Berlin. . Die Umweltorganisation Greenpeace fordert die Stilllegung betagter Atomkraftwerke, die zum Teil nahe der deutschen Grenze liegen. Dazu gehört auch die Kernkraft-Anlage Borssele in den Niederlanden, an der das Essener Energieunternehmen RWE beteiligt ist.

Aus dem abbröckelnden Beton schauen schon die Metallstreben heraus. So sieht an manchen Stellen die Außenhaut des Atomkraftwerks Tihange in Belgien aus, 85 Kilometer südwestlich von Aachen. Es ist eines der ältesten noch laufenden Kernkraftwerke in Europa – und damit nach Ansicht der Umweltorganisation Greenpeace ein besonderer Gefahrenherd.

Am Mittwoch veröffentlicht die Organisation ihren neuen Report „Alternde Atomreaktoren: Eine neue Ära des Risikos“. Darin geht es unter anderem um die 66 nuklearen Kraftwerksblöcke in Europa (außer Russland), die bereits länger als 30 Jahre Strom produzieren. Wegen ihres hohen Alters nehme bei diesen Anlagen das Risiko stark zu.

In Deutschland gehört in diese Kategorie das Eon-Kraftwerk im bayerischen Grafenrheinfeld, in Belgien ist es neben Tihange auch Doel. An dem alten niederländischen Akw Borssele ist RWE beteiligt. In Frankreich geht es um Fessenheim südwestlich von Freiburg und in der Schweiz unter anderem um das Akw Beznau, dem nach Greenpeace-Angaben „ältesten noch laufenden Akw der Welt“. Beznau wurde demnach 1969 in Betrieb genommen. Es steht nur wenige Kilometer von der deutschen Grenze entfernt.

Greenpeace lehnt Verlängerung der Laufzeit ab

„Der Reaktor Tihange 2 weist Risse im Druckbehälter auf“, sagt Greenpeace-Atomexpertin Susanne Neubronner. Das Kraftwerk Beznau bezeichnet sie unter anderem wegen der „vielen Korrosionsschäden“ als „tickende Zeitbombe“. Tihange-Betreiber Elektrabel weist die Vorwürfe zurück. „Wir investieren permanent in die Nuklearanlagen, um die Sicherheit zu gewährleisten.“

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Die Umweltorganisation erklärt dagegen, dass die alten Kernkraftwerke zwangsläufig unsicherer würden. Durch die jahrzehntelange hohe Belastung nehme die Zuverlässigkeit ab, ohne dass man Komponenten reparieren könnte.

Greenpeace fordert deshalb, die Akw stillzulegen, wenn sie ihre geplante Betriebsdauer absolviert haben. Dies seien in der Regel 30 bis 40 Jahre. Die oft praktizierte Verlängerung der Laufzeit lehnt die Umweltorganisation ab. Außerdem verlangt sie, dass die Betreiber der Kernkraftwerke Haftpflichtversicherungen abschließen, die die realistische Höhe eines möglichen Unfalls abdecken. Während die Kosten der Atomkatastrophe von Fukushima 186 Milliarden Euro betrügen, seien deutsche Akw heute nur mit 2,5 Milliarden Euro pro Unfall versichert.