Essen. . Beim Essener Energiekonzern RWE ist ein weiterer Stellenabbau geplant. Auch die Servicegesellschaft mit 1600 Mitarbeitern muss harte Einschnitte hinnehmen. Das Essener Unternehmen will Dienstleistungen teilweise nach Polen auslagern. Die Anwerbung von Mitarbeitern in Krakau läuft bereits.

Der Essener RWE-Konzern löst sich vor dem Hintergrund der Belastungen durch die Energiewende von einer Reihe lieb gewordener Privilegien. Viele davon betreffen die Führungskräfte, aber auch die rund 1600 Mitarbeiter der Tochtergesellschaft RWE Service müssen mit teils erheblichen Einschnitten rechnen. Auch ein Personalabbau ist nach Informationen dieser Zeitung geplant. Am Mittwoch gibt der Konzern seine Halbjahreszahlen bekannt, die erneut unter dem Zeichen der Probleme durch die Energiewende stehen dürften.

Ein alter Zopf, der in anderen Unternehmen im Oberhaus des Deutschen Aktienindexes zumeist schon abgeschnitten ist, betrifft die Fahrer für die Führungskräfte unterhalb des Konzern-Vorstandes. So fällt bis Ende 2015 die Fahrbereitschaft für mehr als 80 Manager weg, inklusive des hauseigenen Werkstattdienstes. Wer künftig einen Chauffeur braucht, der wird auf Taxis zurückgreifen müssen.

100 Millionen Euro Einsparpotenzial

Das neuerliche Sparprogramm von rund 500 Millionen Euro, das RWE auf das bereits laufende Programm von einer Milliarde Euro draufgesattelt hat, fordert seinen Tribut zunächst in der Gesellschaft „Generation“ mit ihren Kraftwerken. Verschont bleibt aber auch nicht die Dienstleistungsgesellschaft RWE Service.

Strukturelle Einschnitte müssen sämtliche Bereiche der Servicegesellschaft mit derzeit gut 1600 Mitarbeitern hinnehmen. Der Konzern hat sich vorgenommen, künftig die internen Dienstleistungen länderübergreifend in der RWE-Konzern-Tochter RWE Group Business Services Gmbh (GBS) unter dem Chef Ingo Alphéus zu bündeln. Allein in den Verwaltungsbereichen Personal-, Rechnungswesen sowie Einkauf hat das Unternehmen nach Informationen aus Konzernkreisen Einsparungen von 30 Prozent bis zum Jahr 2018 geplant – ein Volumen von 100 Millionen Euro. Alphéus wollte die Zahlen nicht kommentieren, betonte aber: „Ein Umbau ist nur mit der Mitbestimmung, nicht gegen sie zu machen.“

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Innerhalb der kommenden zwölf Monate soll der Bereich Einkauf von der bisherigen Dienstleistungsgesellschaft RWE Service in die GBS wechseln. Bis zu 400 Mitarbeiter sollen in die Gesellschaft übertreten, dabei werde das Einkaufsteam verkleinert und dem geringeren Einkaufsvolumen angepasst, hieß es. Wenn Kraftwerke weniger lang laufen oder gar vor der der Einmottung stehen, sinkt auch das benötigte Einkaufsvolumen. Rund 15 Kohle- oder Gasblöcke stehen vor der Stilllegung, da sie im Zuge der Energiewende unwirtschaftlich geworden sind. Werner Bischoff, RWE-Aufsichtsratsmitglied für die Arbeitnehmerseite, sieht eine dramatische Entwicklung in Folge der Energiewende: „Die Lage ist so schlecht, wie ich es noch nie erlebt habe bei RWE.“

RWE wirbt Mitarbeiter in Krakau an

Eine weitere Sparmaßnahme ist die Verlagerung von internen Dienstleistungen ins deutlich kostengünstigere osteuropäische Ausland. Derzeit wirbt RWE neue Mitarbeiter im polnischen Krakau an, die dort in einem Pilotprojekt das Rechnungs- und Personalwesen wie etwa die Reisekosten abwickeln sollen. Rund 100 Mitarbeiter sollen die Dienstleistungsaufgaben übernehmen, für die RWE hierzulande noch die im Vergleich dazu hohen Tarife der IGBCE oder Verdi bezahlt. Auf Vollkosten gerechnet – also inklusive der Lohnnebenkosten, Mieten für Gebäude und deren Nebenkosten oder Infrastrukturkosten – kalkuliert RWE intern mit Einsparungen von zwei Dritteln bis drei Vierteln. RWE hofft hier auf das Verständnis der Gewerkschaften angesichts der Lage, in der sich der Konzern befinde. Die Arbeitnehmervertreter haben indes „erhebliche Vorbehalte“, heißt es.

RWE sieht sich als Nachzügler eines weltweiten Trends. Bislang unterhält der Konzern ein IT-Center in Kosice mit 400 Mitarbeitern. Angesichts der Stellenzahlen, die andere Großkonzerne in Krakau aufgebaut haben, dürfte es bei RWE nach gelungener Pilotphase ebenfalls auf mehrere Hundert Arbeitsplätze hinauslaufen. Shell etwa unterhält in Krakau seit 2006 ein Servicecenter mit 1600 Mitarbeitern, die Lufthansa eines mit 400. Auch der US-Konzern International Paper ist seit Jahren in Krakau ansässig. Etwa 20.000 Beschäftigte, so Experten, habe Krakau aus den Dienstleistungsbereichen internationaler Unternehmen angesiedelt.

Verhandlung mit Betriebsräten

Beschlüsse zur weiteren Verlagerung ins Ausland gebe es nicht, heißt es indes bei RWE auf Anfrage. Vom Umbau sind insgesamt derzeit 800 Mitarbeiter aus den Verwaltungsbereichen Personal, Finanzen und Einkauf betroffen. Das Unternehmen verhandelt derzeit über einen Interessensausgleich mit den Betriebsräten. Weitere 800 Mitarbeiter verbleiben im Service-Bereich Facility Management, also der Verwaltung und der technischen Betreuung von Gebäuden. Hier gibt es nach Informationen dieser Zeitung Pläne, diesen Bereich an Dritte zu verkaufen.