Frankfurt/Main. Die Zinsen auf Sparbüchern und Tagesgeldkonten sind niedrig wie nie zuvor. Das dürfte sich 2014 kaum ändern, rechnen Experten. Doch Anleger haben durchaus Alternativen: Sie können sichere zehnjährige Bundesanleihen investieren und auch mal solide Aktien kaufen.

Mario Draghi, der Mann an der Spitze der Europäischen Zentralbank (EZB), wird in Deutschland oft dafür verantwortlich, dass die Zinsen auf Sparbüchern und Tagesgeldkonten so niedrig sind wie nie zuvor. Und dass viele Sparer im Jahr 2013 – die Inflationsrate berücksichtigt – sogar Geld verloren haben. Der EZB-Präsident weiß das sehr genau. Dem Italiener ist bewusst, dass er auch 2014 mit dieser Kritik leben muss. Denn der rekordtiefe Leitzins von 0,25 Prozent, zu dem sich Banken bei der EZB Geld leihen können, bleibt angesichts der ungelösten Schuldenkrise und der schwachen Konjunktur in der Eurozone sehr wahrscheinlich auf diesem Niveau – oder geht sogar nach weiter runter. Nicht wenige Ökonomen prognostizieren, dass die Zinsen bis 2015 im Tal verharren.

Viele Sparer und Kritiker wie etwa Sparkassen-Präsident Georg Fahrenschon machen es sich mit ihrer Kritik, Draghi betreibe die Enteignung deutscher Sparer, zu einfach. Der Italiener kennt die Sorgen der Sparer und nimmt sie ernst. Aber er lässt auch keinen Zweifel daran, dass er und seine 22 Kollegen im Rat der EZB – Draghi entscheidet nicht allein über die Höhe der Zinsen – aktuell keine Alternative zu einer lockeren Geldpolitik und damit zu niedrigen Zinsen sehen.

Höhere Zinsen bremsen die Wirtschaft

„Würden wir die Zinsen anheben, würde das die Wirtschaft bremsen, Menschen würden ihre Arbeit verlieren. Die Ersparnisse würden über längere Zeit geringer sein.“ Die Zinsen in Deutschland seien auch deshalb so niedrig, fügt der Italiener hinzu, weil die größte Volkswirtschaft in der Eurozone als sicherer Hafen gilt und deshalb viel Geld nach Deutschland fließt. Umgekehrt heißt dies: Wenn mit niedrigen EZB-Zinsen die Lage in den Krisenländern stabilisiert wird, kehrt Geld in diese Staaten zurück. Was tendenziell in Deutschland wieder für höhere Zinsen sorgt.

Doch das wird nach den Voraussagen der meisten Ökonomen 2014 kaum passieren. „Die EZB fixiert den Leitzins bei 0,25 Prozent“, sagt Ulf Kraus von der Landesbank Hessen-Thüringen. Ähnlich sieht es Uwe Burkert, Chefvolkswirt der Landesbank Baden-Württemberg LBBW. Sein Kollege Jörg Krämer von der Commerzbank erwartet angesichts der „quälend langsamen“ Wirtschaftserholung in der Eurozone sogar weitere Lockerungen – nicht über den Leitzins, sondern möglicherweise über einen Strafzins für Einlagen der Banken bei der EZB oder spezielle, extrem zinsgünstige Kreditangebote für die Banken. Deutsche Bank-Chef-Volkswirt David Folkerts-Landau rechnet mit Wertpapierkäufen durch die EZB. Vor 2015, sind sich fast alle Ökonomen sicher, wird die EZB keine Zinswende einleiten. Die Folge: Die Spar-Zinsen bleiben niedrig.

Normalisierung bei längerfristigen Zinsen

Bei den längerfristigen Zinsen – etwa für Bundesanleihen – wird es aber nach Ansicht von Experten 2014 zu einer leichten Normalisierung kommen. Bei zehnjährigen Bundesanleihen könnte die Rendite von rund 1,90 Prozent im zu Ende gehenden Jahr auf etwas mehr als zwei Prozent steigen. Deka-Bank-Chefökonom Ulrich Kater rechnet mit 2,1 Prozent, die Commerzbank erwartet sogar einen Anstieg auf 2,2 Prozent.

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Hauptgrund für diesen leichten Renditezuwachs: die Entwicklung in den USA. Dort dürfte die Notenbank Fed allmählich ihre Strategie einstellen, jeden Monat 85 Milliarden Dollar in den Bankensektor und in die Wirtschaft zu pumpen, indem sie US-Staatsanleihen und Immobilienpapiere aufkauft. „Spätestens im dritten Quartal dürften die Diskussionen beginnen, wann die Fed sich von ihrer Null-Zins-Politik verabschiedet und wieder den Leitzins erhöht“, sagt Commerzbank-Chefökonom Krämer.

Das verbessert die Aussichten für die Sparer. Trotzdem wird die Zinslandschaft insgesamt keine großen Sprünge erlauben. „Immer größere Teile des Geldvermögens werden zu Phantomersparnissen“, fürchtet Kater. Das hat auch Lebensversicherer in Schwierigkeiten gebracht und nagt an der Garantieverzinsung für die Versicherten. Konnte bei einem Neuabschluss im Juli 2000 noch mit einem Garantiezins von vier Prozent gerechnet werden, sind es aktuell nur noch 1,75 Prozent. Die laufende Verzinsung ist mittlerweile auf etwa 3,5 Prozent gesunken. Wahrscheinlich wird es 2014 noch weiter nach unten gehen.

Immobiliendarlehen bleiben günstig

Andererseits bleiben Kredite und vor allem Immobiliendarlehen sehr günstig, auch wenn sie seit Juni aufgrund des Anstiegs der langfristigen Renditen um etwa 0,3 Prozentpunkte teurer geworden sind. Mit Zinssätzen von etwa 2,6 Prozent für zehn Jahre ist Baugeld aber immer noch sehr preiswert. Zum Vergleich: Vor fünf Jahren lag der Zehn-Jahres-Zins bei rund 4,5 Prozent, Anfang der neunziger Jahre sogar bei neun Prozent. 2014, sagen Experten, sollten Verbraucher aber nicht mit weiter sinkenden Bauzinsen rechnen. Auch die Kreditzinsen werden den Prognosen zufolge im nächsten Jahr günstig bleiben.

Zu den Profiteuren zählt der Finanzminister in Berlin. Und damit auch der Steuerzahler: Im Bundeshaushalt dürfe die Zinsersparnis 2014 wie schon im laufenden Jahr erneut bei etwa 20 Milliarden Euro liegen.

Geld nicht einfach auf Sparbücher legen

Statt sich über die niedrigen Zinsen zu beklagen und von Enteignung zu sprechen, haben es Sparer, sagen Experten, selbst in der Hand, mehr für ihre Ersparnisse zu tun – etwa dadurch, dass sie ihr Geld nicht einfach auf mickrig verzinsten Sparbüchern liegen lassen, sondern nach besser verzinsten Tagesgeldkonten schauen, in sichere zehnjährigen Bundesanleihen investieren und auch mal solide Aktien kaufen. Bei rund zwei Prozent für zehnjährige Bundesanleihen und einer von Volkswirten geschätzten Inflationsrate von 1,5 bis 1,7 Prozent im nächsten Jahr bleibt real sogar wieder ein kleiner Ertrag.

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Immer noch sind die Deutschen im Gegensatz zu Schweizern, Franzosen, Briten oder Amerikanern Aktienmuffel. Nur 7,5 Prozent der Erwachsenen besitzen hierzulande Aktien. In den USA, in Großbritannien, Japan, den Niederlanden oder Schweden liegt die Aktionärsquote über 20, zum Teil sogar über 30 Prozent.

Wahrung der Preisstabilität

Vor diesem Hintergrund scheint die Kritik an EZB-Chef Draghi überzogen. Bundesbank-Präsident und EZB-Ratsmitglied Jens Weidmann weist sie ebenfalls zurück, auch wenn er beileibe nicht in allen Punkten mit dem Italiener übereinstimmt. Hauptaufgabe der EZB sei die Wahrung der Preisstabilität. Dieser Verpflichtung werde sie nicht erst jüngst, sondern seit ihrer Gründung vor 14 Jahren mehr als gerecht.

Es sei wichtig, so Weidmann, „in Erinnerung zu rufen, dass wir als Bürger nicht nur Sparer sind. Wir sind auch Arbeitnehmer, wir wollen vielleicht eine Immobilie kaufen, wir sind Steuerzahler“. Und da profitierten die Deutschen, weil der Job sicher, das Baugeld und Kredite günstig seien und nicht zuletzt der Staatshaushalt entlastet werde. „Das“, sagt Weidmann. „geht in der Debatte oft unter.“