Berlin. Aktive ETF erleben einen Hype: Sie sollen weniger kosten als klassische Fonds, aber ordentliche Rendite versprechen. Die wichtigsten Antworten.
- Das unterscheidet aktive ETFs von klassischen Fonds
- Warum aktive ETFs derzeit einen Hype erleben
- Der Langfrist-Vergleich zeigt, ob sie wirklich mehr Rendite bringen
Wer Gedichte und die Börse mag, könnte beim Begriff „aktive ETF“ an den Klassiker „Dunkel war’s, der Mond schien helle“ denken. Denn die Kombination klingt zunächst widersprüchlich: Folgt ein ETF nicht immer passiv einem Aktienindex wie dem Dax, anstatt selbständig, also aktiv, seine Aktien auszuwählen?
ETF oder klassischer Fonds: Das ist der Unterschied
Hier mischen sich aber zwei verschiedene Eigenschaften: Ob ein Fonds aktiv oder passiv vorgeht, hat nichts damit zu tun, ob er börsengehandelt ist ‒ denn die englische Abkürzung Exchange Traded Fund besagt genau das – oder nicht. Das Gegenstück dazu ist der klassische Investmentfonds, der direkt von der Fondsgesellschaft gekauft wird. Das Label ETF sagt nichts aus über das, was drinsteckt.
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Indes wächst die Zahl der vermeintlich untypischen aktiven ETF. Die Frankfurter Börse zählt 119 solcher Fonds, die insgesamt 22,3 Milliarden Euro verwalten ‒ ein Zuwachs von 48,5 Prozent im Jahresvergleich. Mit großem Abstand dominieren aber weiterhin passive ETF. Von ihnen gibt es gut 2000 Stück, fast 1,3 Billionen Euro schwer.
ETF haben passives Investieren populär gemacht. Nun hätten manche Fondshäuser gern etwas vom Erfolg ab – und weisen darauf hin, dass ja auch aktive ETF kostengünstig und transparent seien. Aber stimmt das so? Ein Vergleich im Detail:
Gebühren, Transparenz und Handel im Vergleich
Die Jahresgebühren liegen bei den großen aktiven ETF zwischen 0,2 und 0,5 Prozent, ähnlich günstig wie passive ETF. Herkömmliche aktive Fonds kassieren oft 1,5 oder sogar über 2 Prozent jährlich, dazu Ausgabeaufschläge beim Kauf. Das Geld wandert ins Fondsmanagement und ins Vertriebsnetz der Banken, deren Berater gern diese Produkte anpreisen.
An Börsentagen können ETF jederzeit gehandelt werden. Nicht börsennotierte Fonds werden dagegen nur einmal pro Tag im Preis bewertet. Wird ein neues Unternehmen in einen ETF aufgenommen oder gestrichen, erfahren Investoren das sofort. Welche Wertpapiere traditionelle Fonds halten, veröffentlichen diese nur zu bestimmten Stichtagen im Jahr.
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Was ist aber mit dem Kernversprechen aktiver ETF wie aktiver klassischer Fonds, besser als der Index-Durchschnitt zu sein? Wer auf Grundlage des bekannten MSCI-World-Index investiert hat, konnte sich nach Berechnungen des Geldratgebers Finanztip seit 1975 über rund neun Prozent Jahresrendite freuen – ziemlich nah an der Kursentwicklung der wichtigsten Weltbörsen also.
Aktive ETF: Wirklich besser als der Durchschnitt?
Die Finanzindustrie kitzelt den Ehrgeiz der Privatanleger: „Seien Sie besser als andere Investoren – greifen Sie zu unserem Überflieger-Fonds!“ Aber ist es realistisch und sinnvoll, dass viele Anleger mehr als den Durchschnitt erreichen wollen?
Wer einen aktiven ETF lenkt, sagt überzeugt Ja. So wie Cathie Wood, die wohl bekannteste ETF-Managerin mit aktiver Strategie. Ihr ETF Ark Innovation, der in Europa keine Vertriebszulassung besitzt, wird im Oktober zehn Jahre alt. Er widmet sich Technologiethemen wie Cloud-Computing oder Künstlicher Intelligenz (KI). 2021 hatte dieser aktive ETF eine bärenstarke Phase und ließ die großen passiven Indexfonds weit hinter sich. Im richtigen Moment verkauft, hätte der Ark Innovation das Vierfache eines zeitgleich erworbenen MSCI-World-ETF erlöst.
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Aber mit dem richtigen Moment ist es an der Börse naturgemäß sehr knifflig. Die schöne, überdurchschnittliche Rendite des aktiven ETF löste sich scheibchenweise auf. Heute liegt der Ark Innovation wieder auf Tuchfühlung mit dem MSCI World, und über manche Zeiträume, etwa 2018 bis 2023, blieb er sogar mehrere Prozentpunkte hinter dem marktbreiten Index zurück.
Es mag wohlfeil sein, Woods Strategie im Rückblick zu kritisieren. Die Amerikanerin bewies aus heutiger Sicht keine glückliche Hand, als sie 2023 Nvidia-Aktien abstieß, weil sie den Grafikchip-Hersteller für überbewertet hielt – bloß hörte Nvidias Kurs nicht auf zu klettern. Cathie Woods Fonds konnte nur noch zuschauen. Ein typisches Beispiel für menschliche Fehleinschätzungen an der Börse.
Passive ETF laut Statistik bei Rendite vorn
Das Analysehaus Morningstar vergleicht regelmäßig die Ergebnisse aktiver Fonds mit den passiven Index-Folgern. Die Zahlen sind eindeutig: Nur rund 36 Prozent der aktiven Aktienfonds übertrafen nach einem Jahr einen passiven Fonds der gleichen Kategorie. Über die Zeit wird das Ergebnis kläglich: Nach zehn Jahren waren laut Morningstar noch 17 Prozent der aktiven besser, nach 20 Jahren nur noch jeder zehnte.
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Die großen aktiven ETF mit Vertriebszulassung in Deutschland haben oft deutlich mehr Unternehmen im Fonds als der sehr riskante Ark Innovation, nämlich eher Hunderte als Dutzende. Ein wirklich breit aufgestellter Indexfonds zählt dagegen in Tausenderschritten die Schultern, auf die er das Risiko verteilt.
Die Statistik spricht klar gegen das aktive Aktienaussuchen, das schließt auch aktive ETF ein. Der Reiz für Privatanleger liegt aber wohl darin, dass manchmal auch Widersprüchliches funktionieren kann.
Dieser Beitrag erscheint in Kooperation mit finanztip.de. Der Geld-Ratgeber für Verbraucher ist Teil der gemeinnützigen Finanztip-Stiftung.