Hollywood. . Die Oscar-Preisträgerin Susan Sarandon ist in diesem Sommer gleich mit drei Hollywood-Filmen im Kino. Dabei ist nicht jeder Film oscarverdächtig. Sie sprach mit uns über Filmsex mit De Niro und ihre wachsende Lebenslust.
Die amerikanische Schauspielerin und Oscar-Preisträgerin Susan Sarandon („Thelma & Louise“) ist derzeit gleich mit mehreren Filmen im Kino: Die Komödie „The Big Wedding“ läuft schon seit ein paar Wochen, der Action-Thriller „Snitch“ mit Dwayne „The Rock“ Johnson ist gerade angelaufen – und im Juli folgt der neue Film von Robert Redford „The Company You Keep“. Wir sprachen mit der 66-Jährigen über ihre Rollenauswahl, das Überleben in Hollywood und Sexszenen mit Robert De Niro.
Mrs. Sarandon, wie passt denn die eher harmlose Hochzeits-Komödie „The Big Wedding“ zu Ihren Kultfilmen wie „The Rocky Horror Picture Show“ und „Die Hexen von Eastwick“, „Atlantic City“ und „Dead Man Walking – Sein letzter Gang“?
Sarandon: Leider kann man nicht immer nur Filmklassiker oder sehr außergewöhnliche Filme machen. Vor allem wenn man sich dazu entschlossen hat, seinen Lebensunterhalt als Schauspieler zu verdienen. Aber es gab schon einige Gründe, warum ich bei diesem Film mitmachen wollte. Er wurde in der Nähe von New York – also quasi vor meiner Haustür – gedreht. Dann stand ich noch nie mit Diane Keaton und Robert De Niro gemeinsam vor der Kamera. Und ich hatte ganz sicher noch nicht diese ganz besondere Küchen-Erfahrung.
Sie sprechen von der Sex-Szene mit Robert De Niro?
Sarandon: (Lacht) Richtig! Einen Film, bei dem ich „Küche“, „Robert De Niro“ und „Cunnilingus“ in einem Satz sagen kann, den wollte ich mir auf keinen Fall entgehen lassen.
Sie gehören zu den wenigen Hollywoodstars, die sich nie scheuten, im Film auch mal nackt zu sein.
Sarandon: Ich konnte mit dieser lebenslustfeindlichen Prüderie noch nie etwas anfangen – sei es vor oder abseits der Kamera. Das heißt allerdings nicht, dass ich mir bei jeder Gelegenheit die Kleider vom Leib reiße – im Gegenteil: Es muss schon dramaturgisch Sinn machen.
Sie gehören zu den ganz wenigen Frauen in Hollywood, die der branchenüblichen Stereotypisierung und dem Alters-Stigma ein Schnippchen geschlagen haben . . .
Sarandon: (Lacht) Zum Glück gibt es tatsächlich noch ein paar Frauen über 22, die in Hollywood beschäftigt werden! Aber glauben Sie jetzt bloß nicht, dass sich da in den Köpfen der Studio-Bosse etwas verändert hat. Die Filmindustrie ist nach wie vor auf Jugend getrimmt. Das ist einerseits verständlich, andererseits . . . Ach, ich will mich nicht beklagen. Auch Männer, die in die Jahre gekommen sind, haben es – von berühmten Ausnahmen abgesehen – in der Filmindustrie nicht gerade leicht, wirklich gute Rollen zu bekommen. Als Filmschauspielerin in Hollywood zu überleben ist hart!
Susan Sarandon - „Ich hatte unheimlich viel Glück“
Warum haben Sie Ihre 28-jährige Tochter Eva eigentlich nicht davon abgehalten Schauspielerin zu werden?
Sarandon: Ich hätte mir schon gewünscht, dass Eva einen anderen Beruf ausübt. Sie ist sprachlich sehr begabt, also dachte ich lange, sie wird vielleicht Dolmetscherin. Aber als ich sah, dass sie es wirklich ernst mit der Schauspielerei meint, habe ich sie natürlich aus ganzem Herzen unterstützt. Schauspieler sollte wirklich nur der werden wollen, der nicht anders kann. Den es dazu drängt, wie zum Beispiel ein Maler, der eben jeden Tag malen muss. Wer nur auf Geld und Ruhm aus ist, sollte besser die Finger davon lassen.
Was hat Ihnen bei Ihrer Karriere – außer Talent – noch geholfen, eine so erfolgreiche Schauspielerin zu werden?
Sarandon: Glück! Ich hatte unheimlich viel Glück. So vieles hängt doch vom Zufall ab. Die richtigen Leute zur richtigen Zeit zu treffen. Talent, Disziplin, Instinkt – das gehört sicher alles dazu. Aber wenn man kein Glück hat, dann nützt einem das alles nichts. Vielleicht hat mir auch geholfen, dass ich das Karrieremachen nicht so wahnsinnig verbissen gesehen habe. Ich war damals ja noch sehr jung und habe mich vor allem einmal ausgetobt. Sie dürfen nicht vergessen, dass ich meine Teenager-Jahre auf einer katholischen Mädchenschule verbracht habe. Und mit 20 war ich schon zum ersten Mal verheiratet. Es hat also eine Weile gedauert, bis ich mich emanzipiert hatte.
Emanzipiert wovon?
Sarandon: Von meiner Familie – ich war immerhin die Älteste von neun Kindern –, von meiner katholischen Erziehung, dem furchtbar veralteten Frauenbild, das damals in den Köpfen der meisten Amerikaner noch fest verankert war. Kurz: Es gab politisch und kulturell jede Menge Herausforderungen . . .
. . . die Sie alle gemeistert haben?
Sarandon: Wo denken Sie hin! Ich habe in meinem Leben schon auch große Fehler gemacht. Aber aus jeder Krise bin ich hoffentlich ein bisschen gestärkt hervorgegangen. Und zum Glück konnte ich, ganz egal was mich privat gebeutelt hat, Filme machen. Das half.
„Für mich ist das Älterwerden kein Fluch“
Haben Sie sich im Laufe der Zeit sehr verändert?
Sarandon: Ich bin erfahrener und hoffentlich reifer geworden. Ich sehe immer deutlicher, welchen Platz ich im Leben einnehme. Welche Menschen ich in mein Leben lasse – und welche nicht. Ich bin auch viel entscheidungsfreudiger geworden. Für mich ist das Älterwerden kein Fluch. Im Gegenteil – es hat mich freier und auch viel mutiger gemacht. Ich bin nicht mehr so schnell für Kompromisse zu haben. Vielleicht liegt das daran, dass ich die Zeit, die mir noch auf diesem Planeten verbleibt, noch intensiver, noch sinnlicher und noch sinnvoller verbringen möchte.
Wie oft glaubten Sie, den Sinn des Lebens schon gefunden zu haben?
Sarandon: (Lacht) Schon oft – und ebenso oft habe ich ihn dann wieder verworfen. Das Leben hat mir vor allem gezeigt, dass nichts beständig, sondern alles im Fluss ist. Es gibt zwar ein paar Konstanten in meinem Leben – meine Familie, das Filmemachen, die Tatsache, dass ich in einer Demokratie leben darf –, aber das meiste ist doch einer stetigen Wandlung unterworfen. Und damit habe ich inzwischen meinen Frieden gemacht. Denn eigentlich bin ich es doch, die immer unzufrieden war . . . und die immer noch mehr will. Das Wichtigste für mich ist Authentizität.
Ihre Lebenslust ist also nach wie vor ungebrochen?
Sarandon: Sie ist sogar noch stärker geworden. Ich fühle mich immer noch täglich vom Leben inspiriert. Vor allem auch von den Menschen, die versuchen, einen anderen Lebensstil als nur Wirtschaftswachstum und Verschwendung zu etablieren. Die umweltbewusster, nachhaltiger, verantwortungsvoller leben. Die zum Beispiel wieder ihr eigenes Gemüse, Obst und Getreide anbauen. Das ist für mich keine kitschige Landflucht, sondern der Versuch, die Vormachtstellung der großen Konzerne zu brechen. Wir – die Menschen – haben jeden Tag Verantwortung zu übernehmen, damit die Welt nicht völlig kaputt gemacht wird. Wir dürfen uns von den Mächtigen nicht korrumpieren lassen.