Berlin. Etwa 10.000 Menschen kamen am Sonntag vor das Brandenburger Tor. Bundespräsident Steinmeier ruft zum Schutz jüdischen Lebens auf.

Etwa 10.000 Menschen, der Veranstalter sprach sogar von 25.000 Personen, haben sich am Sonntagnachmittag vor dem Brandenburger Tor zu einer Solidaritätskundgebung mit Israel versammelt und ein Zeichen gegen den Antisemitismus gesetzt. Als einer der Auftaktredner sprach Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier mit Blick auf die Terrorattacken der islamistischen Palästinenserorganisation Hamas auf Israel am 7. Oktober von einem Tag, an dem das Grauen in das Leben der Menschen in Israel einbrach. Noch nie seit dem Ende der Schoah seien so viele Jüdinnen und Juden ermordet worden. Israel habe das Recht, sich gegen diesen Terror zu verteidigen. „Und Deutschland steht dabei fest an Israels Seite“, so der Bundespräsident. „Wir flehen und beten mit euch!“

Auf der Großkundgebung vor dem Brandenburger Tor, zu der nach Schätzungen der Polizei etwa 10.000 Personen kamen, richtete der Bundespräsident einen Appell an die Bürgerinnen und Bürger in Deutschland: „Der Schutz jüdischen Lebens ist Staatsaufgabe - und er ist Bürgerpflicht. Ich bitte alle Menschen in unserem Land, diese Bürgerpflicht anzunehmen.“ Diese Pflicht gelte für alle Menschen hierzulande, ungeachtet von Herkunft oder politischem Standpunkt. „Zeigen wir, dass in Deutschland Menschen mit jüdischen, christlichen, muslimischen, arabischen Wurzeln friedlich zusammenleben können und wollen“, sagte Steinmeier. „Das und nicht weniger ist von uns verlangt.“

Rund 10.000 Menschen versammelten sich am Sonntag vor dem Brandenburger Tor in Berlin.
Rund 10.000 Menschen versammelten sich am Sonntag vor dem Brandenburger Tor in Berlin. © IMAGO/photothek | IMAGO/Thomas Imo

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„Den Terroristen, die die Geiseln als Schutzschild missbrauchen, rufe ich zu: Die ganze Welt schaut auf dieses Verbrechen! Beenden Sie die Barbarei! Lassen Sie die Unschuldigen frei“, appellierte der Bundespräsident. Der Terror der Hamas richte sich gegen Jüdinnen und Juden in Israel. Steinmeier betonte, dass der Terror auch Menschen im Gazastreifen treffe, „deren Interessen die Hamas nur vorgibt zu vertreten“. Es seien die Terroristen, die Gaza in einen zerstörerischen, militärischen Krieg geführt hätten. „Wir müssen und werden uns für den Schutz von Zivilisten einsetzen; sie brauchen humanitäre Hilfe und humanitäre Korridore. Das ist ein Gebot der Menschlichkeit“, betonte Steinmeier.

Islamische Verbände werden ihrer Aufgabe nicht gerecht

Tausende bekundeten am Sonntag ihre Solidarität mit Israel.
Tausende bekundeten am Sonntag ihre Solidarität mit Israel. © Funke Foto Services | Maurizio Gambarini

Eröffnungsredner Volker Beck, Präsident der Deutsch-Israelischen Gesellschaft, sagte: „Wir wollen Israel und den Menschen unsere Solidarität zeigen.“ Anders als die Hamas tue Israel alles, um die Zahl ziviler Opfer zu minimieren. Er verurteilte zudem eine dramatische Zunahme antisemitischer Vorfälle in Deutschland. Markierungen von Häusern mit dem Davidstern und der Überfall auf Synagogen hätten nichts mit Unterstützung der Palästinenser zu tun. Das sei „blanker Antisemitismus“. Zugleich wandte sich Beck gegen eine pauschale Islamkritik, schränkte jedoch ein, dass die großen islamischen Verbände ihrer Aufgabe in den vergangenen Tagen nicht gerecht geworden seien. Sie hätten zunächst nichts und dann zu wenig gesagt. Auch interessant:Israel-News: Israelis rechnen mit Greta Thunberg ab

„Diesmal müssen wir bis zum Ende gehen“

Israels Botschafter in Deutschland, Ron Prosor, warnte vor einer Ausbreitung des Terrors der Hamas. Oft werde vor einem Flächenbrand durch den Nahostkonflikt gewarnt, sagte Prosor auf der Kundgebung. Aber auch in Deutschland müsse ein Flächenbrand verhindert werden, „sonst kommt der Terror aus dem Gazastreifen auch in Deutschland an“, sagte Prosor angesichts der antisemitischen Ausschreitungen in Deutschland der vergangenen Tage. Prosor kündigte an: „Wir müssen jetzt im Gazastreifen die gesamte Infrastruktur des Terrors beseitigen - und wenn wir das tun, möchte ich wirklich kein „Ja, aber“ mehr hören“, er sagte: „Diesmal müssen wir bis zum Ende gehen.“

Politiker von CDU und FDP fordern härtere Migrationspolitik

Die Solidaritätskundgebung stand unter dem Motto „Aufstehen gegen Terror, Hass und Antisemitismus - in Solidarität und Mitgefühl mit Israel“. Sie wurde von einem breiten Bündnis aus Politik, Kirchen und Verbänden organisiert. Dazu gehören CDU, SPD, Grüne, FDP und Linkspartei, die katholische und die evangelische Kirche, der Zentralrat der Juden in Deutschland, der Deutschen Gewerkschaftsbund, der Arbeitgeber-Dachverband BDA sowie unter anderem Campact, der Paritätische Gesamtverband, der Deutsche Naturschutzring und der muslimische Verein Alhambra. Neben vielen prominenten Rednern richteten auch Angehörige von israelischen Geiseln ihre Worte an die Teilnehmenden. Politiker von CDU und FDP fordern bei Großkundgebung eine härtere Migrationspolitik.

Festnahmen auf Pro-Palästina-Demonstration

Ab 18 Uhr sollte dann auch auf dem Bebelplatz in Mitte bis 20 Uhr an die israelischen Opfer gedacht werden. Zu der Gedenkveranstaltung unter dem Motto „Never again is now! Gedenken an die israelischen Opfer durch den Hamas-Terror“ hatte die israelische Community eingeladen. Angemeldet waren 600 Teilnehmende.

Obwohl verboten, versammelten sich bis zu 300 Menschen zur Pro-Palästina-Demonstration auf dem Potsdamer Platz.
Obwohl verboten, versammelten sich bis zu 300 Menschen zur Pro-Palästina-Demonstration auf dem Potsdamer Platz. © Kai Wielert

Nur wenige hundert Meter vom Brandenburger Tor entfernt, versammelten sich mehrere Hundert Personen auf dem Potsdamer Platz zu einer verbotenen Pro-Palästina-Demonstration. Nach Angaben einer Polizeisprecherin kamen in der Spitze zwischen 200 und 300 Personen zu der verbotenen Versammlung. Man sei konsequent gegen die Rädelsführer vorgegangen und habe diese auch vorläufig festgenommen. Andere Teilnehmende wurden von der Polizei angesprochen und man habe sie auf das Verbot der Versammlung hingewiesen.