Frankfurt/Main. Die GDL ist hart geblieben: Ein neues Tarifangebot der Bahn kurz vor Beginn der geplanten Streiks hat die Gewerkschaft abgeschmettert, die meisten Züge stehen seit dem frühen Samstagmorgen. Reisende weichen auf Alternativen aus - im Fernverkehr profitieren vor allem die Busunternehmen.
Die Lokführergewerkschaft GDL hat bekräftigt, ihren Streik bis Montagmorgen durchziehen zu wollen. Eine hohe Beteiligung der Lokführer und zahlreiche Zugausfälle zeigten, dass das Zugpersonal in dieser Auseinandersetzung fest zusammen stehe, teilte GDL-Chef Claus Weselsky am Samstag in Frankfurt mit. Die Bahn halte indes weiter daran fest, Verhandlungen unter Vorbedingungen zu führen, die für die GDL unannehmbar seien. Die Gewerkschaft werde daher "nicht eher ruhen, bis der Arbeitgeber die Forderungen des Zugpersonals endlich ernst nimmt und verhandelbare Angebote vorlegt".
Vorbedingung der GDL für Tarifgespräche mit der Bahn ist es, neben den Lokführern auch für das übrige Zugpersonal wie Zugbegleiter oder Bordgastronomen zu verhandeln. Für diese Berufsgruppen führt jedoch die Eisenbahn- und Verkehrsgewerkschaft EVG federführend die Gespräche.
Nur etwa 30 Prozent der Fernzüge fahren
Für Wochenendpendler und Urlauber hatte am frühen Samstagmorgen ein chaotisches Wochenende begonnen. Wenige Stunden nach dem Start des bundesweiten Streiks der Lokführer fuhren nur etwa 30 Prozent der Fernzüge der Deutschen Bahn. Auch im Regional- und S-Bahn-Verkehr rollten die Züge nach einem Notfahrplan.
Der Streik, der sowohl im Personen- als auch im Güterverkehr erst am Montagmorgen um 4 Uhr enden soll, trifft Bahnkunden diesmal besonders hart. In sieben Bundesländern beginnen an diesem Wochenende die Herbstferien, in zwei enden sie, darunter Nordrhein-Westfalen. Für gestrandete Reisende stellte die Bahn eigenen Angaben zufolge Hotelzüge in Hamburg, Berlin, Frankfurt und München bereit.
GDL-Chef Weselsky nennt Tarifangebot der Bahn "Scheinangebot"
Das Unternehmen hatte der Gewerkschaft am Freitag ein Angebot vorgelegt, das für die Lokführer eine dreistufige Einkommenserhöhung um insgesamt 5 Prozent bei einer Vertragslaufzeit von 30 Monaten vorsieht. Die Bahn bekräftigte, auch über andere Berufsgruppen mit der GDL sprechen zu wollen.
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GDL-Chef Claus Weselsky sprach am Freitagabend von einem "Scheinangebot", mit dem die Solidarität unter den GDL-Mitgliedern ausgehebelt werden solle. Es sei nicht geeignet, in Verhandlungen einzusteigen.
Bahn-Vorstand Weber: Streik so kurzfristig und in dieser Dimension "völlig verantworungslos"
Kritik kam von der Eisenbahn- und Verkehrsgewerkschaft (EVG). Es sei zwar in Ordnung, wenn eine Gewerkschaft für Lohnforderungen streike, aber "das, was die GDL im Augenblick hier macht, ist eine Mitgliederwerbeaktion und kein Streik um eine Tarifforderung", sagte der stellvertretende EVG-Vorsitzende Klaus-Dieter Hommel im WDR-5-"Morgenecho". Zugleich verschlechtere sich durch die Streiks die Stimmung zwischen den verschiedenen Gewerkschaftsmitgliedern.
Bahn-Vorstand Ulrich Weber kritisierte den Streikaufruf der Lokführergewerkschaft scharf. "So kurzfristig und in dieser Dimension sind die Streiks völlig verantwortungslos und an der Grenze zur Irrationalität", sagte der Manager der "Bild"-Zeitung (Samstag). Am Freitag hatte die Bahn der GDL vorgeworfen, Amok zu laufen.
BahnstreikVon dem zweitägigen Streik profitieren im Fernverkehr vor allem Busse. Bereits am Freitag hatte die Nachfrage die Kapazitäten von Fernbus-Anbietern weit überschritten. MeinFernbus verzeichnete etwa eine Verdreifachung der Buchungen. Auf Omnibusbahnhöfen in ganz Deutschland herrschte am Samstagmorgen reger Andrang.