Berlin/Mainz. . Der Bahn droht ein Zwangsgeld von 250.000 Euro wegen der Zugausfälle am Mainzer Hauptbahnhof. Die Bundesnetzagentur fordert, dass die Probleme am Stellwerk sofort aufhören sollen. Unterdessen versucht die Bahn nun laut einem Medienbericht, frühere Mitarbeiter als Fahrdienstleiter zu gewinnen.
Die Deutsche Bahn versucht, ihre Personalprobleme mit dem Zurückholen früherer Mitarbeiter zu lindern. "Als eine der ersten Maßnahmen haben wir ehemalige Mitarbeiter gefragt, ob sie Interesse hätten, wieder als Fahrdienstleiter für uns zu arbeiten", sagte ein Bahn-Sprecher der "Bild"-Zeitung (Freitagausgabe). Vereinzelt sei es bereits geglückt, Ex-Angestellte zurück zu gewinnen. Entsprechende Anfragen für das Stellwerk Mainz hätten allerdings bislang keinen Erfolg gehabt.
In Mainz fallen wegen fehlender Fahrdienstleiter im dortigen Stellwerk derzeit zahlreiche Züge aus, der Regionalverkehr läuft nur eingeschränkt. Fernverkehrszüge wie der ICE werden teils umgeleitet oder halten an anderen Bahnhöfen. Die Bahn will bis Ende des Monats dafür sorgen, dass der Zugverkehr in der rheinland-pfälzischen Landeshauptstadt wieder normal läuft.
Bundesnetzagentur droht Bahn mit Zwangsgeld
Die Bundesnetzagentur droht der Bahn wegen der Zugausfälle im Mainzer Stellwerk mit einem Zwangsgeld von einer Viertelmillion Euro. Die Bahntochter DB Netz AG müsse unverzüglich geeignete Maßnahmen ergreifen, damit die Probleme im Betrieb beseitigt würden, forderte sie in einem Bescheid. Ein Sprecher der Bundesnetzagentur in Bonn bestätigte am Donnerstag einen entsprechenden Bericht des "Handelsblatt" (Freitag). Nach Angaben des Sprechers hatten sich vor Mainz bereits private Verkehrsunternehmen beschwert, dass es anderswo zu Zugausfällen gekommen sei. Die Netzagentur hatte insgesamt acht Standorte mit Problemen genannt.
Der Bund will der Bahn auch nach der Einigung mit der Eisenbahngewerkschaft weiter auf die Finger schauen. Bei der nächsten Aufsichtsratssitzung am 18. September solle die Bahn Auskunft geben, ob Probleme wie am Mainzer Hauptbahnhof bundesweit vorkommen könnten, sagte ein Sprecher des Bundesverkehrsministeriums auf Anfrage. Die Pläne von Bahn und Eisenbahngewerkschaft zur Überprüfung des Einsatzes von Personal wertete er positiv. Das Thema bleibe aber auf der Tagesordnung.
Acht Millionen Überstunden bei der Bahn
Die Bahn und die Eisenbahngewerkschaft EVG hatten in Frankfurt am Mittwoch vereinbart, alle Personalplanungen für das kommende Jahr mit den Beschäftigten zu überprüfen. "Wir haben die Reset-Taste gedrückt", erklärte EVG-Chef Alexander Kirchner anschließend. Überstunden sollen möglichst komplett abgebaut, gewährte Urlaubs- und Ruhetage eingehalten werden. Konzernweit seien 8 Millionen Überstunden und 9 Millionen Stunden ausstehender Urlaub aufgelaufen. Bahn-Personalvorstand Ulrich Weber sagte: "Wir haben uns vorgenommen, gemeinsam daran zu arbeiten, dass sich ein solches Debakel nicht wiederholt." Der Prozess werde zeigen, wo Neueinstellungen notwendig seien.
SPD-Chef Sigmar Gabriel warf Bundesverkehrsminister Peter Ramsauer (CSU) Versagen vor. "Sein Staatssekretär hat offensichtlich im Bahn-Aufsichtsrat alle Warnungen von Arbeitnehmervertretern vor massiven Personalengpässen ignoriert", sagte Gabriel der "Hessischen Niedersächsischen Allgemeinen" (HNA) aus Kassel. Ramsauer halte außerdem daran fest, pro Jahr 500 Millionen Euro der Bahn in den Bundeshaushalt fließen zu lassen. Der Verkehrsminister hatte Vorwürfe bereits zurückgewiesen.
Bundestags-Verkehrsausschuss berät über Stellwerksprobleme
Der Bundestags-Verkehrsausschuss wird sich noch nicht an diesem Freitag mit den Personalproblemen am Mainzer Stellwerk beschäftigen. Die SPD hatte für diesen Termin eine Sondersitzung mit Ramsauer beantragt. Sie kommt nicht zustande, wie das Büro von Ausschuss-Chef Anton Hofreiter (Grüne) auf Anfrage bestätigte. Einen neuen Termin gab es zunächst nicht. Bundestagspräsident Norbert Lammert lehnte die Sondersitzung in der Sommerpause ab, da eine besondere Dringlichkeit nicht gegeben sei.
Die Grünen im Bundestag verlangten eine bessere Entschädigung der Fahrgäste. "Wir fordern die Deutsche Bahn auf, alle Zeitkarteninhaber zügig und umfassend zu entschädigen", sagte Fraktionschefin Renate Künast der dpa. Pendler, die morgens und abends jeweils Verspätungen von 50 Minuten hinnehmen müssten, sollten schon ab 30 Minuten Verspätung Anspruch auf eine Erstattung haben. Die Deutsche Bahn will Fahrgästen mit Zeitkarten entgegenkommen. "Wir schauen uns den Einzelfall an", sagte eine Sprecherin.
Schulbeginn in Rheinland-Pfalz
Für den Mainzer Hauptbahnhof kündigte die Bahn ab dem Schulbeginn montags weitere Linderung an: In Absprache mit dem Zweckverband Schienenpersonennahverkehr Süd sollen am Nachmittag jeweils zwei weitere Züge insbesondere für Schüler eingesetzt werden, kündigte die Bahn am Donnerstag an. Zwischen 6.00 Uhr und 8.00 Uhr morgens seien zusätzlich 13 Züge unterwegs. Der Ersatzfahrplan für Mainz gilt ab Montag.
Ebenfalls ab Montag werde in der Zeit zwischen 20.00 und 6.00 Uhr wieder der reguläre Fahrplan gefahren, kündigte die Bahn an. An den Wochenenden gelte ab sofort im Hauptbahnhof Mainz wieder der normale Fahrplan. Auch die Sonderzüge zur Open-Air-Großveranstaltung würden alle fahren. Bahnkunden können sich per kostenloser Hotline über 0800 510510 informieren. (afp/dpa)