Berlin. Ob bei der Gehaltsverhandlung oder Konflikten mit Kollegen: Ein Experte erklärt, welche Körperhaltungen Frauen Ärger im Job bereiten.
Weniger Gehalt, schlechtere Karrierechancen – Frauen haben im Berufsleben oft das Nachsehen gegenüber ihren männlichen Kollegen. Körpersprache-Experte Stefan Verra erklärt, warum Männer die Kommunikation im Berufsleben oft dominieren und wie Frauen mit einfachen körpersprachlichen Signalen den Spieß umdrehen können.
Wie hat sich die Körpersprache beim Menschen entwickelt?
Stefan Verra: Sie ist das Ergebnis der Kommunikation, die wir genutzt haben, bevor sich Sprache entwickelt hat. Damit ist sie älter als der Mensch selbst. Deswegen wirken Affen im Zoo auch so menschlich, mit denen wir einen großen Teil der Körpersprache teilen. Erziehung und Gesellschaft haben nur einen kleinen Einfluss darauf. Eltern und unsere soziale Umgebung lehren uns gewisse soziale Normen. Lächeln, grimmig schauen oder Nervosität sind aber keine Erziehung, sondern evolutionäres Erbe.
Männer haben eine andere Körpersprache als Frauen
Gibt es grundsätzliche Unterschiede in der Körpersprache von Männern und Frauen?
Verra: Es gibt keine Mimik oder Gestik, die genuin männlich oder weiblich ist. Wir können also prinzipiell auch die Signale des anderen Geschlechts zeigen. Allerdings hat es sich in der Evolution als vorteilhaft erwiesen, dass wir uns in der Kommunikation spezialisieren. Das tun wir bis heute. Manchmal hat das aber auch Nachteile, zum Beispiel im Berufsleben.
Wie unterscheidet sich eine spezialisierte „weibliche“ von einer spezialisierten „männlichen“ Körpersprache?
Verra: Frauen zeigen insgesamt mehr Bindungssignale. Sie lächeln häufiger, zeigen deutlichere Mimik und halten stabilen Blickkontakt. Studien zeigen, dass dies nicht anerzogen ist, sondern auch bei unseren Vorfahren, den Affen, zu beobachten ist. Männliche Signale zielen sehr oft auf Verdrängung und Dominanz ab. Auch das ist bei Primaten zu beobachten. In überhitzten Genderdiskussionen wird oft argumentiert, dass nur die Gesellschaft, die Erziehung oder das andere Geschlecht die Körpersprache prägen. Sie haben einen gewissen Einfluss, der ist aber weit geringer als wir oft vermuten.
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Welche körpersprachlichen Signale führen dazu, dass Frauen im Berufsleben weniger ernst genommen werden?
Verra: Frauen haben zwei körperliche Eigenschaften, die sich in ihrem Verhalten widerspiegeln: geringere Körperkraft und einen niedrigeren Testosteronspiegel. Das heißt im Durchschnitt: weniger körperliche Stärke und Aggressivität. „Auf die Fresse hauen“ war im Laufe der Evolution also nie eine Strategie, die sich bei diesen körperlichen Voraussetzungen als erfolgreich erwiesen hätte. Offene Konflikte zu vermeiden dagegen schon.
Das hat aber auch konkrete Folgen. So geben Frauen bei Gehaltsverhandlungen häufiger nach, um keinen Konflikt zu provozieren. Dabei würde es schon ausreichen, im richtigen Moment eine symmetrische Körperhaltung mit leicht nach vorne geneigtem Kopf zu zeigen: „Mit mir nicht!“ Das mag sich für viele Frauen zunächst befremdlich anfühlen. Bewusst eingesetzt, ist es ein starkes Mittel.
Ein Beispiel: Eine Frau wird im Meeting ständig von ihren männlichen Kollegen unterbrochen. Wie kann sie mit ihrer Körpersprache gegensteuern?
Verra: Hier zeigt sich die Eigenschaft der Konfliktvermeidung. Frauen lassen sich schneller unterbrechen, während Männer einfach weiterreden. Hier hilft es, das Tempo drastisch zu erhöhen: schnell Luft holen, sich blitzschnell zum Unterbrechenden umdrehen, die Augenbrauen hochziehen und die Gestik nach oben bringen, als ob Ihnen gerade eben was Entscheides eingefallen wäre. Diese blitzschnelle Verhaltensänderung verschafft Raum zum Weiterreden. Vor allem aber: Nicht beleidigt reagieren! Das signalisiert Unterlegenheit.
Nachteile bei Verhandlungen
Welche Körpersprache-Signale können in Gehaltsverhandlungen nachteilig für Frauen sein?
Verra: Der Fehler beginnt schon lange davor. Man fühlt sich unterbezahlt, erzählt es Kollegen, die Freundin weiß es auch schon. Ergebnis: Man ist frustriert und zornig. So aufgeladen geht man ins Gespräch. Das sieht man an der Mimik, auch ohne ein Körpersprache-Experte zu sein. Wer zu aggressiv und ungeduldig eine Forderung stellt, erzeugt Gegenwehr. Ein zu devotes Verhalten zeigt dagegen, dass man es vielleicht nicht wert ist.
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Wie finde ich die Mitte zwischen zu fordernd und zu zurückhaltend?
Verra: Frauen neigen dazu, entscheidende Punkte mit seitlich geneigtem Kopf und asymmetrischer Haltung zu kommunizieren. Unterschiedliche Gelenkstrukturen, weniger Muskelmasse und schwächeres Bindegewebe erleichtern es Frauen, diese „geschwungene“ Haltung einzunehmen. So wirkt man nahbar, aber auch weniger dominant. Deswegen: In dem Moment, in dem Sie eine Forderung stellen, richten Sie sich auf, nehmen eine symmetrische Körperhaltung ein und sehen mit ernstem Blick Ihr Gegenüber an: „Ich stelle mir zehn Prozent mehr vor!“ Verharren Sie so, bis Sie eine Reaktion sehen. Wortlos, denn wer jetzt lange Erklärungen abgibt, schwächt die Wirkung.
Selbstbewusst sein, aber nicht aggressiv wirken
Wie zeigt man als Frau bei einem Konflikt mit Kollegen sein Selbstbewusstsein?
Verra: Hier hilft die „NN“-Regel (Nase und Nabel). Konkret heißt das: Tippen Sie nicht in Ihrer E-Mail weiter, während Sie einem Kollegen Ihren Punkt klarmachen. Über die Schulter gesagt, verliert das Gesagte an Gewicht. Unterbrechen Sie das Tippen, wenden Sie sich Ihrem Gegenüber frontal (Nase und Nabel) zu und sagen Sie mit ernster Mimik, was Sie zu sagen haben. Warten Sie dann wortlos die Reaktion ab. So zeigen Sie, dass Sie es ernst meinen.
Wirkt man damit nicht aggressiv?
Verra: Durchaus. Deswegen gilt: Die Haltung nur so lange beibehalten, bis eine Reaktion vom Gegenüber erfolgt. Danach wieder Signale der Sympathie aussenden. Damit sagen Sie: Dieser Punkt ist wichtig, aber unsere Beziehung wird damit nicht gefährdet.