Boom (BEL). Tomorrowland 2024 hat am letzten Juli-Wochenende über 450 Auftritte gesehen, einer davon war ganz anders als alle anderen. Ein „Konzert“-Bericht.

Mit dem Applaus ist das so eine Sache beim Elektromusik-Festival Tomorrowland. Wenn DJs Songs in schneller Folge aneinander reihen, ein Höhepunkt den nächsten jagt, der Übergang selbst zwischen den Künstlern fließend ist, dann bleibt kaum Zeit zum Jubeln. Geschweige denn zum Atem holen. Es muss also etwas passiert sein, wenn Tausende Menschen über eine Minute lang begeistert Beifall spenden.

Samstagnachmittag, Wochenende zwei von Tomorrowland im belgischen Boom. Schon eine halbe Stunde vor Beginn des Auftritts ist die Freedom Stage brechend voll. Die Bühne liegt in einer großen, spärlich beleuchteten Halle. Von der Decke hängen riesige Schmetterlinge, die wahlweise ihre Flügel bewegen oder zum Takt der Musik aufleuchten. Hinter dem Mischpult sprengt die LED-Leinwand jedes Maß und brennt ein Feuerwerk an Animationen ab. Den Innenraum rahmt auf zwei Etagen eine Galerie ein. Selbst ganz oben und in der letzten Ecke stehen die Besucher schon in Reihen hintereinander, um einen Blick nach vorne zu erhaschen.

Die Freedom Stage beim Tomorrowland-Festival 2024 geizte nicht mit (visuellen) Reizen.
Die Freedom Stage beim Tomorrowland-Festival 2024 geizte nicht mit (visuellen) Reizen. © Tomorrowland | Pressebild

Während DJ Nico Morano vorne sein Set spielt, werden immer mehr Instrumente im Halbdunkel aufgestellt. Trommeln, Posaunen, an der Seite eine große Harfe. Um 16.30 Uhr öffnet sich dann der Boden und Dirigent Kevin Houben wird auf die Bühne gehoben. Hinter ihm sitzen Dutzende Musikerinnen und Musiker in Schale. Licht an und Ton ab für das Orchester Symphony of Unity.

Symphony of Unity spielt bei Tomorrowland Hymnen der elektronischen Musik

„Insomnia“ von Faithless, „In my mind“ von Dynoro und Gigi D‘Agostino, „When love takes over“ von David Guetta und Kelly Rowland oder „Don‘t you worry child“ der Swedish House Mafia: Das Ensemble trägt Hymnen der elektronischen Musik vor. Es baut eine Brücke von den über 450 Auftritten aller DJs der Szene an diesem Wochenende – von EDM, Techno, House und vielem mehr – hin zur klassischen Musik. Majestätische Klänge der Streicher und Blechbläser mischen sich mit Beats und Bässen. Und einem Liveauftritt, wie ihn Susana mit ihrem 19 Jahre alten Hit „Shivers“ (gemeinsam mit Star-DJ Armin van Buuren) hinlegt.

Animationen und Aufnahmen aus 19 Jahren Tomorrowland taten ihr Übriges zum Auftritt des Orchesters Symphony of Unity.
Animationen und Aufnahmen aus 19 Jahren Tomorrowland taten ihr Übriges zum Auftritt des Orchesters Symphony of Unity. © Tomorrowland | Pressebild

Die Verbindung entwickelt eine emotionale Wucht, die kaum einen der Besucher loslässt. Nicht auf die euphorische Weise, wenn wild gehüpft und laut geschrien wird. Vielmehr fließen Tränen, liegen sich fremde Menschen in den Armen, auf dem Körper wird Gänsehaut zum Dauerzustand. Wo sonst tausende Kehlen den Refrain bis in den Himmel schreien, bleibt auch mal der Kloß im Hals stecken.

Der Weg zurück in die Realität ist mühsam

Auf der LED-Leinwand laufen Aufnahmen aus den vergangenen 19 Jahren Tomorrowland. Lachende Gesichter, glückliche Gesichter, überwältigte Gesichter. Es sind Bilder des Lebens, der Liebe und der Einigkeit – dem Motto des Festivals. Sie fügen sich ein in diesen Rausch der Emotionen.

Nach einer Stunde fällt der Vorhang, der Jubel ist ohrenbetäubend. Wie nach einem fesselnden Kino-Besuch ist der Weg zurück in die Realität mühsam. Bewegung fühlt sich unwirklich an, die Augen kämpfen nach dem Halbdunkel mit der Helligkeit des Samstags. Draußen vor der Halle gibt es wieder aus allen Richtungen aufs Ohr. Der Kopf bleibt noch etwas in der Halle.

Die Mischung machts: Von Blechbläsern über Streicher bis zur Harfe war auf der Bühne alles zu finden.
Die Mischung machts: Von Blechbläsern über Streicher bis zur Harfe war auf der Bühne alles zu finden. © Tomorrowland | Pressebild
Dirigent Kevin Houben leitete das Orchester Symphony of Unity beim Tomorrowland-Auftritt.
Dirigent Kevin Houben leitete das Orchester Symphony of Unity beim Tomorrowland-Auftritt. © Tomorrowland | Pressebild

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