Essen. Die RAG-Stiftung prüft den Einstieg als Treuhänderin beim Energiekonzern Steag. So könnte ein Ausstieg der Kommunen auf den Weg gebracht werden.
Die Essener RAG-Stiftung prüft einen Einstieg als Treuhänderin beim kommunalen Energiekonzern Steag. Die Stiftung bestätigte unserer Redaktion, dass es dazu Gespräche mit dem Management des Unternehmens sowie der kommunalen Muttergesellschaft KSBG gebe. „Wir prüfen aufgrund unserer langjährigen Erfahrung, ob wir eine treuhänderische Funktion ausüben können“, erklärte die RAG-Stiftung auf Anfrage. Die derzeitigen Eigentümer des Energiekonzerns, mehrere Stadtwerke aus dem Ruhrgebiet, sind vor zehn Jahren bei der Steag eingestiegen. Für insgesamt rund 1,2 Milliarden Euro übernahmen die kommunalen Betriebe die Steag vom Chemiekonzern Evonik, der mehrheitlich der RAG-Stiftung gehört.
Das Stadtwerke-Konsortium bestätigte Gespräche mit der RAG-Stiftung und erklärte auf Anfrage: „Es soll geklärt werden, ob die RAG-Stiftung aufgrund ihrer langjährigen Erfahrungen mit Beteiligungsgesellschaften eine unterstützende Rolle ausüben kann.“
Schon vor geraumer Zeit hatten fünf Steag-Städte – Essen, Bochum, Duisburg, Oberhausen und Dinslaken – signalisiert, beim Energiekonzern wieder aussteigen zu wollen. Lediglich Dortmund wäre demnach an Bord geblieben. Die RAG-Stiftung könnte als Treuhänderin für Stabilität beim Ausstieg der Kommunen sorgen und einen möglichen Verkaufsprozess begleiten.
„Die IGBCE setzt sich für eine nachhaltige Zukunftssicherung der Steag ein“
An den Beratungen zur Zukunft der Steag waren dem Vernehmen nach neben RAG-Stiftungschef Bernd Tönjes auch die Oberbürgermeister der beteiligten Städte sowie der Chef der Gewerkschaft IGBCE, Michael Vassiliadis, beteiligt. „Die IGBCE setzt sich für eine nachhaltige Zukunftssicherung der Steag ein“, betonte die Gewerkschaft. „Der Konzern hat eine Perspektive als kompetenter Faktor der deutschen Energiewende, und die Beschäftigten erwarten eine Antwort auf ihre Zukunftsfragen. Wir stehen im Dialog mit den Anteilseignern, den OBs der beteiligten Städte sowie mit kompetenten Partnern, die helfen können, Lösungen zu erarbeiten.“
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Im Umfeld der RAG-Stiftung ist von grundsätzlicher Bereitschaft zu einer treuhänderischen Rolle die Rede, gleichzeitig wird betont, die Stiftung stehe nicht bereit, etwaige Verluste bei der Steag auszugleichen.
Harte Sanierung bei der Steag zu erwarten
Die Aufgabe der RAG-Stiftung ist, nach dem Ausstieg aus dem Steinkohlenbergbau in Deutschland die mit dem Bergbau entstandenen Daueraufgaben zu finanzieren, ohne den Steuerzahler damit zu belasten. Das Gesamtvermögen der RAG-Stiftung lag zum Jahresende 2019 bei 18,7 Milliarden Euro. „Wir müssen unser Vermögen auch künftig renditeorientiert anlegen“, hob Stiftungschef Tönjes im Geschäftsbericht hervor. Vor wenigen Monaten hat sich die RAG-Stiftung unter anderem an der Übernahme der als lukrativ geltenden Thyssenkrupp-Aufzugsparte mit mehr als 50.000 Beschäftigten beteiligt.
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Dem Vernehmen nach erwägt die RAG-Stiftung, die Steag für drei Jahre als Treuhänderin zu begleiten. In diesem Zeitraum dürfte eine harte Sanierung anstehen. Auch Verkäufe von Unternehmensteilen gehören zu den Erwägungen. In Unternehmenskreisen heißt es, in Gesprächen mit den Banken der Steag dürfte es von Vorteil sein, mit der RAG-Stiftung einen finanzstarken Partner zu haben. Bei möglichen Veräußerungen von Steag-Geschäften könne die Stiftung zudem auf ein professionelles Netzwerk zugreifen.
Häufig Unstimmigkeiten bei den kommunalen Anteilseignern
Die Steag mit ihren rund 6000 Beschäftigten leidet seit Jahren unter den Folgen der Energiewende. Der angestrebte Ausstieg aus der Kohleverstromung rüttelt am traditionellen Geschäftsmodell des Unternehmens. In den vergangenen Jahren ist es zudem häufig zu Unstimmigkeiten unter den kommunalen Anteilseignern der Steag gekommen. Komplexität entstand auch durch die Einbindung der Stadträte bei strategischen Entscheidungen des kommunalen Unternehmens, das unter anderem in Ländern wie Indien, Kolumbien und der Türkei Geschäfte macht.
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Bezeichnend waren Äußerungen von IGBCE-Vorstand Ralf Sikorski, der den Kommunen vor einigen Monaten vorwarf, sie spielten „Monopoly im Hinterzimmer“ mit ihren Steag-Anteilen. Sikorski warf den verkaufswilligen Kommunen seinerzeit gar „Unprofessionalität“ vor.
Bundes- und Landesregierung mischen bei der RAG-Stiftung mit
Bei der RAG-Stiftung mischt auch die Politik mit. Zu den Kuratoriumsmitgliedern der Stiftung, die ihren Sitz auf dem Essener Welterbe-Areal hat, gehören unter anderem NRW-Ministerpräsident Armin Laschet (CDU) sowie die Bundesminister für Finanzen und Wirtschaft, Olaf Scholz (SPD) und Peter Altmaier (CDU).
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Im Kreise der Kommunen hatte es die Hoffnung gegeben, Anteile an Investoren zu veräußern. „Wir wollen am Unternehmen beteiligt bleiben, weil wir an die Zukunft der Steag glauben“, hatte Dortmunds Stadtwerke-Chef Guntram Pehlke, der auch Steag-Aufsichtsratschef ist, vor einigen Wochen erklärt. „Grundsätzlich gilt aber: Auch wir könnten jederzeit unsere Anteile verkaufen, wenn ein Interessent für 100 Prozent bieten würde. Dann würden wir uns überlegen, wie wir damit umgehen.“