Nun spricht Lokführer-Chef Weselsky von Erzwingungsstreik. Ein solcher wäre weder ungewöhnlich noch anrüchig, wenn es wirklich „nur“ um Löhne ginge. Es geht ihm aber um den Machtausbau seiner Spartengewerkschaft. Damit missbraucht Weselsky das Streikrecht, das in Deutschland zurecht den Schutz des Grundgesetzes genießt. Er wird sich damit keinen Gefallen tun, sondern auch das letzte Mü an Verständnis in der Bevölkerung für diesen Streik zunichte machen.
Die Lokführer haben es derart auf die Spitze getrieben, dass in diesem Land ernsthaft über eine Beschneidung des Streikrechts diskutiert wird – sogar von Sozialdemokraten. Sie würden das so nie sagen, aber nichts anderes müsste ein Gesetz zur Tarifeinheit tun, wenn es denn wirken soll. Dass es soweit kommen konnte, ist eine stramme Leistung Weselskys, die Debatte deshalb aber nicht klüger. Stehen gelassene Bahnkunden sind ärgerlich, den Untergang der Republik bedeuten sie nicht. Grundrechte halten es aus, auch für verantwortungslose Leute zu gelten. Wenn es denn je zu einem Tarifeinheits-Gesetz kommen wird, hat das Verfassungsgericht das letzte Wort – zum Glück.