Essen. . NRW-Wirtschaftsminister Garrelt Duin (SPD) fordert mehr Tempo bei der finanziellen Absicherung von Reservekraftwerken im Strommarkt. Sie müssten Planungssicherheit haben. „Allerspätestens bis Anfang 2016 müssen Bund und Länder einen Kapazitätsmechanismus schaffen, der das Bereitstellen von Reserven durch alle Anbieter angemessen honoriert“, sagte Duin im WAZ-Interview.

Im Juni ist Garrelt Duin zwei Jahre Minister für Wirtschaft in NRW. Beim Redaktionsbesuch in Essen sprachen wir mit dem 46-jährigen SPD-Politiker über die Energiewende.

Der Hagener Energieversorger Enervie will konventionelle Kraftwerke stilllegen, weil sie sich durch die Energiewende nicht mehr rechnen. Wie schlecht geht es den Stadtwerken in NRW?

Garrelt Duin: Die Lage für die Hersteller konventioneller Energie ist dramatisch. Sie stehen vor dem Dilemma: Ihre Kraftwerke rechnen sich nicht mehr. Wir sind der Ansicht, dass die Probleme von Enervie kein spezifisch südwestfälisches Problem widerspiegeln, sondern dass wir eine generelle Lösung brauchen. Gerade die dezentralen Versorger brauchen eine Überlebenschance, denn sie werden als Rückgrat der Energiewende gebraucht.

Die Stadtwerke gehören den Kommunen, welche Folgen sehen Sie?

Duin: Wenn es den Stadtwerken schlecht geht, hat das direkte Auswirkungen auf die Finanzsituation der Städte und damit auf die Bürger. Schwimmbäder und Bibliotheken müssen geschlossen werden, Gebühren und Eintrittspreise steigen.

Wie kann eine Lösung aussehen?

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Duin: Die Unternehmen, die mit ihren konventionellen Kraftwerken Strom für Tage ohne Wind und Sonne vorhalten, benötigen Planungssicherheit. Allerspätestens bis Anfang 2016 müssen Bund und Länder einen Kapazitätsmechanismus schaffen, der das Bereitstellen von Reserven durch alle Anbieter angemessen honoriert.

Ihr grüner Koalitionspartner wird über den Ruf nach Subventionen für Kohlekraftwerke wenig begeistert sein.

Duin: Es geht nicht um Subventionen, sondern um eine Entlohnung für Stromreserven, die wir auf lange Sicht noch dringend benötigen. Wenn der Betrieb von Kohle- und Gaskraftwerken zum Verlustbringer wird und daraus eine Gefahr für Versorgungssicherheit und Netzstabilität erwächst, kann man davor nicht die Augen verschließen. Wie bei der EEG-Umlage für Ökostrom werden wir nicht umhin kommen, konventionellen Strom finanziell abzusichern. Und zwar technologieneutral.

Also auch für den Klimakiller Braunkohle?

Duin: Wir haben gemeinsam mit den Grünen mindestens bis 2030 Planungssicherheit für den Braunkohletagebau in NRW geschaffen. Da wäre es mit Blick auf die Bezahlbarkeit Unsinn zu sagen, dieser heimische Energieträger darf nicht mehr mitspielen.

Zunächst müssen Sie die Reform des Erneuerbare-Energien-Gesetzes stemmen. Spricht Rot-Grün in NRW hier mit einer Stimme?

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Duin: Bis zur Stunde sind wir im Gleichschritt und ich gehe davon aus, dass dies bis zum Ende der Beratungen im Bundesrat so bleiben wird. Alle in Bund und Ländern haben ein hohes Interesse daran, trotz unterschiedlichster Interessen eine gemeinsame EEG-Reform hinzubekommen.

Welche Schulnote würden Sie dem EEG bislang geben?

Duin: Note 1 für den Ausbau der erneuerbaren Energien. Wir haben als Industrienation damit eine Vorreiterrolle im Kampf gegen den Klimawandel in der Welt übernommen.

Und die Kosten?

Duin: Hier gebe ich eine 4 minus, die Kosten sind uns bei der Förderung des Ökostroms aus dem Ruder gelaufen.

Der nahende Atomausstieg und das langfristig angepeilte Ende der fossilen Energieerzeugung produzieren immense Folgekosten. Was halten Sie von Überlegungen, beides zusammen mit einem Stiftungsmodell zu bewältigen?

Duin: Für die Landesregierung ist klar, dass die Unternehmen für die hohen Folgekosten des Atomausstiegs geradestehen müssen und nicht der Steuerzahler. Was die Organisationsform bei der Bewältigung dieser Lasten angeht, bin ich aber völlig offen. Die Idee, sämtliche fossile Kraftwerke und Atomkraftwerke gemeinsam in eine privatrechtliche Stiftung aufzunehmen, um einen soliden Kapitalstock zu haben und in den kommenden Jahren die Rückstellungen zu vergrößern, hat ihren Reiz. Meine Fachabteilung prüft zurzeit die Realisierbarkeit solcher Modelle.