Essen. Steigende Nebenkosten und Mieten führen bei Mietern zu Angst und Wut, sagt die Duisburger Anwältin Sonja Herzberg. Im Podcast gibt sie Tipps.
Jahrelang hatte der Mieterbund Rhein-Ruhr unter Mitgliederschwund gelitten. Mit den stark steigenden Heizkosten und Mieten hat sich der Trend völlig gedreht. Das Telefon der Vorständin und Duisburger Fachanwältin für Miet- und Wohnungseigentumsrecht, Sonja Herzberg, steht nicht mehr still. Im
erklärt die Juristin, wie Mieter auf hohe Nachzahlungsforderungen bei Nebenkosten und Mietanhebungen reagieren sollen und warum sie die Umlage der Grundsteuer auf Mieterinnen und Mieter für ungerecht hält.
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„Wir haben sehr viel zu tun. Die Verunsicherung bei den Mieterinnen und Mietern ist immens“, sagt Herzberg. „Es kommen Menschen zu uns aus allen Schichten. Sie sind besorgt, haben Angst und reichen uns die Nebenkostenabrechnungen ein.“ Der Mieterbund Rhein-Ruhr deckt bei der Beratung das westliche Ruhrgebiet und den Niederrhein ab. Bei den Gesprächen, berichtet die Anwältin, komme es nicht nur auf die juristische Einschätzung an. „Die Leute brauchen unheimlich viel auch emotionale Unterstützung. Aus der Überforderung entsteht auch Wut. Wir versuchen, die Menschen aufzubauen“, erklärt Herzberg.
Sonja Herzberg: Aus Überforderung entsteht auch Wut
Auf Mieterinnen und Mieter prasseln im Moment gleich mehrere Herausforderungen ein: Nachzahlungen für 2022, die Neuberechnung der Abschläge für Strom und Wärme 2023, die Preisbremse der Bundesregierung, die Umlage der Kosten für energetische Sanierungen und nicht zuletzt die seit Jahren ohnehin steigenden Mieten.
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„Die Preisbremse ist zu begrüßen“, sagt Herzberg und nimmt die Politik dafür ausdrücklich in Schutz, auch wenn die Regelungen kompliziert sind. Für private Haushalte hat die Bundesregierung den Preis für Erdgas auf zwölf Cent pro Kilowattstunde, für Fernwärme auf 9,5 Cent gedeckelt. Das gilt aber nur für 80 Prozent des Verbrauchs auf dem Stand von September 2022.
Nebenkostenabrechnungen im Zweifel prüfen lassen
Nun ist es an den Energieversorgern, die Preise neue zu berechnen. Nach Einschätzung der Mieterschützerin haben längst noch nicht alle Haushalte entsprechende Informationen erhalten. Und da, wo sie vorliegen, gebe es „die absurdesten Berechnungen, die uns offenbart werden“, so Herzberg. Ob Nachforderungen oder neue Abschläge für die Heizkosten – die Vorständin des Mieterbundes Rhein-Ruhr rät in jedem Fall dazu, genau hinzusehen, die Vorjahresverbräuche zu vergleichen und die Abrechnungen im Zweifel von Mieterschützern prüfen zu lassen, wenn der Aufpreis mehr als 20 Prozent betrage. „Auch bei Guthaben“, wie die Anwältin betont. Denn auch Rückerstattungen könnten zu gering bemessen sein.
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Ausdrücklich warnt Herzberg davor, zu hohe Erwartungen in die gesetzlich zugesicherte Erstattung des Abschlags für Dezember und das rückwirkende Greifen der Preisbremse für Januar und Februar 2023 zu setzen. Zum einen müssten Mieterinnen und Mieter „viel Geduld“ aufbringen, bis sie über das Geld verfügen können. Zum anderen seien am Ende keine großen Beträge zu erwarten.
Mieterschützerin rät zum Notgroschen
„Bei durchschnittlichen Wohnungen wird es eine Rückzahlung von 70 bis 100 Euro geben“, kalkuliert die Anwältin. „Mit wesentlich mehr rechne ich nicht.“ Deshalb rät Herzberg dringend dazu, einen „Notgroschen“ für steigende Energiekosten an die Seite zu legen. Und: „Ich sage auch etwas Unbequemes. Wir wollen ja auch diesen Planeten schützen. Deshalb empfiehlt es sich, die Heizung herunterzudrehen, auch wenn es schwer fällt.“
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Herzberg zeigt sich aber auch besorgt über die steigenden Mieten, die selbst das bislang als günstig geltende Ruhrgebiet erfasst haben. „Es gibt noch gute Mieten und die Möglichkeiten, Ersatzwohnungen zu finden – aber immer weniger“, sagt sie. Es seien schlichtweg zu wenige günstige Wohnungen gebaut worden.
Herzberg hält die Grundsteuer für ungerecht
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Um eine weitere Belastung von Mieterinnen und Mietern zu verhindern, nimmt Herzberg die von Kommunen erhobene Grundsteuer ins Visier: „In den letzten zehn Jahren sind die Kosten extrem gestiegen. Nicht nur im Bereich der Heizkosten, auch die Grundsteuer ist stetig gestiegen. Mieter können überhaupt nicht verstehen, warum sie eine Steuer bezahlen müssen, die sich auf das Eigentum des Vermieters bezieht“, kritisiert die Juristin und macht einen Vorstoß: „Ich meine, dass da gesetzgeberisch nachgebessert werden müsste. Da haben Mieterinnen und Mieter sehr bluten müssen. Ich finde das ungerecht. Der Gesetzgeber hat das den Mietern aufgebürdet.“
Wegen der Feiertage geht der Podcast erst am Karfreitag, 7. April, online: www.waz.de