Düsseldorf/Moskau. Der Energiekonzern RWE hat Insidern zufolge den Streit mit dem russischen Gazprom-Konzern um die Höhe der Gaspreise nicht in Verhandlungen beilegen können. “Es hat keine gütliche Einigung gegeben“, sagte eine mit den Gesprächen vertraute Person der Nachrichtenagentur Reuters.
Der hochverschuldete Energiekonzern RWE kann auf eine erhebliche Geldspritze aus dem Gaspreis-Streit mit Gazprom hoffen. Zwar habe es in den Verhandlungen keine gütliche Einigung mit den Russen gegeben, sagte am Freitag eine mit den Gesprächen vertraute Person der Nachrichtenagentur Reuters. Nun entscheide aber ein Schiedsgericht. Ein Gazprom-Sprecher erklärte, dass das Gericht in Wien bereits in wenigen Tagen ein Urteil veröffentlichen könnte. RWE lehnte eine Stellungnahme ab. Der Konzern hatte erklärt, mit einer "substanziellen Summe" zu rechnen. Analysten gehen von einem dreistelligen Millionenbetrag aus.
RWE-Chef Peter Terium hatte eine Lösung des Streits in der ersten Jahreshälfte in Aussicht gestellt. Der Konzern hatte auf Kompensationszahlungen rückwirkend zum Frühjahr 2010 gepocht. Der Essener Versorger muss nach eigenen Angaben in den langfristig vereinbarten Verträgen an Gazprom mehr für seinen Gasbezug bezahlen als er von seinen eigenen Kunden erhält. Wegen des Überangebots von Gas in Europa sind die Spotmarktpreise in den vergangenen Jahren deutlich gefallen. RWE dringt aber nicht nur auf eine Kompensationszahlung für vergangene Lieferungen aus Russland, sondern auch auf eine Änderung der Verträge, um auch künftig nicht zuviel zu berappen.
Gasprom rechnet mit zügiger Entscheidung des Gerichts
Eigentlich hatten sich beide Seiten in den schon länger laufenden Verhandlungen untereinander einigen wollen. RWE hatte aber stets erklärt, notfalls das Schiedsgericht in Wien entscheiden zu lassen. "Es hat keine gütliche Einigung gegeben", sagte eine mit den Gesprächen vertraute Person nun. Die Entscheidung des Gerichts könne in wenigen Tagen oder aber in zwei oder drei Wochen vorliegen, erklärte Gazprom. Das Gericht wollte sich dazu nicht äußern.
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Die hohen Bezugspreise haben RWE und auch den Konkurrenten E.ON in den vergangenen Jahren erheblich belastet. E.ON hatte im vergangenen Jahr eine Einigung mit Gazprom erzielt. Vorstandschef Johannes Teyssen hatte erklärt, der Konzern verbuche dadurch einen positiven Ergebniseffekt von rund einer Milliarde Euro.
RWE könnte die Geldspritze auf jeden Fall gut gebrauchen
E.ON ist im Gasgeschäft allerdings größer aufgestellt als RWE. Marktexperten gehen daher bei RWE nicht von einem Milliardenbetrag aus. Das Unternehmen könne mit Kompensationszahlungen in Höhe von 300 Millionen Euro rechnen, sagte RBC Capital Markets Analyst John Musk. RWE könnte die Geldspritze auf jeden Fall gut gebrauchen. Der Versorger kämpft mit den Folgen der Atomwende. Zudem drücken ihn Schulden in Höhe von über 33 Milliarden Euro. Die Hoffnung auf eine hohe Gazprom-Zahlung treibe den Aktienkurs, sagten Händler am Freitag. Die RWE-Aktie legte zeitweise stärker als der Dax um 0,8 Prozent zu.
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Die Höhe der Kompensationszahlungen könnte auch Auswirkungen auf die Geschäftsprognose des Versorgers haben. Die bisherigen Annahmen stehen zwar unter dem Vorbehalt, dass es zu einer Einigung mit Gazprom noch in diesem Jahr kommt. Die Höhe hat RWE aber nicht beziffert. Bislang rechnet der Energieriese 2013 mit einem Gewinn vor Zinsen, Steuern und Abschreibungen (Ebitda) von neun Milliarden Euro an. 2012 hatte der Konzern 9,3 Milliarden Euro eingefahren. (rtr)