Essen. . Das Management des Essener Energie-Konzerns RWE bringt einen dreijährigen Verzicht auf Lohnerhöhungen für die Mitarbeiter ins Gespräch. RWE-Chef Peter Terium hat sich für das kommenden Jahr Einsparungen im Umfang von einer Milliarde Euro vorgenommen. Auch über 2014 hinaus soll gespart werden.

Der Vorstandschef des RWE-Konzerns und seine Mitstreiter haben eine der schwierigeren Aufsichtsratssitzungen zu bewältigen. Derzeit tagt das Gremium in Warschau, und der Vortrag von Peter Terium dürfte die Kontrolleure in Mollstimmung versetzen. „Es ist eine sehr wichtige Sitzung und eine äußerst schwierige ­Gemengelage“, so ein Teilnehmer.

Das Management dürfte die Sparprogramme erheblich verschärfen. Und: Die Ausschüttung an die Aktionäre geht im Geleitzug wohl ebenfalls deutlich nach unten. In Konzernkreisen ist die Rede davon, dass der Vorstand die Berechnungsbasis für die Dividenden deutlich von bisher 50 bis 60 Prozent auf 40 bis 50 Prozent des sogenannten nachhaltigen Nettoergebnisses reduzieren will.

Sparen, sparen, sparen bei RWE

Heftige Diskussionen sind auch mit den Arbeitnehmervertretern zu erwarten. Nach Informationen dieser Zeitung hat das Management die Vorstellung von einer dreijährigen Nullrunde geäußert. Und dies zusätzlich zu den Sparprogrammen. RWE stehen heikle Verhandlungsrunden mit den Gewerkschaften ins Haus.

Eine Milliarde Euro an Einsparungen hat Terium sich bereits bis Ende 2014 vorgenommen. Wie es heißt, dürften danach in den Jahren 2015 und 2016 nochmals eine bis 1,5 Milliarden Euro auf die Streichliste kommen. Darunter ist das neue Sparprogramm namens „Neo“ für die Sparte RWE Generation, in der die Erzeugungskapazitäten des Konzerns gebündelt sind. „Neo“ ist nach Informationen dieser Zeitung bereits von 500 auf 800 Millionen Euro angewachsen – Tendenz steigend. Hinzu kommen Sparmaßnahmen und Ausgliederungen in der Dienstleistungsgesellschaft RWE Group Business Services. Hier stehen bis zum Jahr 2018 rund 100 Millionen Euro auf der Sparliste.

Dem Vernehmen nach haben sich die Arbeitnehmervertreter in der Tochtergesellschaft Generation mit dem Management auf einen Sozialplan und Interessenausgleich geeinigt. Wie es heißt, sollen über Altersteilzeitmodelle 3000 Stellen wegfallen.

Hintergrund der dramatischen Entwicklung sind der galoppierende Preisverfall für Strom an den Börsen, aber auch die enorm hohe Verschuldung des Essener Konzerns. RWE rechnet damit, dass der maßgebliche Großhandelspreis für die Megawattstunde weiter abrutscht: um fünf Euro im kommenden Jahr und um fünf bis acht Euro 2015. Jeder Euro, so die interne Rechnung, schlägt mit 200 Millionen Euro beim Ergebnis durch. Will sagen: In den kommenden beiden Jahren muss RWE bei dieser Prognose mit mindestens zwei Milliarden weniger Ergebnis rechnen. Derzeit liegt der Preis bei 40 Euro je Megawattstunde, gerechnet hatte RWE mit 50 Euro.

Verschuldung in die Höhe getrieben

Das Ergebnis in diesem Jahr dürfte dank der erstrittenen Nachzahlungen des russischen Gaskonzerns Gazprom noch einigermaßen gut ausfallen. Gestern wurde bekannt, dass Gazprom 1,5 Milliarden Dollar wegen überteuerter Gasverträge an RWE zurückzahlt. Die Jahre danach stehen aber unter einem düsteren Stern.

Terium hat mit der enormen Verschuldung des Konzerns von 30 Milliarden Euro eine Hypothek aus der Vergangenheit zu schultern: Die Großinvestitionen aus den Zeiten, als die Energieriesen noch gigantische Kraftwerksanlage auf Basis von Stein- und Braunkohle oder Gas bauten, treiben die Verschuldung hoch. Innerhalb weniger Jahre aber hat sich das Geschäftsmodell für die Anlagen auf links gedreht. Das Verhältnis von Nettoschulden zum Eigenkapital liegt bei über 250 Prozent, eine schlechtere Quote als beim angeschlagenen Thyssen-Krupp-Konzern. Wie rasant sich die Zeiten geändert haben, zeigt auch dies: Die Zuversicht des früheren Vorstandschefs Jürgen Großmann war vor wenigen Jahren noch so groß, dass er allein im Jahr 2008 RWE-Aktien im Volumen von 2,5 Milliarden Euro zum Preis von knapp 80 Euro je Stück zurückgekauft hat. Heute kostet das Papier 25 Euro.