Essen/Münster. . Nicht jeder Bausparer will den Traum einer eigene Immobilie verwirklichen. Manche sind vor allem an guten Zinsen für ihr Erspartes interessiert. Einige Bausparkassen mögen das nicht länger dulden. Die LBS West etwa droht jetzt mehreren Tausend Kunden in NRW, ihnen die Bausparverträge zu kündigen.

Die Melodie aus dem Werbeclips ist für viele ein Ohrwurm: „Wir geben Ihrer Zukunft ein Zuhause“. Mit diesem Satz werben die Landesbausparkassen seit Jahren um Kunden. Doch mehrere Tausend Bausparkunden der LBS West sollen bei dem Unternehmen nun keine Zukunft mehr haben. Die LBS hat jetzt 12.000 Bausparer in NRW die Kündigung angemahnt – weil diese Kunden zwar sparen, aber nicht bausparen.

Bis dato wurde es toleriert, wenn Kunden nur die erste von zwei Phasen beim Bausparen nutzen: das Ansparen. Doch die Minizinsen auf dem Kapitalmarkt machen Bausparkassen zu schaffen. Jüngst gab die LBS Bayern bekannt, 26.000 Altverträge zu kündigen. Weil sie ihr zu teuer geworden sind. Auch die LBS Nord und die LBS Baden-Württemberg kündigen bereits Altverträge.

LBS hat Kunden 3,5 Prozent Sparzinsen garantiert

Insgesamt wurden 2013 in Deutschland 30,2 Millionen Bausparverträge gezählt. Bausparsumme insgesamt: 848 Milliarden Euro. Die LBS West in Münster etwa hat zurzeit insgesamt 2,6 Millionen Bausparverträge im Bestand. Altverträge sind eine Randgruppe bei den Bausparkassen, fallen aber offenbar dennoch mittlerweile ins Gewicht.

Bei der LBS West geht es um zusammen etwa 180 Millionen Euro Sparguthaben. 3,5 Prozent Spargutzinsen hat die LBS West ihren Kunden dafür vor Jahren garantiert. Zum Vergleich: beim Abschluss eines Neuvertrags garantiert die LBS aktuell zwischen 0,25 und 1 Prozent Sparzinsen. Gar nicht mal so wenig: Herkömmliche Sparkonten bei Banken bringen vielleicht noch 0,05 Prozent Zinsen.

Bausparverträge nach zehn Jahren vor der Kündigung

„Es ist unsere unternehmerische Pflicht, auf die Zinsentwicklung zu reagieren“, sagt ein LBS-Sprecher auf Anfrage. Die Verträge der genannten 12.000 Kunden würden seit zehn Jahren laufen, ohne dass inzwischen ein Baudarlehen beantragt worden sei, obwohl es längst zugeteilt wurde. Der Sprecher: „Wenn ein Bausparvertrag länger als zehn Jahre läuft, müssen wir davon ausgehen, dass der Abruf des Darlehens nicht das eigentliche Ziel ist“. Mit Verweis auf das Kündigungsrecht im Bürgerlichen Gesetzbuch (§ 489) glaubt man bei der LBS, solche Verträge mit einer Frist von sechs Monaten kündigen zu können. Geldinstitute

Aus Sicht der Verbraucherzentrale NRW darf die LBS alte Bausparverträge jedoch nicht kündigen: „Das ist noch nicht höchstrichterlich geklärt“, sagt Bankenexperte Markus Feck. Denn: „Die Sparphase beim Bausparen ist unbefristet“. Hätten Kunden so viel Geld gesammelt, dass ihnen ein Baudarlehnen zugeteilt wird, gebe es keine Vorgabe, ob und wann das Darlehen angenommen werden muss.

Banken betonen den Kollektiv-Gedanken des Bausparens

Auch bei anderen Bausparkassen drängt man Altkunden aus dem Bestand. Weil die Zinsen zwar die Kunden glücklich machen, nicht aber die Bank. Schwäbisch-Hall etwa löst seit bereits zwei Jahren „übersparte Verträge“ einseitig auf. Bei Wüstenrot wurden 2013 bundesweit 15.000 solcher Verträge durch die Bank gekündigt. Rechtlich sei das nicht zu bekritteln, sagen Verbraucherschützer. „Überspart“ bedeutet, dass der Bausparer längst die komplette Bausparsumme zusammen hat und kein Darlehen mehr benötigt. Im Normallfall hingegen sparten Kunden 40 Prozent der zum Ziel gesetzten Bausparsumme an, um den Rest dann über ein Darlehen zu finanzieren und zeitnah abzurufen, heißt es.

Aus Sicht der LBS West widersprechen Kunden, die nur die Ansparphase nutzen, auch gegen den „Kollektiv-Gedanken“ des Bausparens: „Alle zahlen in einen Topf ein, aus dem heraus dann die Baudarlehen vergeben werden“, beschreibt ein Sprecher. Auch private Bausparkassen versuchen Kunden den "eigentlichen Zweck" des Produktes wieder nahezulegen: "Bausparen entwickelt sich zurück zum Zwecksparen", sagt Wüstenrot-Sprecher Immo Dehnert.

Verbraucherzentrale rät, Kunden sollten sich wehren

Nach Auskunft des Verbandes der privaten Bausparkassen werden bei den dort angeschlossen Unternehmen etwa 75 Prozent der eingezahlten Guthaben wieder als Darlehen ausgezahlt und fließen direkt in die Finanzierung zum Bau oder Kauf von Immobilien oder deren Modernisierung. Ein Viertel der Guthaben hingegen müssen die Unternehmen auf dem freien Markt unter besonders strengen Kriterien etwa in punkto Sicherheit anlegen. Zinsen aber verdienten auch sie damit kaum.

Bei der LBS West hofft man unterdessen, sich mit den angeschriebenen Kunden einvernehmlich zu einigen. „Wir wollen sie als Kunden halten“, dann aber zum Beispiel mit einem neuen Vertrag, sagt ein Sprecher. Verbraucherschützer Markus Feck hat für den Weg der LBS Verständnis: „Unternehmerisch ist das nachvollziehbar, juristisch aber nicht wasserfest“, meint er. Er empfielt Betroffenen, sich gegen eine Kündigung zu wehren. Aber dazu "sollte man sich einen Anwalt suchen, der spezialisiert ist auf Bankenrecht“, sagt Feck.