Essen. Keine neuen Gas- und Öl-Heizungen mehr ab 2024: Experten in NRW kritisieren den Vorschlag aus Berlin. Heizungsbauer sind geteilter Meinung.

Nicht zu schaffen, unrealistisch, zu überstürzt – der Plan aus dem Bundeswirtschaftsministerium, ab 2024 den Einbau neuer Gas- und Ölheizungen weitgehend zu verbieten, kommt bei den meisten Praktikern in NRW gar nicht gut an. Handwerker und Eigentümer befürchten vor allem, dass sich die fossilen Heizungen so schnell nicht ersetzen lassen, mancher freut sich aber auch über die Initiative von Minister Robert Habeck (Grüne).

Ein Gesetzentwurf sieht vor, dass ab dem kommenden Jahr nur noch Heizungen eingebaut werden, die Wärme aus „mindestens 65 Prozent erneuerbare Energien“ herstellen. Das gilt für Heizungen in Neubauten ebenso wie für alte Anlagen, die nach 30 Jahren ausgetauscht werden müssen. Für herkömmliche Gas- und Ölheizungen bedeutet das absehbar das Aus. Ob es dazu wirklich kommen wird, ist noch offen, bisher sind die die Ressorts der Regierung darüber nicht einig. Doch haben die Pläne nicht nur die Opposition, sondern vor allem Immobilienbesitzer, Energieberater und Heizungsbauer aufgeschreckt. Selbst innerhalb der Branche gehen die Meinungen allerdings auseinander.

Heizungsbauer sehen große Probleme in der Umsetzbarkeit

Michael Rawe, Heizungsbauer in Recklinghausen, findet Habecks Vorstoß grundsätzlich positiv: „Nachdem bei der Wärmewende jahrelang fast nichts gemacht wurde, ist jetzt Druck auf dem Kessel“, sagt er – und findet’s gut. Denn, dass CO2 auch beim Heizen gespart werden müsse, sei jedem klar, nur scheuten viele eine schnelle Veränderung. Dass die Wärmewende nun „etwas plötzlich“ forciert wird, schaffe aber natürlich auch Probleme, vor allem Engpässe bei Fachkräften und in der Produktion von Wärmepumpen, die nun sehr schnell hochgefahren werden müsse.

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„Klimaschutz ist wichtig, deshalb haben Heizungsbauer übrigens schon vor 25 Jahren gefordert, dass es Alternativen zu Gas- und Ölheizungen geben muss“, sagt auch Martin van Beek, Heizungsbauer und Vorstandsmitglied bei der Innung für Sanitär- und Heizungstechnik (SHK) in Essen. Doch in der Kürze und vor allem zu Zeiten von steigenden Zinsen und Inflation, sehe er keine passende Lösung für die Umsetzung. „Allein in Essen ist die Anbringung von Wärmepumpen bei rund 80 Prozent der Haushalte technisch gar nicht möglich“, sagt er. „Und selbst wenn es möglich wäre, ständen uns die Lieferengpässe im Weg.“

Hohe Beschaffungskosten, günstiger im Verbrauch

Hinzu kämen die hohen Kosten, vor denen viele seiner Kundinnen und Kunden zurückschrecken würden. Denn, während die Anbringung einer Öl- oder Gasheizung rund 5.000 bis 7.000 Euro koste, läge man bei einer Wärmepumpe bereits bei 15.000 Euro. „Die Rahmenbedingungen stimmen einfach noch nicht, um uns vom Gas zu verabschieden und das wird sich in den nächsten 20 bis 25 Jahren auch nicht ändern“, meint van Beek. Kollege Michael Rawe betont dagegen, dass Wärmepumpen auf Dauer wegen des günstigeren Verbrauchs in den meisten Fällen günstiger als Gasheizungen seien.

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Bei Neubauten sieht Rawe dem Verbot entspannt entgegen: „Bei Neubauten spielt Gas gar keine Rolle mehr“, sagt der Obermeister der Fachinnung Sanitär-Heizung-Klima in Recklinghausen. Sein Team baut in neue Häuser vor allem Wärmepumpen ein, aber auch Blockheizkraftwerke, Brennstoffzellen und Holzpelletanlagen. Viele, die bauen, wollten sich möglichst unabhängig machen, „idealerweise mit dem eigenen Solarstrom kochen, backen, heizen und das Auto laden“, sagt Rawe.

Die mit Abstand meisten Anlagen baut er aber in Bestandshäuser ein, in Deutschland gebe es rund zwei Millionen Heizanlagen, die älter vor 1993 gebaut wurden und ausgetauscht werden müssten. Hier seien Hybridanlagen aus einer Wärmepumpe und Gasheizung sehr gefragt. Allerdings rechnet Rawe damit, dass in diesem Jahr nun viele Menschen noch schnell eine neue Gasheizung bestellen werden, auch wenn ihre Anlage noch keine 30 Jahre alt ist.

Verbände üben scharfe Kritik an Habecks Plänen

Scharfe Kritik am Vorschlag übt der Eigentümerverband Haus & Grund Rheinland Westfalen. Die Regel, dass jede neu eingebaute Heizung zu 65 Prozent mit erneuerbaren Energien betrieben werden muss, komme einem Verbot für Öl- und Gasheizungen gleich. Verbandsdirektor Erik Uwe Amaya sagt gegenüber dieser Redaktion: „Das ist absolut nicht technologieoffen, denn dadurch würde auch Infrastruktur zerstört, die zum Beispiel für Wasserstoff genutzt werden könnte.“

Er bezweifelt, dass sich der Vorschlag umsetzen lässt. Als Alternativen für Öl- und Gasheizungen sind zum Beispiel Wärmepumpen, Fernwärmeanlagen oder Biomasseheizungen denkbar. Amaya erkennt dabei mehrere Probleme: „Derzeit dauert es oft über ein Jahr, bis eine Wärmepumpe geliefert wird. Die Nachfrage ist hoch, das Material aber nicht vorhanden.“ Gerade in ländlichen Regionen mangele es zudem an Fernwärmeleitungen, an die Anlagen angeschlossen werden könnten.

Handwerkspräsident: Das geht nicht über Nacht

Ähnlich kritisiert den Vorstoß auch Berthold Schröder, Präsident der Handwerkskammer Dortmund und des Westdeutschen Handwerkskammertags (WHKT). Einige Gebäude seien nicht für Wärmepumpe geeignet und müssten zunächst saniert werden, „damit die Energiekosten nicht durch die Decke gehen.“ Dabei mangele es an Wärmepumpen auf dem Markt und an passenden Handwerkern. Daher meint Schröder: „Eine so enorme Umstellung kann nicht über Nacht passieren.“

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Aus diesen Gründen bezweifelt auch Energie-Experte Reinhard Loch von der Verbraucherzentrale NRW, dass ab 2024 nur noch Heizungen mit regenerativen Energiequellen verbaut werden können. 2022 seien über 500.000 neue Gaskessel eingebaut worden. Wenn es nach dem Gesetzesentwurf geht, müssten ab dem nächsten Jahr ebenso viele Wärmepumpen oder andere Alternativheizungen installiert werden. Loch glaubt: „Das schafft das Handwerk nicht.“