Weeze. Tropen im Zug, stockende Shuttlebusse, ein kaputter Bahnübergang: Warum ich trotz Fahrt-Frust mehr von Parookaville will. Ein Erfahrungsbericht.

Nach elf Stunden Parookaville bläst DJ Timmy Trumpet am Samstagmorgen zum letzten Party-Appell – und setzt dem Wahnsinn die Krone auf. Ich spüre meine Beine nicht mehr, tanze aber weiter. Warum ich trotz Fahrt-Frust mehr vom Festival sehen möchte, ein Erfahrungsbericht.

Ja, ich muss mich outen. Dieses Jahr war meine Parookaville-Premiere. Shame on me. Ein paar Mal wollte ich schon hin, irgendwie kam immer was dazwischen. Nun ja, am Freitag hat es endlich geklappt. In diesem Erfahrungsbericht werden wir ganz offen über das reden, was war. Es geht um einen stockenden Shuttlebus-Transport, Tanzen bis zum Umfallen und den Endgegner Bahn. Ich will mehr davon – im Gegensatz zu meinem Kollegen Martin Behr, der seine Premiere so zusammenfasst: Schön war es, ich komm‘ nicht wieder.

Wahnsinn Parookaville: So wie der Autor (nicht im Bild) feierten dieser Mann und 74.998 weitere Besucher am Freitag beim Festival in Weeze. Ein Erfahrungsbericht.
Wahnsinn Parookaville: So wie der Autor (nicht im Bild) feierten dieser Mann und 74.998 weitere Besucher am Freitag beim Festival in Weeze. Ein Erfahrungsbericht. © FUNKE Foto Services | Lars Heidrich

Essen bis Weeze, knapp 80 Kilometer. Ein Katzensprung, sagen die einen. Eine Weltreise, sage ich als leidgeprüfter ÖPNV-Nutzer. Diesmal geht es im RE10 an diesem Freitagmittag von Düsseldorf nicht nach Weeze, sondern in die Tropen. „Die Heizung läuft“, höre ich eine entgeisterte Stimme vom Vierersitze neben mir, was die schwüle und stickige Luft erklärt. Meine Freundin, ich und weitere Party-Gänger werden abgekocht.

Parookaville 2024: Die Anreise bringt uns zum Kochen

Und nicht abgekühlt, denn am Bahnhof in Weeze sieht es um 15.15 Uhr nicht besser aus. Hunderte Menschen warten bei knalligem Sonnenschein darauf, in einen der Shuttlebusse zum Gelände zu kommen. In der Unterführung stehen die Menschen dicht an dicht – ein mulmiges Gefühl. Das geht nicht weg, als wir in der abgezäunten Warteschlange über Fahrradständer klettern müssen, um zum Bus zu gelangen. Unser Eindruck: Das Kontrollieren der Shuttletickets (zehn Euro pro Personen) hält den Verkehr mächtig auf, die Wegführung ist ausbaufähig. Nach 45 Minuten sitzen wir im Bus.

Auto Bastian Rosenkranz war am Freitag zum ersten Mal bei Parookaville.
Auto Bastian Rosenkranz war am Freitag zum ersten Mal bei Parookaville. © FUNKE Foto Services | Bastian Rosenkranz

Gegen die Anreise ist die Einreise ein Klacks. Wir sind schnell auf dem Gelände, haben schnell unseren Rucksack eingeschlossen, uns mit Bezahl-Token und Wasserflaschen versorgt. Und können die Eindrücke auf uns wirken lassen. Wir sind positiv überfordert. Die Kulisse ist gewaltig. Aus jeder Ecke dringen aufgeregte Stimmen, Lachen, Bässe. Die Besucherinnen und Besucher haben sich in Schale geworfen, von oberkörperfreien Bierbäuchen mal abgesehen. Wir wollen Churros kaufen, in den Tunnel der Time Lab-Bühne eintauchen, Freunde treffen. Am besten alles gleichzeitig. Oder doch lieber tief durchatmen auf dem Riesenrad?

Parookaville und die DJs brennen ein Feuerwerk ab

Keine Zeit, die Musik ruft. Ob Maddix, Will Sparks oder Showtek: Als Parookaville-Anfänger kann ich mit den DJ-Namen wenig anfangen, die auf der Mainstage am frühen Abend ihre Auftritte haben. Aber ich bin doch schnell mitgerissen. Melodien und Bässe gehen bis ins Mark. Die Stimmung ist ausgelassen und friedlich. Selbst nah am DJ-Pult gibt es genug Platz, um auch einmal in alle Richtungen zu tanzen. Apropos Bühne: Die sieht aus der Nähe genauso beeindruckend aus wie von einem Hügel in der Ferne, auf dem die Fans für eine Tanzpause durchschnaufen. Pflanzen wachsen, Wasserfälle ergießen sich rechts und links, unzählige Lichter blinken, Feuerwerk explodiert. Die Abendsonne sorgt für den letzten Glanz. Ich habe Dauer-Gänsehaut.

Die bleibt, als am späten Abend die Superstars der Szene die Bühne erobern. Oliver Heldens legt mitreißend auf. Dimitri Vegas & Like Mike mischen Hits so kunstvoll aneinander, dass wir aus dem Mitsingen, Klatschen und Tanzen überhaupt nicht mehr herauskommen. „Crowd Control“ inklusive, bei dem Zehntausende mehrfach acht Schritte nach links, acht Schritte nach rechts hüpfen. Wir spüren unsere Beine nicht mehr, aber tanzen weiter. Die DJs gönnen uns keine Pause.

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Das gilt auch für den letzten Act des Abends, der es tatsächlich schafft, „DVLM“ noch einmal zu toppen: Timmy Trumpet. Der macht dem Duracell-Hasen alle Ehre, bläst immer wieder mit seiner Trompete zum Angriff, holt EM-Stimmungskanone Andre Schnura auf die Bühne, verbindet die Titelmusik des Hollywood-Blockbusters Interstellar mit „Komet“ von Udo Lindenberg & Apache. Wer macht sowas? Und lässt es dann noch so gut klingen? Mit „Pyrotechnik ist kein Verbrechen“ zeigt sich der 42-jährige Australier ebenfalls Deutschland-kundig – und fackelt diese natürlich höchstselbst ab. Es ist jetzt 1.30 Uhr nachts, Zehntausende Besucher klatschen gemeinsam im Takt, hüpfen auf und ab, jubeln. Tanzen bis zum Umfallen, die reine Ekstase – und das nach elf Stunden und mehr Party.

Vom Zwischengegner Shuttlebus und dem Endgegner Bahn

Es wäre ein krönender Abschluss meiner ersten Parookaville-Erfahrung – wenn nicht noch die Rückreise warten würde. Vor dem Endgegner Bahn kommt der Zwischengegner Shuttlebus, eine knappe Stunde staut es sich „stop and go“ für uns in der Schlange vor den Toren Parookavilles. Auffällig: Völlig erschöpfte und übermüdete Besucher in der Warteschlange sind zwar gefrustet, nehmen die Situation aber größtenteils mit (Galgen)Humor. Den braucht es auch, als am Bahnhof angekommen die Anzeige den 3.15 Uhr-Regionalexpress mit 15 Minuten Verspätung ausweist. „Technische Störung an einem Bahnübergang“ – der Klassiker am Samstagmorgen lässt uns sämtliche Anschlusszüge in Krefeld und Düsseldorf verpassen. Aus prognostizierten zwei Stunden Rückreise werden so derer vier, wir sind um 5.30 Uhr zurück in Essen.

Was bleibt also von meiner Parookaville-Premiere? Vor allem das:

  • 17 Stunden dauerte unser Parookaville-Tagesausflug, knapp acht Stunden davon gingen für An- und Abreise drauf. Das ist zu viel für 80 Kilometer Strecke. Grade beim Thema Shuttlebusse gibt es für die Jubiläumsausgabe im folgenden Jahr etwas besser zu machen. Wir haben diese Einschränkungen aber gerne in Kauf genommen, denn
  • das Programm hat uns umgehauen. Alleine die Hauptacts waren die Mühen (und jeden der vielen Euros) Wert, die Party unvergesslich, die Aufmachung des Festivals spektakulär. Wir wollen mehr davon – stecken unsere Energie 2025 dann aber lieber in eine Campingplatz-Sause als den Fahrt-Frust.

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