Berlin/Frankfurt/Main. Im langjährigen Streit um den traditionsreichen Suhrkamp-Verlag setzt das Gericht auf eine gütliche Einigung der beiden Anteilseigner. Das Landgericht Frankfurt vertagte am Mittwoch die Entscheidung um mehrere Monate. Neue Vermittlungsgespräche der verfeindeten Gesellschafter seien bereits anberaumt.
Im Kampf um die Macht im Suhrkamp Verlag haben die verfeindeten Gesellschafter eine letzte Chance erhalten. Das Landgericht Frankfurt vertagte am Mittwoch eine Entscheidung über die Zukunft des Renommierverlags auf den 25. September. Den Kontrahenten soll Zeit für eine außergerichtliche Einigung gegeben werden. Eine Suhrkamp-Sprecherin bestätigte am Mittwoch in Berlin, dass neue Vermittlungsgespräche bereits im Gang seien.
Die Gesellschafter sind seit Jahren zerstritten und wollen sich gegenseitig ausschließen lassen. Der Frankfurter Kammer für Handelssachen liegt auch ein Antrag zur Auflösung des gesamten Verlags vor.
Auf der einen Seite steht Suhrkamp-Chefin Ulla Unseld-Berkéwicz, die über eine Familienstiftung die Mehrheit von 61 Prozent am Verlag hält. Ihr Kontrahent ist der Hamburger Medienunternehmer Hans Barlach, der mit 39 Prozent an Suhrkamp beteiligt ist. Vor Gericht erschienen beide am Mittwoch nicht. Die Familienstiftung erweiterte aber ihren Antrag und bot dem Mitgesellschafter im Falle des Ausschlusses eine Abfindung an.
Es geht um die Existenz des Suhrkamp-Verlags
Barlach hatte zuletzt einen Verkauf seiner Anteile abgelehnt und vor weiteren Gesprächen den Rücktritt der Suhrkamp-Chefin zur Bedingung gemacht. Der Enkel des Bildhauers Ernst Barlach wirft Unseld-Berkéwicz wirtschaftliches Unvermögen vor. Den von Barlach vorgeschlagenen Einstieg eines dritten Investors, der als "weißer Ritter" neuer Mehrheitsgesellschafter werden könnte, lehnte Suhrkamp am Mittwoch ab. "Die Anteile der Familienstiftung stehen nicht zum Verkauf", sagte Verlagssprecherin Tanja Postpischil.
Von Barlach war am Mittwoch zunächst keine Stellungnahme zu erhalten. Er hat vor Gericht beantragt, notfalls das gesamte Vermögen des Verlags aufzulösen, falls die Suhrkamp-Chefin im Amt bleiben darf. Den Streitwert des Verfahrens setzte das Gericht auf 20 Millionen Euro fest.
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Das Landgericht Berlin hat bereits im Dezember Unseld-Berkéwicz als Geschäftsführerin abberufen. Sie habe rechtswidrig für den Verlag Event-Räume in ihrer eigenen Berliner Villa angemietet und den Mitgesellschafter nicht informiert, so die Begründung. Dagegen legte die Suhrkamp-Chefin jedoch Berufung ein.
Der 1950 von Peter Suhrkamp gegründete Verlag hat in der Nachkriegszeit Literatur und Geisteswissenschaften maßgeblich geprägt. Nach dem Tod des Verlagspatriarchen Siegfried Unseld im Jahr 2002 übernahm ein Jahr später dessen Witwe Unseld-Berkéwicz die Macht. Anfang 2010 zog der Verlag auf ihr Betreiben von Frankfurt nach Berlin um. Barlach hatte sich 2006 in den Verlag eingekauft. (dpa)