Berlin. Mit dem Iron Dome wehrt Israel seit Jahren Raketenangriffe ab. Experten warnen jedoch. Wo liegen die Grenzen des Systems?
Mit Hunderten Geschossen hat der Iran in der Nacht zum Sonntag Israel beschossen. Nach bangen Stunden gab die israelische Armee am Sonntagmorgen dann bekannt, dass der Angriff „vereitelt“ worden sei. Etwa 330 Drohnen und Raketen seien zu „99 Prozent“ abgefangen worden.
Laut Angaben der israelischen Armee seien Dutzende Geschosse von israelischen Kampfjets abgeschossen worden, von der israelischen Luftabwehr sowie „der Luftwaffe und Luftabwehr unserer Partner“. Auch von mehr als 30 Marschflugkörpern, die der Iran abgefeuert habe, sei keiner nach Israel eingedrungen.
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Welche Abwehrsysteme konkret zum Einsatz kamen, dazu machte die Armeeführung zunächst keine Angaben. Das wichtigste Element bei der Verteidigung Israels gegen Luftschläge ist aber zweifelsohne der Iron Dome. Wie funktioniert die „Eiserne Kuppel“? Die wichtigsten Informationen zum Abwehrschild Israels im Überblick.
Israels Raketenabwehr: Wie funktioniert der Iron Dome?
Der Iron Dome ist ein Flugabwehrsystem, das anfliegende Artillerieraketen, Mörsergranaten, Mittelstreckenraketen und Drohnen aus kurzer bis mittlerer Entfernung erkennen und abfangen kann.
Der Abwehrschild besteht aus mindestens zehn Systemen mit jeweils einem Radar, einer Kontrolleinheit und drei Startvorrichtungen mit 20 Abwehrraketen vom Typ Tamir. Das Radar erkennt anfliegende Raketen und gibt die Information an den Raketenwerfer weiter. Dieser feuert dann eine Abfangrakete ab, um das feindliche Geschoss noch in der Luft zu zerstören.
Durch den mobilen Aufbau des Abwehrsystems können die Einheiten rasch in andere Regionen Israel verlegt werden. Der Einsatz des Iron Domes soll bei jedem Wetter möglich sein.
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Der Iron Dome wurde von der Firma Rafael Advanced Defense Systems Ltd. entwickelt, die als Teil der wissenschaftlichen Abteilung der israelischen Streitkräfte IDF 1948 gegründet wurde. Auf der Webseite des Herstellers wird die Erfolgsgeschichte der „Eisenkuppel“ gefeiert. Über zweieinhalb Jahre sei das System entwickelt worden, bevor es im Jahr 2010 in Dienst gestellt wurde. Auch die US-Streitkräfte habe man schon beliefert. Die Herstellung eines kompletten Abwehrsystems kostet rund 100 Millionen US-Dollar.
Iron Dome: Hohe Kosten – Stückpreis für Israels Militär eine Herausforderung
Die Kosten eines einzelnen Iron-Dome-Abfanggeschosses vom Typ Tamir belaufen sich der in Washington ansässigen Denkfabrik Center for Strategic and International Studies zufolge auf zwischen 40.000 bis 50.000 US-Dollar (umgerechnet rund 37.500 bis 46.900 Euro). Das stellt das israelische Militär vor ein Problem: Angegriffen wird Israel meist von Eigenbauraketen islamistischer Terroristen, deren Stückpreis um ein Vielfaches günstiger sein dürfte.
Auf Dauer erhalten die Gegner Israels damit einen strategisch-finanziellen Vorteil. Die Lösung: Der Iron Dome berechnet in Sekundenschnelle die Flugbahn der feindlichen Geschosse. Ist absehbar, dass eine Rakete in unbewohntes Gebiet niedergeht und damit keine Menschenleben gefährdet werden, lässt die „Eiserne Kuppel“ das Geschoss durch.
Bei den in der Nacht zum Sonntag vom Iran eingesetzten Drohnen handelt es sich wiederum mutmaßlich um iranische Kamikaze-Drohnen vom Typ Shahed 136, unbemannte Waffensysteme mit einer Reichweite von etwa 2500 Kilometern. Angaben über ihre Kosten schwanken massiv: Die Rede ist einerseits von 20.000 US-Dollar, an anderer Stelle wird von mehr als 190.000 US-Dollar gesprochen.
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Probleme des Iron Domes: Nachschub für Raketenwerfer dauert zu lange
Die maximale Reichweite einer Abwehrrakete liegt bei 70 Kilometern. Militärexperten schätzen die effektive Reichweite des Iron Dome auf einen Radius von nur sieben Kilometern, was etwa 150 Quadratkilometern entspricht. Das bedeutet, dass einzelne Raketen den Schutzschild durchdringen können.
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Als am 7. Oktober 2023 die Hamas innerhalb weniger Stunden mehr als 3000 Raketen auf Israel abfeuerte, stieß das System an seine Grenzen. Militärexperten sprechen in diesem Zusammenhang von „Sättigung“. Zwar kann das Radar bis zu 200 anfliegende Raketen gleichzeitig erfassen, doch müssen die Raketenwerfer nach jeweils 20 Schuss nachgeladen werden.
Auch der Nachschub an Raketen ist begrenzt: Derzeit werden die Iron-Dome-Raketen nur in den USA und in Israel hergestellt. Anders als in der Ukraine, wo Flugabwehrsysteme aus deutscher Produktion im Einsatz sind, kann die deutsche Rüstungsindustrie hier nicht aushelfen.
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Abschussquote des Iron Dome: Harmlose Raketen werden ignoriert
Umstritten ist die Abfangquote des Iron Dome. Während einige Experten von einer Trefferquote von 90 Prozent sprechen, gibt es auch Kritiker, die von einer deutlich geringeren Erfolgsquote ausgehen. Reuven Pedatzur etwa, ehemaliger Pilot der israelischen Luftwaffe und Militäranalyst, steht den offiziellen Zahlen skeptisch gegenüber. Nachdem er mehrere Videos gesehen hat, glaubt er, dass die meisten Explosionen von Iron-Dome-Raketen sind, die sich ereignen, wenn das Abfangen fehlschlägt.
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