Boom. Purple Disco Machine gehörte beim Festival Tomorrowland zu den Abräumern. Der DJ will sich treu bleiben - selbst wenn er einem Weltstar absagen muss.
Von der Bühne war nichts zu sehen, nur der groovige Rhythmus war für die Tomorrowland-Fans zu hören, die auf einem Weg oberhalb der „Library Stage“ entlang liefen. Schon bald passte sich bei vielen der Gang dem Disco-Beat des Liedes „On My Mind“ an und ein fröhliches Lachen huschte über die Gesichter. Verursacher der guten Laune war Purple Disco Machine, der gerade mehrere tausend Musik-Fans mit seinem groovigen Disco-Sound erfreute. Im Interview sprach der Dresdener über seinen besonderen Status beim Festival in Belgien, warum ihn Kinder haben reifen lassen und was er heute über seinen Grammy-Gewinn denkt.
Für viele DJs steht ganz oben auf ihrer Bucket List, einmal im Leben auf dem Festival Tomorrowland aufzutreten. Du bist hier in Belgien regelmäßig dabei - wie hast Du das geschafft?
Purple Disco Machine: „Das kann ich gar nicht so richtig sagen. Ehrlich gesagt stand es nie auf meiner Bucket List, da ich nie eine hatte. Ich habe mir nie so richtig Druck gemacht. Stattdessen wollte ich Spaß haben und hab alles einfach passieren lassen – ohne zu forcieren oder zu verkrampfen. Natürlich weiß ich es sehr zu schätzen, dass ich das fünfte Jahr in Folge hier spielen darf.“
Was bedeutet Dir ein Auftritt hier in Belgien?
Purple Disco Machine: „Das Tomorrowland besteht schon seit 20 Jahren. Das sagt einiges über das Festival aus, das ständig größer geworden ist. Für DJs ist es jedes Jahr ein Highlight – auch für mich, weil man neben der Musik so viele DJ-Kollegen backstage trifft, die man sonst das ganze Jahre nicht sieht. Dann schwatzt man kurz - das ist mit am schönsten hier.“
Das Tomorrowland zeigt eine große Bandbreite an verschiedenen Musik-Stilen – Disco ist da trotzdem eher selten vertreten. Bist Du die besondere Note im Line up?
Purple Disco Machine: „Ich hoffe doch.“ (lacht) „Ich merke in den letzten Jahren, dass sich mein Sound immer weiter entfernt von dem, was die meisten anderen spielen. Umso mehr freue ich mich, dass ich jedes Jahr wieder eingeladen werde.“
In welcher Rolle siehst Du Dich da?
Purple Disco Machine: „In den USA werde ich oft bei Festivals zwischen reine EDM-Acts gebucht. Das ist musikalisch schon ein Bruch. Dann bin ich natürlich ein bisschen aufgeregt, weil meine Musik nicht so energetisch ist wie die von anderen. Aber es funktioniert jedes Mal. Man merkt, dass die Leute dafür offen sind. Ich schaue immer in lächelnde Gesichter und habe dieses positive Gefühl.“
Was möchtest Du denn auf einem Festival mit Deiner Musik auslösen?
Purple Disco Machine: „Man muss bei mir nicht springen und wird auch nicht übers Mikrofon angebrüllt. Die Musik spricht bei mir. Die Leute sollen eine Stunde lang die Musik genießen, sich wohlfühlen und eine Auszeit vom Rest nehmen. Das kann sehr schön sein…“ (lächelt)
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Du hast schonmal auf der Mainstage aufgelegt und bist heute auf der „Library Stage“ – wo fühlst du dich am wohlsten hier im Tomorrowland?
Purple Disco Machine: „Ich würde fast sagen, dass mir die kleineren Bühnen besser liegen beim Tomorrowland. Da war die Energie so schön, weil es viel intimer und persönlicher ist. Wobei Mainstage hier natürlich Wahnsinn ist. In den letzten zwei Jahren habe ich auf der Hauptbühne um 17/18 Uhr gespielt, wenn die Sonne anfängt unterzugehen. Das passt einfach perfekt zu meiner Musik.“
Wenn Du die Zeit hast, wen würdest Du dir gerne hier ansehen?
Purple Disco Machine: „A-Trak auf jeden Fall. Und „The Magician“ – mit ihm hab‘ ich jetzt erst einen Song gemacht. Dazu noch Lost Frequencies. Und Martin Garrix, wenn er da wäre. Ich versuche schon auf jedem Festival einen Perspektivwechsel und nicht nur als Künstler, sondern auch als Fan da zu sein. Ich möchte das Gefühl nicht verlieren, warum ich das Ganze irgendwann mal begonnen habe. Denn ich habe ja nicht als DJ angefangen, sondern als Musik-Liebhaber auf der Tanzfläche.“
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Gibt es noch Momente, wo Du an die Zeit zurückdenkst, als Du in der Grundschule als Lehrer gearbeitet hast, um überhaupt über die Runden zu kommen?
Purple Disco Machine: „Da ich das nie studiert hatte, war ich eigentlich nicht so richtig Lehrer, sondern bin da eher irgendwie reingerutscht. Es war eine schöne Zeit.“
In welchem Fach eigentlich?
Purple Disco Machine: „Ich hab‘ da Informatik gemacht und habe von der ersten bis vierten Klasse die absoluten Basics am Computer vermittelt. Damals musste man noch zeigen, wie man eine Maus anfasst, dazu Microsoft Paint, Word und Excel. Das war schon witzig. Durch die Arbeit mit den Kindern habe ich extrem viel gelernt und bin selbst als Person gereift.“
Wie meinst Du das?
Purple Disco Machine: „Kinder sind halt brutal ehrlich – was man vom Musik-Business nicht behaupten kann. Zu der Zeit war ich schon einige Zeit in der Branche, wo Ehrlichkeit nicht an erster Stelle steht. Da war der Austausch mit Kindern eine krasse Umstellung, weil sie dir sofort direkt sagen, was sie von dir halten – im Positiven wie im Negativen. Das mag ich und liebe es auch immer noch mit Kindern zu arbeiten. Vielleicht werde ich das auch eines Tages wieder tun, wenn es mit dem Musik-Ding mal vorbei sein sollte.“
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Du hast im letzten Jahr für den Remix von Lizzos „About Damn Time“ einen Grammy gewonnen. Hast du mittlerweile verarbeitet, dass du nun überall – zumindest theoretisch – als Grammy-Gewinner angekündigt wirst?
Purple Disco Machine: „Für mich ist das gar nicht so allgegenwärtig. Ich werde da gar nicht mehr so oft drauf angesprochen. Im Studio sehe ich die Auszeichnung jeden Tag, weil ich da immer dran vorbeilaufe. Als Künstler habe ich es verarbeitet und bin superstolz. Als Privatperson weiß ich immer noch nicht so richtig, was es für mich als Mensch bedeutet. Wichtig war mir nur, dass sich dadurch nichts im Team oder auch meinem Privatleben ändert. Ich bin noch derselbe wie vorher und bin mir weiter treu geblieben.“
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Du hast schon mit Kylie Minogue, Dua Lipa, Lady Gaga und Elton John zusammengearbeitet, aber dem aktuellen Musik-Weltstar Taylor Swift hast du kürzlich eine Absage erteilt…
Purple Disco Machine: „Ja, das stimmt. Nach dem Grammy haben wir so viele Anfragen bekommen – und ich habe nur zwei Remixe gemacht, einmal den Klassiker „King Of My Castle“ und einen für die Rolling Stones. Das war nicht nur Taylor Swift, wo wir abgesagt haben, da waren auch noch andere große Namen dabei.“
Warum hast Du denn abgesagt?
Purple Disco Machine: „Es war ja auch nur eine Remix-Anfrage und nicht, dass ich irgendwie mit ihr ins Studio gehe, um an einem neuen Song zu arbeiten. Es hat in dem Moment im letzten Jahr einfach nicht gepasst. Ich habe zu der Zeit mein neues Album produziert, was noch 2024 veröffentlicht wird. Da war ich komplett auf das Album fokussiert und ich kann nicht gut zwei Sachen gleichzeitig.
Das klingt sehr konsequent…
Purple Disco Machine: „Wenn ich mich für etwas entscheide – und das war damals das Album – stecke ich meine komplette Kreativität und Energie darein. Also lag es weniger an Taylor Swift als Künstlerin, sondern mehr daran, dass die Anfrage zur falschen Zeit kam. Aber vielleicht kommt sie irgendwann noch einmal, dann wäre es eine komplett neue Situation.“
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