Berlin. Von Adorno bis Oz - der Suhrkamp Verlag ist mit seinen berühmten Autoren aus der Kulturlandschaft kaum wegzudenken. Der erbitterte Streit seiner Gesellschafter hat ihn jetzt ins Insolvenzverfahren getrieben. Das Amtsgericht Berlin hat das Insolvenzverfahren eröffnet. Ums Abwickeln geht es nicht.

Für den traditionsreichen Suhrkamp-Verlag ist das Insolvenzverfahren eröffnet worden. Insolvenz oder Pleite ist für ein Unternehmen normalerweise eine Schreckensmeldung. Für den renommierten Verlag und einstige Flaggschiff der Intellektuellen in Deutschland soll das anders sein. Das jetzt eröffnete Insolvenzverfahren soll - so hofft zumindest der Verlag - in Wahrheit zu einem Rettungsprogramm werden.

Der von der Verlagsspitze eingesetzte Generalbevollmächtigte Frank Kebekus hat einen Insolvenzplan ausgetüftelt, der die Existenz des Verlags sichern und sämtliche bestehenden Arbeitsplätze erhalten soll. "Der Gesellschafterstreit könnte das operative Geschäft des Verlags nicht länger beeinträchtigen", sagte der Düsseldorfer Insolvenzanwalt.

Bisher hat das unselige Hauen und Stechen den Verlag, der Autoren wie Theodor W. Adorno, Christa Wolf und Peter Handke eine geistige Heimat bot, an den Rand des Ruins getrieben. Seit sich der Hamburger Medienunternehmer Hans Barlach 2006 in das Traditionshaus einkaufte, bekämpft er sich mit Verlagschefin Ulla Unseld-Berkéwicz bis aufs Blut. Inzwischen hält er 39 Prozent der Anteile, die Witwe des früheren Firmenpatriarchen Siegfried Unseld hat 61 Prozent.

Insolvenzplan kommt einem Wirtschafts-Coup gleich

Coup des Insolvenzplans: Der Verlag soll von einer Kommandit- in eine Aktiengesellschaft umgewandelt werden. Die Aktionäre, sprich Barlach und Berkéwicz, hätten dann deutlich weniger Rechte. Denn bisher räumt eine gesellschaftsrechtliche Vereinbarung dem ungeliebten Miteigentümer aus Hamburg weitgehende Mitspracherechte ein.

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So dürfte er einen eigenen Geschäftsführer entsenden, muss gefragt werden, wenn der Verlag mehr als 250.000 Euro für Autorenrechte ausgeben will oder wenn ein Mietobjekt - wie kürzlich geschehen - mehr als 75.000 Euro im Jahr kostet.

"In einer Aktiengesellschaft kommen die Aktionäre einmal im Jahr zur Hauptversammlung und können die Bilanz genehmigen. Ein permanentes Hineinregieren ins operative Geschäft wäre nicht möglich", lobt Kebekus die Vorteile seiner Konstruktion. Zudem solle ein von den Aktionären gewählter Aufsichtsrat einen Vorstand bestimmen, der eigenverantwortlich handelt.

Suhrkamp-Verlag ist überschuldet und zahlungsunfähig

Noch ist der Plan nicht endgültig in trockenen Tüchern. Zwar hat die zuständige Richterin Mechthild Wenzel vom Amtsgericht Berlin Charlottenburg das Insolvenzverfahren am Dienstagabend offiziell eröffnet. Sie hat aber jetzt zwei Wochen Zeit, den Vorschlag zu prüfen. Anfang Oktober oder bei einem Termin kurz darauf könnte eine Gläubigerversammlung dann entscheiden, sagt der gerichtlich bestellte Sachwalter Rolf Rattunde.

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Die Zeit drängt. Denn laut Gutachten ist der Verlag überschuldet und zahlungsunfähig. Die Zeitung "Die Welt" berichtete unter Hinweis auf eine eidesstattliche Erklärung von Geschäftsführer Jonathan Landgrebe, dem Haus fehlten im August drei Millionen Euro, im September bereits 3,5 Millionen Euro. Kredite geben die Banken derzeit nicht, bestätigte Rattunde.

Gemeinsam mit dem Generalbevollmächtigten Kebekus geht er aber davon aus, dass ihr Rettungskonzept bei den Gläubigern gute Chancen hat - schließlich sollen sie ihr Geld zumindest "weitgehend" bekommen. Große Schlüsselfrage bleibt, was Barlach sagen wird: Für die Gesellschafter sind zunächst keine Auszahlungen vorgesehen. Am Mittwoch war er für eine Stellungnahme nicht zu erreichen.

Dass Suhrkamp den Miteigentümer möglicherweise ganz loswerden will, bestreitet Kebekus. Zwar gibt es in dem Plan eine Abfindungsklausel, sollte einer der beiden Gesellschafter nicht Aktionär werden wollen, aber: "Barlach rauszukaufen, ist und war nie die Absicht". (dpa)