Essen. Der Zug fährt nicht, verspätet sich stark, oder man strandet an einem Bahnhof fernab vom eigentlichen Ziel: So ein Streik kann für Bahnkunden unterschiedlichste Auswirkungen haben. Was tun? In welchen Fällen gibt es Geld zurück? Welche Alternativen gibt es? Die wichtigsten Fragen und Antworten.
Nervenprobe für Bahnreisende: Zehntausende Kunden sind betroffen, wenn die Gewerkschaft Deutscher Lokführer (GDL) zum Streik aufruft. Was aber tun, wenn man strandet, verspätet ankommt - oder seine gebuchte Fahrt gleich gar nicht mehr antreten kann oder will? Wir haben die wichtigsten Fragen und Antworten gesammelt:
Wie erfahre ich, ob mein Zug fährt?
Auch beim Streik fallen nicht alle Züge aus. Die Bahn erstellt Notfahrpläne und informiert online über den aktuellen Stand. Ob ein Zug fährt, können Kunden bei der "Liveauskunft" abfragen. Wer sich übers Smartphone informieren will, geht am besten auf m.bahn.de. Angesichts des Streiks schaltet die Deutsche Bahn auch eine kostenlose Service-Hotline frei: 08000/996633.
Bekomme ich das Geld für meine Fahrkarte zurück, wenn mein Zug ausfällt?
Ja. Vom Streik betroffene Fahrgäste können ihre Fahrkarte und Reservierung kostenlos erstatten lassen. Möglich ist das zum Beispiel in den DB Reisezentren. Gäste mit Online-Tickets können sich das Geld auch über ein Internet-Formular kostenfrei erstatten lassen.
Was ist, wenn ich trotz des Streiks fahren möchte?
Dann erlaubt es die Bahn, den nächsten - auch höherwertigen! - Zug zu nutzen. Die Zugbindung einer Fahrkarte wird dann aufgehoben. Das gilt auch für die besonders günstigen Sparpreis-Tickets, aber nicht für bestimmte regionale Karten (Schönes Wochenende, Quer-durchs-Land, Länder-Tickets) und reservierungspflichtige Züge wie "ICE Sprinter". Die Bahn betont zwar, Reisende müssten auf den "nächsten" möglichen Zug wechseln. Ob dies bei einem längeren Streik allerdings in jedem Fall eingehalten wird oder überhaupt geprüft werden kann, ist offen.
Wann kann ich von meiner Fahrt zurücktreten?
Zeichnet sich ab, dass man mit mindestens 60 Minuten Verspätung am Zielbahnhof ankäme, kann man von seiner Reise zurücktreten. Dann erstattet die Bahn den vollen Fahrpreis.
Welche Entschädigung bekomme ich bei einer Verspätung?
Einen Teil des Ticketpreises bekommen Bahnreisende zurück, wenn sich ein Zug wegen eines Streiks um mehr als 60 Minuten verspätet. Die Deutsche Bahn kann in diesem Fall keine höhere Gewalt geltend machen. Das entschied der Europäische Gerichtshof (EuGH) im September 2013 (Rechtssache C-509/11).
- Ab 60 Minuten Verspätung erhalten Bahnkunden 25 Prozent des Reisepreises zurück.
- Ab 120 Minuten Verspätung erstattet die Bahn 50 Prozent des Reisepreises.
Was ist denn mit der NRW-Mobilitätsgarantie?
Die NRW-Mobilitätsgarantie gilt beim Streik nicht! Sie würde nämlich schon nach 20 Minuten Verspätung greifen. Dann könnten Reisende in Fahrgemeinschaften aufs Taxi umsteigen. Die Kosten trägt die Bahn. Auf dieses Pünktlichkeits-Versprechen haben sich alle Verkehrsunternehmen in Nordrhein-Westfalen geeinigt. Sie gilt in allen NRW- und Verbund-Tarifen. Aber eben nicht bei Streik.
Welche Entschädigung bekomme ich mit einer Zeitkarte?
Auch in diesem Fall entschädigt die Bahn bei Verspätungen von mehr als 60 Minuten ihre Kunden zum Teil. Die Regelungen im Detail:
- Zeitkarte im Nahverkehr (auch: Schönes-Wochenende-Ticket, Quer-durchs-Land-Ticket, Länderticket): 1,50 Euro in der 2. Klasse, 2,25 Euro in der 1. Klasse. Achtung: Ansprüche von weniger als 4 Euro werden nicht erstattet, der Kunde muss also Fahrten sammeln.
- Zeitkarten im Fernverkehr: 5 Euro für die 2. Klasse, 7,50 Euro für die 1. Klasse.
- BahnCard 100: 10 Euro in der 2. Klasse, 15 Euro in der 1. Klasse.
- Wochen- und Monatskarten im Nahverkehr: Hier sollen Verspätungsfälle nach Ablauf der Geltungsdauer gesammelt eingereicht werden. Ansprechpartner ist in diesem Fall das Servicecenter Fahrgastrechte (60647 Frankfurt am Main).
Wie komme ich konkret an mein Geld?
Um für eine Verspätung eine Entschädigung zu erhalten, brauchen Fahrgäste ein sogenanntes Fahrgastrechte-Formular. Dieses erhalten sie bereits im Zug vom Personal, aber auch in den DB-Reisezentren oder online. Die Bahnmitarbeiter in den Zügen bestätigen auch die Verspätung, allerdings nur ab 60 Minuten. Wer das ausgefüllte und unterschriebene Formular mit Originalfahrkarte und einer Bestätigung der Verspätung binnen fünf Tagen bei einer DB-Information oder binnen eines Jahres in einem DB-Reisezentrum einreicht, bekommt die Entschädigung ausbezahlt oder einen Gutschein in gleicher Höhe.
Kann ich statt der Bahn ein Taxi oder den Bus nehmen?
Das kommt darauf an: Die Bahn übernimmt die Kosten dann, wenn der Zielort wegen des Zugausfalls zwischen 0 und 5 Uhr und erst mit mehr als 60 Minuten Verspätung erreicht wird. Das gilt auch, wenn es sich um den letzten Zug des Tages handelt und der Zielbahnhof ohne ein anderes Verkehrsmittel nicht mehr erreicht werden kann.
Was ist, wenn ich strande und mir ein Hotelzimmer nehmen muss?
Hier liegt die Betonung auf "muss". Die Bahn erklärt: "Wird aufgrund eines Zugausfalls oder einer Verspätung eine Übernachtung erforderlich und ist die Fortsetzung der Fahrt am selben Tag nicht zumutbar, werden dem Fahrgast angemessene Übernachtungskosten erstattet." Was "angemessen" ist, wird nicht näher definiert. Der Kunde muss in diesem Fall die Original-Hotelrechnung ans Servicecenter Fahrgastrechte senden.
Was mache ich, wenn ich mit einer Entscheidung des Servicecenters Fahrgastrechte nicht einverstanden bin?
Dann kann zunächst erneut einen Einwand beim Servicecenter einlegen. Ist man anschließend immer noch unzufrieden, kann man sich an eine Schlichtungsstelle wenden. (dpa/we)
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