Düsseldorf. Vor Verkauf an SCP: Metro schließt sieben Real-Filialen. Um de 34.000 Beschäftigten zu schützen, fordert Verdi Unterstützung der Bundesregierung.

Nach Informationen dieser Zeitung wird Real noch im Laufe dieses Tages die Schließung von sieben Real-Filialen bekanntgeben. Das habe der Wirtschaftsausschuss des Aufsichtsrats nach Abstimmung mit den künftigen Eigentümern beschlossen. Real gibt demnach seine Märkte an folgenden Standorten auf: Rheine (NRW), Bamberg, Augsburg, Bad Sobenheim, Deggendorf, Papenburg und Wildau bei Berlin. Betroffen sind rund 650 Beschäftigte, für die nun Sozialpläne ausgehandelt werden sollen. Diese sieben Filialen dürften zu den ohnehin geplanten 30 Schließungen hinzukommen, welche die künftigen Eigentümer SCP und X+Bricks bereits angekündigt haben.

Die Gewerkschaft Verdi fordert Bundeswirtschaftsminister Peter Altmaier (CDU) auf, einen Kahlschlag bei der SB-Warenhauskette Real zu verhindern. „Wir erwarten Haltung. Abtauchen ist unangemessen“, sagte Bundesvorstandsmitglied Stefanie Nutzenberger vor Journalisten in Düsseldorf. Nachdem sich die bisherige Real-Eigentümerin Metro auf einen Kaufvertrag mit dem russischen Investor SPC geeinigt hat, müsse Altmaier den vom Betriebsrat befürchteten Wegfall von 10.000 Arbeitsplätzen bei Real verhindern.

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Das Misstrauen sitzt tief. Nachdem Olaf Koch, Chef des Handelsriesen Metro, die taumelnde Kette Real mit ihren 34.000 Mitarbeitern zunächst aus dem Flächentarifvertrag des Einzelhandels genommen und dann im September 2018 die 276 Filialen zum Verkauf angeboten hatte, schrillen bei Verdi die Alarmglocken. Der Kaufvertrag, den Koch mit der russischen Investorengruppe SCP geschlossen hat, biete den Beschäftigten alles andere als Sicherheit. Nutzenberger spricht im Gegenteil von einer „desaströsen Bilanz, gemessen an dem, was versprochen wurde“.

SCP will weitere 30 Filialen schließen

Verdi-Vorstand Stefanie Nutzenberger.
Verdi-Vorstand Stefanie Nutzenberger.

SCP will 30 Filialen schließen, nur 50 maximal 24 Monate weiterführen und knapp 200 Märkte an Händler wie Kaufland, Edeka und Globus weiterverkaufen. „Die große Unsicherheit für die Beschäftigten geht weiter. Das ist das Dramatische“, sagt Nutzenberger. Verdi bezweifelt, dass das vom Erwerber, der noch auf grünes Licht von der EU-Kommission wartet, vorgelegte Konzept tragfähig ist. „Es ist doch eine Illusion, nur 50 Filialen wirtschaftlich betreiben zu können“, sagt Orhan Akman, Bundesfachgruppenleiter für den Einzelhandel bei Verdi, im Hinblick auf den verbleibenden „Kern“ von Real. Akman spricht von einer „Beruhigungspille“ und wirft Metro-chef Koch vor, die Beschäftigten „an der Nase herum zu führen“.

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Um die Real-Mitarbeiter beim Betriebsübergang zu schützen, will Verdi zunächst mit dem künftigen Eigentümer SCP einen Sozialtarifvertrag verhandeln. Da die Russen den größten Teil der Märkte aber gleich wieder verkaufen will, strebt die Gewerkschaft auch ein Vertragswerk mit der Lidl-Schwester Kaufland an, die rund 100 Real-Filialen übernehmen will. Zu der Schwarz-Gruppe, Mutterkonzern von Kaufland und Lidl, hat Verdi die besten Kontakte. Die Ketten sind in den Flächentariftarifvertrag zurückgekehrt und zahlen zum Teil darüber hinaus.

Verdi will mit aller Macht verhindern, dass sich die Real-Mitarbeiter bei den neuen Arbeitgebern ganz neu bewerben müssen und dabei ihre zum Anteil über Jahrzehnte angehäuften sozialen Ansprüche verwirken. Akman befürchtet, dass der Fall an vielen Standorten eintreten könnte, weil die meisten Real-Immobilien in einem schlechten Zustand und für die Nachnutzer erst einmal modernisiert werden müssten. So geschieht es gerade im Mülheimer Hafen. Nachdem Real dort im November 2019 geschlossen hatte, wollen die neuen Nutzer der Fläche Edeka, Lidl und ein Drogeriemarkt nach einem Umbau erst 2021 eröffnen. So lange kann kein ehemaliger Real-Mitarbeiter warten.

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Um die 34.000 Beschäftigten abzusichern, appelliert Verdi an Bundeswirtschaftsminister Peter Altmaier (CDU), alle Beteiligten an einen Tisch zu holen. Die Bundesregierung hält aber bislang die Füße still. Das ärgert Bundesfachgruppenleiter Akman maßlos. Er erinnert an den „Aufschrei der Bundespolitik“, als die russische Oligarchenfamilie Jewtuschenkow, die hinter SCP steht, vor Jahren versuchte, bei der Deutsche Telekom einzusteigen und später den bayrischen Chiphersteller Infineon zu übernehmen. Vergeblich. Nun versuchten die Milliardäre „unter dem Deckmantel Real“ Fuß auf dem deutschen Markt zu fassen. Akman: „Die Politik darf jetzt nicht die drei Affen spielen.“ Allein durch die Übernahme der Real-Immobilien seien die Jewtuschekows auf einen Schlag um 700 Millionen Euro reicher.