Berlin. Viele Geschenke für wenige Rentner: Bei wenigen Themen haben sich Union und SPD im Koalitionsvertrag so genau festgelegt wie bei der Rente. Die Finanzierungsvorbehalte sind vom Tisch. Mindestrente und Rente mit 63 kommen – aber mit so hohen Hürden, dass kaum jemand sie bekommt.
Bei wenigen Themen haben sich Union und SPD im Koalitionsvertrag so genau festgelegt wie bei der Rente. Alle Wünsche werden erfüllt, die Finanzierungsvorbehalte sind vom Tisch.
Aber bei der für die Menschen entscheidenden Frage, wer nun was bekommt, bleibt die Koalition manche Antwort schuldig. Einzelne Formulierungen genügen, um deutlich weniger Rentner zu begünstigen und damit die Kosten zu begrenzen. Deshalb lohnt es, genau hinzuschauen:
Rente mit 63
Rente mit 63: Diese heiß umstrittene Teilabkehr von der Rente mit 67 hat die SPD durchgeboxt. Allerdings hat die Union ein paar Hürden eingezogen, über die nur sehr wenige Menschen kommen werden. Ein Wort ist entscheidend: Aus 45 „Versicherungsjahren“ als Voraussetzung für eine abschlagsfreie Rente mit 63 wurden 45 „Beitragsjahre“.
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Das ist ein enormer Unterschied: Ausbildungs- und Studienzeiten etwa sind Versicherungs-, aber keine Beitragsjahre. Von den Kinder-Erziehungszeiten gelten nur drei Jahre als Beitragsjahre. Bisher zählten auch Zeiten der Arbeitslosigkeit nicht. Die sollen nun eingerechnet werden, wobei offen bleibt, ob nur die kurzen Zeiten im Arbeitslosengeld I gelten, für die ja Beiträge an die Rentenversicherung gezahlt werden, oder auch Hartz-IV-Zeiten.
Außerdem ist die Rente mit 63 bereits 2015 nicht mehr wörtlich zu nehmen. Denn das frühestmögliche Renteneintrittsalter steigt auch für langjährige Beitragszahler parallel zur Rente mit 67 an. Ab Juli 2014 können sie mit 63 in Rente gehen, im Jahr darauf mit 63 und einem Monat und in den Folgejahren immer später, bis 2030 für sie wieder die heute schon geltenden 65 Jahre der frühestmögliche Ausstieg sind. Bei den veranschlagten Kosten von 3,5 Milliarden Euro im Jahr 2030 ging man davon aus, dass auch dann noch die Rente mit 63 gilt, sie werden also deutlich geringer ausfallen.
Mindestrente
Mindestrente: Die „Lebensleistungsrente“ soll das Hauptinstrument zur Bekämpfung der Altersarmut sein. Erhalten soll die rund 850 Euro aber nur, wer mindestens 40 Beitragsjahre vorweisen kann. Die CDU hatte eigentlich 35 Jahre, die SPD 30 Jahre vorgesehen, die Hürde liegt also höher, als beide Seiten es ursprünglich wollten.
Das bremst die Kosten, aber auch die Wirkung der Reform. Es wurde zwar eine Übergangszeit bis 2023 vereinbart, in der 35 Beitragsjahre reichen, doch wenn das Problem der Altersarmut danach erst richtig massiv wird, werden die Hürden angehoben. Dann gelten nicht nur die 40 Beitragsjahre, sondern auch noch eine private Altersvorsorge als Zugangsvoraussetzung für die Mindestrente.
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Auch hier sollen entgegen aktueller Gesetzgebung Phasen der Arbeitslosigkeit berücksichtigt werden, im Gegensatz zur Rente mit 63 konkret beziffert mit „bis zu fünf Jahren“. Demnach würden viele Menschen eine „Lebensleistungsrente“ erhalten, die lange arbeitslos waren – viele Mütter aber nicht.
Starten soll die Mindestrente erst 2017, dann wird sie nur wenige Hundert Millionen Euro kosten. 2030 wird sie trotz dann höherer Altersarmut Experten zufolge weniger als drei Milliarden Euro im Jahr kosten.
Erwerbsgeminderten-Rente
Erwerbsgeminderten-Rente: Hier bleibt es beim ursprünglichen Plan. Erwerbsgeminderte, die in Altersrente gehen, erhalten ab Juli 2014 im Schnitt rund 50 Euro mehr. Dafür wird so getan, als hätten sie Beiträge aus ihrem früheren Einkommen bis zum 62. Lebensjahr gezahlt, bisher galt die Zurechnungszeit nur bis 60. Wer schon mit hohen Abschlägen in Altersrente gegangen ist, hat nichts davon. Deswegen sind die Kosten zunächst sehr gering, sie steigen bis 2030 auf rund zwei Milliarden Euro im Jahr.
Mütterrente
Mütterrente: Eltern von Kindern, die vor 1992 geboren wurden, erhalten ab Juli 2014 je Kind einen Entgeltpunkt (derzeit 28 Euro) mehr Rente. Das kostet pro Jahr 6,5 Milliarden Euro. Die Finanzierung ist im Koalitionsvertrag nicht geregelt. Die SPD wollte dies aus Steuern finanzieren, die Union aus Beiträgen. Der Hinweis, der Beitragssatz von 18,9 Prozent werde nicht wie eigentlich geboten auf 18,3 gesenkt, lässt aber erahnen, dass die Koalition für die Mütterrente in die Rentenkasse greift.
Koalitionsvertrag: Lauter Gewinner