuch führen – Tipps für mehr Geld am Monatsende
- Geldanlage:Worauf Anleger bei Unternehmensanleihen achten müssen
- Weniger Papierkram:Steuer-Apps – So gelingt die Steuererklärung auf dem Handy
Was mache ich, wenn mein Chef eine Gehaltserhöhung ablehnt?
Kieninger: Reagiert die Führungskraft ablehnend auf die Gehaltsforderung, heißt es, nicht den Kopf hängenzulassen. Wichtig ist, auch in dieser Situation respektvoll und höflich zu bleiben und nicht unüberlegt zu handeln.
Arbeitnehmer müssen die Ablehnung aber auch nicht einfach kommentarlos hinnehmen. Es ist durchaus legitim, nach den Gründen für das „Nein“ zu fragen. Wenn Mitarbeiter gut vorbereitet sind, können sie die Argumente des Vorgesetzten gegebenenfalls direkt entkräften.
Was sollte ich tun, wenn ich vertröstet werde?
Kieninger: Bleibt die Führungskraft bei ihrer Ablehnung und vertröstet den Mitarbeiter auf später, empfehle ich, hier direkt einen Folgetermin zu vereinbaren. So bleibt das Thema auch bei der Führungskraft präsent.
Ist mehr Geld auch langfristig nicht drin, sollte man sich Alternativen überlegen. Denn nicht nur das Gehalt, auch weitere Benefits wie zusätzliche Urlaubstage, Weiterbildungen, flexiblere Arbeitszeiten oder Homeoffice, sind verhandelbar.
Absolute No-Gos: Das gilt es zu vermeiden
Was sollte ich bei einer Gehaltsverhandlung auf keinen Fall machen?
Kieninger: Wie im Sport gibt es auch in der Gehaltsverhandlung gewisse Spielregeln, an die sich Mitarbeiter halten sollten. Oberstes Gebot: private Gründe haben hier nichts zu suchen. Argumente, wie beispielsweise „Meine Miete wurde erhöht“, sind kontraproduktiv und fehl am Platz. Auch von einem Vergleich mit einzelnen Kollegen rate ich ab.
Zwar ist es richtig und wichtig, dass sich Arbeitnehmer über die Gehaltsstruktur ihres Unternehmens informieren und den Benchmark der Branche kennen. Aber dieses Wissen sollte nur als Anlass, nicht als Argumentationsgrundlage für eine Gehaltsverhandlung dienen. Denn: Fokus im Gespräch sollte auf den individuellen Leistungen sowie dem eigenen Marktwert liegen – nicht dem Gehalt des Kollegenkreises. Weitere No-Gos: unhöfliches, patziges Verhalten oder die direkte Drohung mit der Kündigung.
Wie viel Gehaltserhöhung kann ich derzeit erwarten oder ist das komplett frei verhandelbar?
Kieninger: Einen fixen Richtwert für die angestrebte Gehaltserhöhung gibt es leider nicht. Wie hoch die Gehaltssteigerung letztendlich ausfällt, ist je nach Unternehmen, Unternehmenssituation und Marktlage unterschiedlich. Zudem können individuelle Faktoren wie die Branche, Berufserfahrung und der (akademische) Abschluss eine entscheidende Rolle spielen.
Sind Sie dennoch unzufrieden, lohnt sich vielleicht der Quereinstieg in eine andere Branche. Im Rahmen des Gehaltsreport von Stepstone wurden jetzt die bestzahlenden Branchen ermittelt. Auf Platz 1 liegt das Bankenwesen mit einem Durchschnittsgehalt von 63.250 Euro, auf dem zweiten Platz folgt die Luft- und Raumfahrt mit 57.750 Euro durchschnittlich.
Auf Jobsuche?Hier finden Sie die beste Karriere-Plattform für sich
Platz drei bis fünf: Pharma (57.250 Euro), Wissenschaft und Forschung (57.000 Euro) und Versicherungen (56.000 Euro). Die Schlusslichter des Gehaltsrankings sind Hotel, Gastronomie und Catering (35.000 Euro), Land-, Forst- und Gartenbau (36.000 Euro) sowie Freizeit, Tourismus, Kultur und Sport (38.000 Euro).