Essen. . Kohlekraftwerke blasen im großen Stil das gesundheitsschädliche Nervengift Quecksilber in die Luft. Laut einer aktuellen Studie müssten hierzulande sofort 50 Kraftwerke abgeschaltet werden, wenn in Deutschland die gleichen strengen Grenzwerte gälten wie in den USA. Die Bundesregierung hält die Quecksilber-Belastung für nicht gesundheitsgefährdend.

Kohlekraftwerke belasten die Umwelt nicht nur mit dem Klimakiller Kohlendioxid, sondern auch mit dem Nervengift Quecksilber. Einer Studie zufolge müssten in Deutschland 50 Kraftwerke sofort abgeschaltet werden, wenn hier die scharfen Grenzwerte angewandt würden, die in den USA gelten.

Die Umweltwissenschaftlerin Barbara Zeschmar-Lahl fand im Auftrag der Grünen-Bundestagsfraktion heraus, dass 2012 allein acht Braunkohlekraftwerke für mehr als 40 Prozent der Quecksilber-Emissionen in Deutschland verantwortlich gewesen seien. Menschen nehmen das Nervengift über den Verzehr von Fisch auf. Das Schwermetall steht im Verdacht, das Nervensystem zu schädigen, Erkrankungen des Herz- und Kreislaufsystems hervorzurufen und das Immunsystem zu schädigen. Besonders gefährdet seien schwangere Frauen und ihre Kinder.

Schärfere Grenzwerte in USA

Aus diesem Grund haben die USA die zulässigen Grenzwerte für Quecksilber 2012 drastisch verschärft. Kohlekraftwerke dort nutzen deutsche Technik, wie sie die Emschergenossenschaft bei der Schlammentsorgung in Bottrop einsetzt. Der Studie zufolge bleibt in Deutschland allein das Eon-Steinkohlekraftwerk Datteln unterhalb der Grenze.

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„Die Bundesregierung muss endlich handeln“, fordert der Grünen-Bundestagsabgeordnete Krischer. Nach Angaben des Umweltministeriums ist die Bundesrepublik das einzige EU-Land mit Quecksilber-Grenzwerten. Für die Einwirkung von Quecksilber auf Luft, Wasser, Menschen und Tiere gebe es in Deutschland zwar keine Grenzwerte, aber Messpflichten. „Dabei wurden bislang, auch in der Umgebung von Kohlekraftwerken, keine Auffälligkeiten festgestellt“, sagte ein Ministeriumssprecher auf Anfrage.

Bund: Keine Gesundheitsgefährdung

„Die in der Außenluft gemessenen Konzentrationen bewegen sich zwischen ein und zwei Nanogramm pro Kubikmeter und liegen damit deutlich unter dem Vorsorgerichtwert für Innenräume von 35 Nanogramm pro Kubikmeter“, so der Sprecher weiter. Der Vorsorgerichtwert beschreibt die Konzentration eines Stoffes in der Innenraumluft. bei der bei einer Einzelstoffbetrachtung nach gegenwärtigem Erkenntnisstand auch dann keine gesundheitliche Beeinträchtigung zu erwarten ist, wenn ein Mensch diesem Stoff lebenslang ausgesetzt ist.

Derzeit würden auf europäischer Ebene die Emissionsanforderungen an Großfeuerungsanlagen überarbeitet. Ein Aspekt ist dabei auch eine Überprüfung der zukünftig verbindlichen europäischen Anforderungen hinsichtlich der zulässigen Quecksilberemissionen, so das Umweltministerium.