Dortmund. Mit Analyse-Sensoren haben die Dortmunder Motion Miners große Kunden wie DHL und Rewe gewonnen. Nun steigt PwC mit Millionen beim Start-up ein.

Die Geschäftsidee kam Sascha Feldhorst beim Joggen: Warum sollte die Funktion des Fitnesstrackers an seinem Handgelenk nicht auch in Unternehmen zum Einsatz kommen können, um die Effektivität von Arbeitsabläufen zu überprüfen, fragte er sich. Aus der Idee des damaligen Doktoranden ist inzwischen das Dortmunder Start-up „Motion Miners“ mit 64 Beschäftigten erwachsen, einem wertvollen Patent und einem Investor, der Millionen Euro mitbringt.

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Der Schlüssel zum Erfolg ist eine kleine Box mit integriertem Sensor, die an einem Schweißband befestigt die Beschäftigten in der Logistikhalle oder im Produktionsbetrieb den ganzen Tag über begleitet und jeden Handgriff oder Schritt aufzeichnet. „Man muss doch nicht den ganzen Tag dem Mitarbeitenden mit der Stoppuhr hinterherlaufen“, sagt Sascha Kaczmarek, einer der drei Gründer von Motion Miners. Denn so arbeiteten Berater bislang, die Abläufe in Betrieben genauer unter die Lupe nehmen. Das Start-up setzt statt der Stoppuhr auf moderne Sensortechnik, die Daten automatisch aufzeichnet – und das anonym, wie Kaczmarek versichert.

Arbeitsprozesse und Ergonomie verbessern

„Ziel von Motion-Mining ist es, die Prozesse so zu verbessern, dass man mit den wenigen Mitarbeitenden, die man hat, einen maximalen Output erreicht und gleichzeitig die Ergonomie der Arbeitsplätze in Logistik und Produktion verbessert“, sagt der Mitgründer. Die Technik hat inzwischen eine ganze Reihe namhafter Konzerne überzeugt, die zum Kundenstamm der Dortmunder zählen. Darunter sind Logistiker wie Dachser, Rhenus, DB Schenker, DHL, Hermes, Produzenten wie Miele, Jungheinrich und Skoda sowie Einzelhändler wie Rewe und Hugo Boss E-Commerce.

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„Wir zeichnen die Daten zwei bis vier Wochen lang auf. Dann werten sie unsere Prozessingenieure aus und machen Verbesserungsvorschläge“, erklärt Kaczmarek. Die Kundinnen und Kunden haben aber auch die Möglichkeit, die Technologie made in Dortmund eigenständig zu nutzen. Denn die Motion Miners fertigen ihre „Funk-Beacons“ in einer kleinen Manufaktur selbst. Um erst gar keine Zweifel am Datenschutz aufkommen zu lassen, können die Beschäftigten während der Analysephase täglich aus einer Vielzahl von Beacons auswählen, die sie sich an den Arm schnallen. Kaczmarek spricht von einem „kontinuierlichen Verbesserungsprozess“ in den Unternehmen. „Es empfiehlt sich, die Daten ein- bis zweimal pro Jahr zu erheben.“

Die Gründer von Motion Miners: v.l.  René Grezeszick, Sascha Feldhorst und Sascha Kaczmarek.
Die Gründer von Motion Miners: v.l.  René Grezeszick, Sascha Feldhorst und Sascha Kaczmarek. © Motion Miners | MotionMiners GmbH

Zu verbessern scheint es immer etwas zu geben. „Manchmal reicht schon die Anschaffung eines Walkie-Talkie, damit die Beschäftigten nicht immer zum Schichtleiter laufen müssen, wenn es etwas zu besprechen gibt“, erzählt der Mitgründer. Die Auswertung der Daten führt aber auch oft dazu, dass die Dortmunder veränderte Routenstrategien empfehlen oder ganz neue Organisationsformen. „In anderen Fällen genügt es, zusätzliche Drucker anzuschaffen, um weite Wege zu vermeiden“, so Kaczmarek. „Das größte Problem ist die Verschwendung von Zeit durch unnötige Wege und Wartezeiten.“

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Die Analysetechnik der Motion Miners nutzen inzwischen nicht nur namhafte Unternehmen. Bei einer Finanzierungsrunde vor einigen Wochen konnte das erst im Jahr 2017 mit drei Beschäftigten gegründete Start-up einen Investor gewinnen, der in der Szene als „Knaller“ gilt. Die renommierte Wirtschaftsprüfungs- und Beratungsgesellschaft PwC hat angekündigt, sich an der Dortmunder Firma zu beteiligen und die stattliche Summe von mehr als fünf Millionen Euro bereitzustellen.

Motion Miners wollen in drei Jahren profitabel sein

Matthias Odrobina, Geschäftsführer der PwC Holdings Germany GmbH, ist von der innovativen Kraft des Start-ups überzeugt. Die Motion Miners seien ein „Treiber der digitalen Transformation bei Industrieunternehmen“. Neben den drei Gründern und PwC gehören der Fraunhofer Technologie-Transfer Fonds, die Zu Na Mi GmbH und das TKM Familiy Office zu den Anteilseignern.

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Mit dem begehrten Partner PwC an Bord wollen die Motion Miners ihren Wachstumskurs – auch im Ausland – fortsetzen und nach den kapitalintensiven Jahren des Aufbaus die Gewinnzone anpeilen. „Wenn man wie wir den Wachstumskurs mit Risikokapital finanziert, schreibt man in der Regel keine schwarzen Zahlen“, räumt Kaczmarek offen ein und zeigt sich optimistisch: „Wir wollen in den nächsten drei Jahren profitabel sein.“ Mitgründer Feldhorst ist davon überzeugt, dass das PwC-Netzwerk von 300.000 Beraterinnen und Beratern dabei behilflich sein könne.

„Aus Dortmund wollen wir nicht weg“

Ihre Pläne wollen die jungen Unternehmer vom Technologiezentrum Dortmund aus verwirklichen. Daran lassen sie keinerlei Zweifel. In ihren Büros wird es allmählich eng. Deshalb würden sie gern in einen geplanten Neubau am Campus umziehen, der aber erst 2025 fertiggestellt sein soll. „Aus Dortmund wollen wir nicht weg. Wir und unsere Familien sind hier verwurzelt“, unterstreicht Kaczmarek. „Die Nähe zur TU Dortmund und zum Fraunhofer-Institut für Materialfluss und Logistik zahlt sich für uns aus. Im Ruhrgebiet werden wir gut wahrgenommen. Das ist in anderen Metropolen anders.“

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Bei so viel Heimatverbundenheit wirkt es wie eine Randnotiz, dass vor allem auswärtige Financiers auf die Motion Miners aufmerksam geworden sind. „Von unseren Investoren hat nur einer seinen Sitz in NRW. Viele Venture-Capital-Geber sitzen in Metropolen wie München, Frankfurt oder Berlin“, sagt Sascha Feldhorst. „In NRW und speziell im Ruhrgebiet können wir dagegen von den guten Köpfen und den bezahlbaren Lebenshaltungskosten profitieren.“

>>> Neue Plattform

Die Motion Miners haben eine Plattform zur digitalen Prozessberatung, die sie erstmals auf der Messe Logimat in Stuttgart vom 25. bis 27. April vorstellen wollen. Die kostenlose Software soll Prozessplanern Lösungsvorschläge machen und sie mit geeigneten Anbietern verknüpfen.