Essen. . Karstadt will die Beschäftigten in den Filialen künftig flexibler einsetzen. So soll montags und dienstags weniger Personal in den Geschäften sein als an verkaufsstarken Tagen wie Freitag und Samstag. Diese Strategie gehört offenbar zum Sanierungsplan für die Essener Warenhauskette.

Neue Sortimente in den Warenhäusern, mehr Teilzeitbeschäftigte, eine veränderte Strategie – mehr und mehr Details der geplanten Karstadt-Sanierung kommen ans Licht. Das Konzept, das Interimschef Miguel Müllenbach vorgelegt hat, ist so dick wie ein Buch. Inhalte, die im Umfeld von Karstadt verbreitet werden, lassen erahnen, wie ernst die Lage ist. Hochrechnungen der Konzernführung kommen demnach zu dem Ergebnis, dass Karstadt ohne Gegensteuern im März 2016 das Geld auszugehen droht. Die Botschaft lautet auch: Es geht ums Ganze.

Vor ziemlich genau einem Monat hat der österreichische Immobilieninvestor René Benko die Übernahme von Karstadt verkündet. Für einen symbolischen Euro übernahm seine Firmengruppe Signa die Essener Warenhauskette vom deutsch-amerikanischen Geschäftsmann Nicolas Berggruen. Wie so oft, wenn neue Eigentümer in ein Unternehmen kommen, wird zunächst einmal eine schonungslose Bestandsaufnahme vorgelegt – verbunden mit dem Plan für tiefe Einschnitte.

Vergleich mit Textilketten wie H&M, Primark und Zara

Intern hat die Konzernführung vergleichsweise konkrete Pläne genannt. Nach Informationen unserer Zeitung sollen in den Filialen 1600 Arbeitsplätze wegfallen. In der Konzernzentrale in Essen stehen dem Vernehmen nach 400 der noch etwa 1400 Verwaltungsstellen auf der Kippe. Dabei soll der Effekt möglicher Filialschließungen noch nicht eingerechnet sein. Derzeit zählt Karstadt bundesweit rund 17.000 Arbeitsplätze.

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Der finanzielle Druck ist offenbar groß. Im Umfeld des Unternehmens wird betont, Karstadt benötige pro Jahr einen Zuwachs beim Ergebnis vor Zinsen und Steuern in Höhe von 209 Millionen Euro, um überhaupt die Nulllinie zu erreichen. Für eine nachhaltige Sanierung seien 263 Millionen Euro mehr pro Jahr erforderlich. Die Kosten sollen deutlich sinken. Die Karstadt-Zentrale sei derzeit 30 Prozent teurer als bei vergleichbaren Unternehmen. In den Filialen komme die Konkurrenz mit 20 Prozent weniger Personal aus.

Karstadt rechnet mit Ex-Chef Andrew Jennings ab

Im Vergleich zu Ketten wie H&M, Primark und Zara verfüge Karstadt auch über zu wenige Teilzeitkräfte, damit fehle es an Flexibilität, heißt es im Umfeld des Konzerns. An schwächeren Tagen seien die Filialen überdurchschnittlich gut besetzt. Freitags und samstags, wenn der Kundenandrang groß sei, fehle dagegen Personal.

Die Sortimentspolitik des früheren Karstadt-Chefs Andrew Jennings wird als gescheitert angesehen. Anstelle von Marken aus Großbritannien, die in Deutschland kaum jemand kenne, will Karstadt künftig stärker den Massengeschmack bedienen. Als ein Beispiel wird die Marke S. Oliver genannt. Zugleich soll es eine Rückbesinnung auf die Stärken des klassischen Warenhauses geben – und zwar mit regionalen Unterschieden: an der einen Stelle mehr als Nahversorger, andernorts als Touristenmagnet. Als Zielgruppe nimmt Karstadt insbesondere die Mittelschicht in den Blick. Von der „neuen Mitte“ ist die Rede. In Zukunft werde sich Karstadt auf Großstädte und Mittelstädte konzentrieren, heißt es noch. Was das konkret für das Netz der 83 Filialen im Bundesgebiet bedeutet, ist dem Müllenbach-Papier allerdings nicht zu entnehmen.