Gelsenkirchen. Gelsenkirchener Schlauchhersteller Masterflex will Produktion ausweiten. USA und Singapur locken mit niedrigem Strompreis und Subventionen.

Schläuche der Gelsenkirchener Masterflex-Gruppe finden sich in allen Lebensbereichen. Allein der normale Gartenschlauch gehört nicht zur Produktpalette des Traditionsunternehmens. Die weltweite Nachfrage ist so groß, dass Masterflex die Produktion in Deutschland ausweiten und rund 80 zusätzliche Arbeitsplätze schaffen will. Doch das Management hat auch verlockende Angebote aus den USA und Singapur. Und es hadert mit hohen Strompreisen und der nur langsam anlaufenden Energiewende.

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„In Profi-Kaffeemaschinen ist die Wahrscheinlichkeit sehr hoch, Schläuche von Masterflex zu finden. Wir beliefern zudem Branchen wie Medizin, Luftfahrt, Automotive, Maschinenbau und die Chipindustrie“, sagt Unternehmenschef Andreas Bastin. Die Gelsenkirchener haben sich auf dem Weltmarkt für Spezialschläuche eine führende Position erarbeitet. 600 Mitarbeitende haben an 13 Standorten zuletzt rund 100 Millionen Euro Umsatz erwirtschaftet.

Masterflex: börsennotiert und in der Hand von fünf Familien

Bastin lässt erst gar keinen Zweifel aufkommen, dass man zu seinen Wurzeln im Ruhrgebiet stehe. „Masterflex ist an der Börse gelistet. Aber mehr als die Hälfte der Anteile gehören fünf Unternehmerfamilien“, sagt der geschäftsführende Gesellschafter und betont: „Unsere Schläuche entwickeln wir ausschließlich in Deutschland.“ Am Sitz nahe des Gelsenkirchener Zoos steht nicht nur die Zentrale. Hier werden auch Schläuche für die Robotik und die Chemieindustrie produziert. Aus Hamburg kommen alle Verbindungen für Luftfahrt, Autozulieferer, Bahn und Elektromobilität.

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Dritter deutscher Fertigungsstandort ist Halberstadt in Ostdeutschland, wo Masterflex Schläuche für die Medizintechnik produziert. „Wir überlegen gerade, in unserem Werk in Halberstadt eine Kapazitätserweiterung vorzunehmen. Das würde rund 80 neue Arbeitsplätze bedeuten“, erklärt Bastin. Doch mit der Investitionsentscheidung tut sich das Unternehmen schwer. „Betriebswirtschaftlich spricht alles dafür, diese Investition in Deutschland zu tätigen. Es gibt aber keinerlei öffentliches Konzept einer künftigen sicheren Energieversorgung“, äußert der Geschäftsführer Zweifel. Zumal Masterflex bei der Produktion sehr viel Strom benötige. „Mit Photovoltaik können wir aktuell rund 30 Prozent unseres Bedarfs decken“, so Bastin.

Unternehmen fehlt Abschätzbarkeit des Strompreises

Auf der anderen Seite sei für das Unternehmen aktuell nicht abschätzbar, „wie viel wir in fünf Jahren für Strom zahlen müssen und vor allem, ob überhaupt ausreichend Energie zur Verfügung stehen wird. Der Ausbau der Erneuerbaren Energien und der Netze müsste viel schneller voran gehen“, fordert der Masterflex-Chef. Hinzu komme der Fachkräftemangel, der rund um das Werk in Sachsen-Anhalt besonders hoch sei, weil der Technologiekonzern Intel in Magdeburg eine Chipfabrik plant.

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„Für uns stellt sich die Frage, ob wir nach dem Prinzip ,Augen zu und durch‘ in Deutschland investieren – oder ins Ausland schauen“, nennt Bastin zwei Optionen. „Die Angebote, die wir aus Singapur erhalten, sind gut. Und auch in den USA würden wir hohe Subventionen erhalten und deutlich weniger Steuern zahlen müssen.“ Die Kostendifferenz zu Asien oder den USA, die sich für die Gelsenkirchener auftue, sei „immens“.

ASEAN-Staaten Vietnam und Thailand im Blick

In den Vereinigten Staaten betreibt Masterflex längst sein größtes Werk. Auch in China ist das Unternehmen vertreten. Bastin betont allerdings, dass man von dort aus allein den asiatischen Markt mit Schläuchen versorge. „Die Debatte um eine zu große Abhängigkeit Deutschlands von China sehen wir deshalb relativ entspannt“, meint der Geschäftsführer. „Eine größere Herausforderung käme allerdings auf uns zu, wenn es zu einem Wirtschaftskrieg oder einem Militärkonflikt mit einer entsprechenden Sanktionswelle kommen sollte.“

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Masterflex ist darüber hinaus auch in Singapur präsent. Das Land gehört zu den zehn ASEAN-Staaten im Südosten Asiens. Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) hatte erst im Dezember betont, die ASEAN-Staaten seien „Partner für uns, mit denen uns viel verbindet“. Die Bundesregierung wolle deshalb „die Partnerschaft vertiefen und etwa beim Klimaschutz und der Sicherheit noch enger kooperieren“. Die Aufforderung des Kanzlers trifft bei Masterflex auf offene Ohren. Unternehmenschef Bastin sagt: „Wir verdienen gutes Geld in Asien und loten aus, wo wir außerhalb Chinas wachsen können. Dabei haben wir auch Vietnam und Thailand im Blick.“

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Die ASEAN-Staaten Brunei, Indonesien, Kambodscha, Laos, Malaysia, Myanmar, Philippinen, Singapur, Thailand und Vietnam gelten als wichtige Alternative, um die Abhängigkeit der deutschen Wirtschaft von China zu verringern. „Da ist noch großes Potenzial“, sagt Gerd Laudwein, Außenhandelsexperte bei der IHk Nord Westfalen. Die Wirtschaft in Südostasien wachse dynamisch und aktuell gingen nur knapp zwei Prozent der NRW-Exporte in diese Region.

Wie der Markteinstieg gelingen kann und welche Chancen die zehn südostasiatischen Länder bieten, will die Industrie- und Handelskammer Nord Westfalen in Kooperation mit der Landesgesellschaft NRW. Global Business beim NRW-ASEAN Summit am 20. April in Gelsenkirchen diskutieren. In der Veltins-Arena werden dann von 12.30 bis 18 Uhr alle Staaten vertreten sein. Auch NRW-Wirtschaftsministerin Mona Neubaur (Grüne) hat ihr Kommen zugesagt.

Anmeldung unter www.ihk.de/nw/nrw-asean-summit.