Bochum. Haus & Grund wirbt bei Eigentümern für das Heizen mit Erdwärme. Professoren erklären, warum sich die Investition in tiefe Löcher rechnet.

Die Frage, wie Wohnhäuser ohne den Einsatz von Gas, Öl und Kohle beheizt werden können, treibt nicht nur große Immobilien-Konzerne um. Der Eigentümerverband Haus & Grund will bei seinen Mitgliedern gezielt für das Zukunftsthema Erdwärme werben. Unterstützung erhält er von Wissenschaftlern der Hochschule Bochum.

Walter Eilert kennt sich in seiner Heimatstadt Bottrop besonders gut aus. Dort hatte es einmal ein Erdwärme-Projekt gegeben. Danach hat der Vorsitzende des Landesverbands Haus & Grund Ruhr aber nicht mehr viel von weiteren Initiativen gehört. „Geothermie ist ein weiterer Baustein der alternativen Energiequellen. Die Technik ist verwandt mit dem Bergbau. Deshalb ist es naheliegend, dass wir als Landesverband Ruhr von Haus & Grund als einer der ersten das Thema Geothermie nach vorn bringen wollen“, sagt Eilert.

Um sich wissenschaftlichen Rat zu holen, musste der Vorsitzende gar nicht weit fahren. An der Hochschule Bochum beschäftigt man sich intensiv mit Energietechnik für Gebäude und insbesondere mit Geothermie. Seit rund einem Jahr gibt es dort auch den Studiengang Regenerative Energietechniken. „Das ist unser Beitrag gegen den eklatanten Fachkräftemangel“, erklärt Michael Rath, Leiter des Kompetenzcenters integrierte Gebäudeenergietechnik.

Lange Wartezeiten bei Bohrfirmen

Denn ein Jahr nach Beginn des russischen Angriffskriegs auf die Ukraine und dem danach einsetzenden Gaspreisschock wächst die Nachfrage nach alternativen Formen des Heizens. „Bei den Bohrfirmen gibt es aktuell längere Wartezeiten, weil es nicht genug von ihnen gibt“, nennt Rath nur eine Folge. Denn wer die Wärme de Erde nutzen will, um seine Wärmepumpe anzutreiben, braucht entsprechende Löcher, über die temperiertes Grundwasser an die Oberfläche befördert wird.

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„In zehn Metern Tiefe sind es je nach Region etwa neun Grad. Wenn man tiefer bohrt, wird der Untergrund im Mittel pro 100 Meter drei Grad wärmer“, stellt Bastian Welsch eine Faustformel auf. Der auf Geothermie spezialisierte Professor hat den Überblick über die aktuelle Lage im Lande. „In rund 50 Prozent der neu gebauten Wohnhäuser in NRW werden aktuell Wärmepumpen eingebaut. In einem Drittel der Fälle setzen die Eigentümer auf Geothermie“, sagt er. Eine klare Mehrheit von rund zwei Drittel nutze die Wärme der Außenluft, die im Winter naturgemäß recht kalt sei. „Deshalb braucht es dabei mehr Strom als bei geothermisch betriebenen Wärmepumpen“, stellt Welsch einen Vorteil der Erdwärme heraus.

Investition: 100 Euro pro Meter

Sie zu nutzen, erfordert allerdings Investitionen. „Für das Bohren und den Ausbau der Bohrung fallen aktuell etwa 100 Euro pro Meter an“, berichtet der Professor. Für eine Sonde, die 100 Meter weit in die Tiefe ragt, müssten demnach 10.000 Euro Kosten einkalkuliert werden. „Allerdings ist die staatliche Förderung auch fünf Prozent höher“, unterstreicht Welsch.

Die Kosten müssen Häuslebauer nicht unbedingt allein schultern. „Eigentümer in der Nachbarschaft können sich auch zusammenschließen und Bohrlöcher gemeinsam nutzen“, regt Wissenschaftler Rath an. Trotz der finanziellen Belastung ist er davon überzeugt, dass sich Geothermie rechnen kann. „Die Nutzung von Erdwärmepumpen ist auch deshalb sinnvoll, weil wir mit der gleichen Menge Strom mehr Wärme bereitstellen können als mit einer Luftwärmepumpe“, sagt er.

Wärmepumpe: Geothermie spart beim Stromverbrauch

Die Nutzung der Geothermie, davon sind die Wissenschaftler überzeugt, könne dazu beitragen, den immer weiter steigenden Strombedarf zu drosseln. „Wir gehen davon aus, dass mindestens die Hälfte aller Haushalte in Zukunft mit Wärmepumpen versorgt werden. Wenn diese nun auf Geothermie anstatt auf Luft-Wärmepumpen setzen würden, könnten wir bundesweit auf den Betrieb von rund 2000 Windkraftanlagen verzichten, weil weniger Strom gebraucht würde“, rechnet Welsch vor.

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Für Hauseigentümer stellt sich allerdings nicht nur die finanzielle Frage. Sie benötigen auch eine Genehmigung der Unteren Wasserbehörde, bevor sie die Bohrfirma in ihren Garten bestellen können. Gefahren, die von einer Vielzahl von Löchern ausgehen könnten, sehen die Experten aus Bochum allerdings nicht. „Von den rund 400.000 Geothermie-Anlagen in Deutschland gab es bislang nur etwa zehn kritische Schadensmeldungen“, weiß Welsch. „Bei einer guten Verteilung der Bohrlöcher dürfte es keine Probleme etwa im vom Bergbau geprägten Ruhrgebiet geben.“

Nicht nur ein Thema für Neubauten

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Im Vorfeld gründlich informieren sollten sich die Häuslebauer gleichwohl. Dabei will Haus & Grund helfen. „Wir sehen uns als Multiplikator, um das Thema Geothermie privaten Eigentümern näherzubringen“, sagt Verbandsdirektor Andreas Noje. Bei einer ersten Info-Veranstaltung wollte man Mitgliedern und Interessierten Ratschläge an die Hand geben, „welche Firmen mit Erdbohrungen Erfahrung haben und wo man den Antrag auf finanzielle Förderung stellen kann“. Dabei ist dem Vorsitzenden Walter Eilert eines ganz wichtig: „Wir wollen vor allem auch Eigentümer bestehender Wohnhäuser ansprechen. Geothermie ist nicht nur ein Thema für Neubau-Projekte.“

>>> Info-Veranstaltung

Haus & Grund Ruhr und die beiden Professoren der Hochschule Bochum laden zu einer ersten Infoveranstaltung zum Thema Geothermie am Mittwoch, 22. März, um 18.00 Uhr in der Alten Börse in Bottrop, Kirchhellener Straße 10.

Eine vorherige Anmeldung unter Angabe von Namen, Telefonnummer, Anzahl der Personen und des Haus & Grund-Ortsvereins, bei dem eine Mitgliedschaft besteht, ist bis zum 8. März erforderlich unter staenner@hug-essen.de oder telefonisch unter 0201 – 810 66 16.