Essen. Globus hat in Essen seine erste Filiale im Ruhrgebiet eröffnet. Was die Saarländer anders machen und warum sie dreimal so viel Personal brauchen.

Real ist weg. Ein reiferer Mann in Bergmannstracht überreicht jedem, der seinen Einkaufswagen durch das orange-weiße Luftballon-Portal schiebt, eine Rose. Etwas sehr anbiedernd für einen Neuling im Ruhrgebiet, möchte man meinen. Doch wo die Neuen herkommen, waren die Zechen nicht weniger prägend, der freundliche Herr mit der Feder am Hut ist ein Gruß aus dem Saarland: Dort sitzt die SB-Warenhauskette Globus, die am Donnerstag in Essen ihre erste Filiale im Ruhrgebiet eröffnet hat. Es folgen weitere in Castrop-Rauxel, Duisburg und Bochum.

„Das Ruhrgebiet war flächenmäßig zu“

Der neue Globus ist: groß. Und das ist auch schon der Hauptgrund dafür, dass die besonders im Südwesten und Osten Deutschlands bekannte Handelskette bisher einen Bogen ums Revier mit seinen fünf Millionen Einwohnern gemacht hat. „Das Ruhrgebiet war flächenmäßig zu“, sagt Vertriebschef Marco Wuschisch im Gespräch mit unserer Redaktion. Denn Globus braucht Platz, viel Platz: 8000 Quadratmeter sollte die Verkaufsfläche schon haben, noch einmal soviel für das Großlager mit eigener Anlieferzone sowie die stets eigene Vorortproduktion etwa von Back- und Fleischwaren.

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Es ist mehr als selten, dass im hart umkämpften Lebensmittelhandel plötzlich ein neuer Mitspieler aufschlägt. Entsprechend neugierig schauen sich die Leute um, von denen wahrscheinlich die meisten vorher auch bei Real eingekauft haben. Die Fläche ist dieselbe, doch wer seinen Blick schweifen lässt, sieht gleich, dass Globus anders ist. Der Melonen-Stand nimmt eine Fläche ein, die einem kleinen Supermarkt für die gesamte Obst- und Gemüsetheke reicht. Die Frischeabteilung ist riesig, das Sortiment vor allem beim Gemüse sehr breit. Das ist an den Fleisch- und Käsetheken nicht anders.

Was das Globus-Konzept von Real unterscheidet

Obwohl sich die Saarländer wie Real als SB-Warenhaus verstehen, nehmen Lebensmittel vier Fünftel der 9000 Quadratmeter Verkaufsfläche ein. Real hatte je zur Hälfte Lebensmittel und Nonfood-Waren. Gewichen sind etwa Fahrräder oder große Fernseher, die Elektronikabteilung ist geschrumpft, dafür gibt es mehr Haus- und Schreibwaren. Zum Lebensmittel-Konzept gehört neben dem großen Anteil der Eigenmarke, vor Ort hergestellter Wurstwaren und eigener Bäckerei im Vergleich zu Real vor allem eine größere Tiefe im Sortiment – von der Billigware in den unteren Regalen bis zum Champagner und der Beratung durch einen Anzugträger in der Weinabteilung.

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Die Chance für den Markteintritt im Ruhrgebiet ergab sich für Globus erst aus der Zerschlagung der früheren Metro-Tochter Real durch ihre neue, russische Eigentümerin SCP. Das Kartellamt genehmigte dem Rivalen Kaufland die Übernahme von 92 Real-Filialen, Edeka erhält zunächst 51, Globus darf bundesweit 24 Real-Märkte übernehmen, plant bisher 13. Einige Real-Filialen mussten bereits schließen. „Es ist ein reiflich überlegter Schritt, in ein neues Gebiet zu gehen“, sagt Geschäftsführer Jochen Baab, ein langjähriger Rewe-Manager, der vor einem Jahr zu Globus wechselte.

Das im Revier unbekannte Familienunternehmen von der Saar

Das im Ruhrgebiet bisher weitgehend unbekannte Familienunternehmen macht vieles anders als die Handelsriesen. Zur Eröffnung im Essener Westen ist ein guter Teil der Familie Bruch angereist, die das Unternehmen seit 190 Jahren führt, Gesellschafter Matthias Bruch in sechster Generation. Der Markt im Kronenberg-Center ist das 50. Warenhaus in Deutschland, schon die Beschäftigtenzahl von 19.000 lässt erahnen, dass Globus seine Märkte mit deutlich mehr Personal ausstattet. Vergleich: Real beschäftigte zuletzt 34.000 Menschen in 279 Filialen auf jeweils vergleichbarer Fläche, das ist je Markt etwa ein Drittel der Globus-Besetzung.

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Entsprechend ist es für die Beschäftigten nicht das Schlechteste, wenn ihre Filiale von den Saarländern übernommen wird. Während Edeka oft nicht die gesamte Fläche der riesigen Real-Märkte selbst bewirtschaften wird, passen die Formate von Globus und Kaufland deutlich besser. So wie in Essen will Globus stets nicht nur alle Real-Mitarbeiterinnen und -Mitarbeiter übernehmen, sondern weitere einstellen“, versichert Wuschisch.

In Essen sind zu den 110 Real-Beschäftigten bereits 25 hinzugekommen, weitere 50 Leihkräfte, die zum Start aushelfen, sollen ebenfalls noch durch Festangestellte ersetzt werden. Weitere werden folgen: „Wir brauchen überall deutlich mehr Personal als Real, allein für unsere Eigenproduktion, die Frischetheken, Restaurants und Bäckereien“, sagt der Vertriebschef. In Essen kommt zurzeit vieles noch aus der nächstgelegenen NRW-Filiale: Köln.

Globus öffnet 2022 drei Ruhrgebiets-Filialen

Die weiteren Filialen im Ruhrgebiet lassen noch bis nächstes Jahr auf sich warten: In Castrop-Rauxel ist die Neueröffnung des alten Real-Marktes für den 14. Januar 2022 geplant, in Duisburg für den 30. Mai und im Bochumer Hannibal-Center für den 15. Juni 2022. Dass Globus auch in Dortmund einen Real-Standort übernimmt, wie aus den Listen nach der Zerschlagung von Real zu sehen war, kann Wuschisch nicht bestätigen: „Aktuell finden in Dortmund keine Verhandlungen statt.“ Mittelfristig werde sich die unternehmenseigene Expansionsabteilung aber weiter nach neuen Standorten umsehen, „wenn es passt und sich eine Chance bietet, ergreifen wir sie auch“, kündigt der Vertriebschef an.